Kulturelle Bildung für die Zukunft stärken!

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen im Landtag

Portrait Frank Jablonski

I. Ausgangslage

Kulturelle Bildung schafft die Grundlage für eine breite kulturelle Teilhabe aller Menschen. Durch Kulturelle Bildung wird nicht nur die Auseinandersetzung mit Kunst, Musik, Tanz, The­ater, Literatur und anderen kreativen Ausdrucksformen ermöglicht, sondern auch die persön­liche und soziale Entwicklung.

Kulturelle Bildung befähigt Individuen dazu, ihre eigene Identität zu reflektieren und die Welt aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Dieser identitätsstiftendende Charakter beför­dert eine nachhaltige Auseinandersetzung mit Kultur und prägt das gesamte Leben. Darüber hinaus fördert sie den sozialen Zusammenhalt, stärkt das Urteilsvermögen junger Menschen für Werte und Traditionen unserer Gesellschaft und ermutigt sie zur aktiven und verantwortli­chen Mitgestaltung.

In einer vielfältigen Gesellschaft ist kulturelle Bildung auch unverzichtbar für eine weltoffene Gesellschaft, die aufgeschlossen gegenüber unterschiedlichen Perspektiven ist und kulturelle Vielfalt als Bereicherung betrachtet. Daher leistet Kulturelle Bildung einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des gesellschaftlichen Miteinanders.

Die größte Chance, eine lebenslange kulturelle Teilhabe zu gewährleisten, besteht darin, im Kindes- und Jugendalter die Neugier auf Kunst und Kultur zu wecken. Jeder junge Mensch verfügt über kreatives Potenzial unterschiedlicher Ausprägung. Kunst und Kultur bieten Kin­dern und Jugendlichen die Möglichkeit, kreative Erfahrungen zu sammeln und in Prozesse ästhetischen Lernens und entsprechende Entwicklungen aktiv eingebunden zu werden. Das frühzeitige Heranführen an künstlerische Prozesse fördert Kreativität und Initiative, Vorstel­lungskraft, emotionale Intelligenz und moralische Werte ebenso, wie die Fähigkeit zur kriti­schen Reflexion.

Kulturelle Bildung zeichnet sich durch den Ansatz der non-formalen Bildung aus, der von Ganzheitlichkeit, Freiwilligkeit und Partizipation geprägt ist. Dennoch bleibt ein wichtiger Ort der kulturellen Bildung die Schule, die allen Kindern schon früh in ihrer Bildungsbiografie kul­turelle Teilhabe ermöglicht.

Bereits jetzt existieren viele Programme, die in Kitas und Schulen stattfinden oder Kooperati­onen zwischen Schulen und Kultureinrichtungen ermöglichen. Dies sind u.a.:

  • Das Programm „Kita und Musikschule“, welches die Kooperation von Kitas und Musikschu­len fördert. Dabei wird die musikalische Bildung in den Alltag der Kindertageseinrichtung durch aktive Einbeziehung aller Kinder und ihrer Familien integriert. Die konkrete Ausge­staltung erfolgt an den Lebenswelten der Kinder und Familien sowie den Einrichtungen.
  • Das Landesprogramm „Kultur und Schule“, bei dem sich Künstlerinnen und Künstler über ein gesamtes Schuljahr regelmäßig mit Schülerinnen und Schülern treffen und gemeinsam mit ihnen künstlerische Werke erarbeiten.
  • Das Programm „JeKits – Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“, welches Grundschul­kindern die Chance gibt, ein Instrument ihrer Wahl, singen oder tanzen zu erlernen. Die Erfahrungen aus dem bisherigen Verlauf von JeKits werden analysiert und zur Weiterent­wicklung des Programms genutzt.
  • Die Kulturscouts, die unterrichtliche Inhalte und Projekte in Kultureinrichtungen verbinden. Das in zwei NRW-Kulturregionen (Bergisches Land und Ostwestfalen-Lippe) angesiedelte Projekt ermöglicht es 11- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schülern aller Schulformen, zweimal im Jahr das Klassenzimmer gegen einen Kulturort in der Region zu tauschen. Unterrichtsinhalte und Lehrpläne der relevanten Fächer werden damit verknüpft.

Kulturelle Bildung dient der Orientierung und der Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umgebung. Niedrigschwellig kann so ein gegenseitiges Verständnis für andere Kulturen ge­schaffen und Integration gefördert werden.

Kulturelle Bildung beschränkt sich aber nicht allein auf die frühkindliche Bildung oder Schulbil­dung. Sie soll alle in unserer Gesellschaft ansprechen und ist Bestandteil lebenslangen Ler­nens. Auch Erwachsene und ältere Menschen sollen im Sinne einer durchgehenden Bildungs­kette angesprochen werden. Das Spektrum der Zielgruppen sollte so breit wie möglich aufge­stellt werden. Alle Angebote kultureller Bildung müssen sowohl integrativ als auch inklusiv ge­staltet werden.

Die Programme der Kulturellen Bildung müssen also so gestaltet werden, dass sie die unter­schiedlichen Zielgruppen erreichen und bestenfalls ineinander verzahnen. Sie gelingen dort am besten, wo Kultureinrichtungen, Bildungseinrichtungen, Künstlerinnen und Künstler, durch ehrenamtliches Engagement getragene Vereine, kommunale Verwaltungen, Schule, Jugend und Kultur, Soziales und Gesundheit zusammenarbeiten.

Die Professionalität der Künstlerinnen und Künstler, der Pädagoginnen und Pädagogen, und vor allen Dingen denjenigen, die an der Schnittstelle der Disziplinen agieren (bspw. Kulturpä­dagogen und -pädagoginnen), ist Voraussetzung für Qualität und erfordert eine besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt.

Die Ausgestaltung Kultureller Bildung innerhalb der verschiedenen künstlerischen Sparten und die große Diversität der unterschiedlichen Orte, an denen Kulturelle Bildung stattfinden kann, ist vielfältig. Daher gilt es in den kommenden Jahren, diese Entwicklungen politisch zu beglei­ten, um das größtmögliche Potential Kultureller Bildung für alle Menschen auszuschöpfen.

II. Beschlussfassung:

Der Landtag stellt fest: Kulturelle Bildung ist für die Persönlichkeitsentwicklung und das Ge­stalten einer friedlichen und freiheitlichen Demokratie ein wichtiger und unverzichtbarer Bau­stein. Dabei wird der Mensch mit seinem je eigenen Potenzial, Bedürfnissen und Chancen in den Mittelpunkt der Förderung gestellt. Kulturelle Bildung bietet Orientierung, Identitätsfindung und Unterhaltung und ist daher eine allumfassende Aufgabe, die sowohl schulisches als auch außerschulisches Engagement erfordert.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, anhand folgender Eckpunkte die bisherigen ge­förderten Handlungsfelder und Programme Kultureller Bildung zu überprüfen. Der finanzielle Rahmen möglicher Änderungen oder Umsetzungen wird aus vorhandenen Mittel bereitge­stellt.

  • Kulturelles Profil der Schulen stärken: Es ist wichtig, kulturelle Bildung ergänzend zum schulischen Lehrplan fest in den schulischen Alltag zu integrieren, um sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler regelmäßig in Kontakt mit verschiedenen künstlerischen und kulturellen Ausdrucksformen kommen. Die Gewinnung von Lehrkräften in Schulen und Musikschulen und ihre Ausbildung sind von entscheidender Bedeutung. Kulturelle Bildung muss sich auch in Ganztagsangeboten wiederfinden – sowohl im gebundenen als auch im offenen Ganztag.
  • Zugänglichkeit für alle: Kulturelle Bildungsangebote sollten für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich sein, unabhängig von sozialem Hintergrund oder finanziellen Möglichkeiten. Dies erfordert die Förderung von kulturellen Aktivitäten in verschiedenen sozialen Kon­texten, im ländlichen sowie urbanen Raum. Dabei sollten nach Möglichkeit partizipative Ansätze eine Rolle spielen, um den jeweiligen Bedarfen und Vorstellungen der Zielgrup­pen einen Raum zu geben.
  • Regelmäßige Evaluationen und wissenschaftliche Untersuchungen: Anhand formulierter Zielsetzungen und Qualitätskriterien für die Kulturelle Bildung sollen regelmäßige wis­senschaftliche Untersuchungen/Evaluationen der Förderprogramme erfolgen, um zu überprüfen, ob die unterschiedlichen Zielgruppen erreicht werden oder ob möglicher­weise Anpassungen vorgenommen werden müssen. Die Erkenntnisse aus den jeweili­gen Evaluationen werden im Landeskulturbericht umfassend dargelegt.
  • Förderung von Kreativität durch Qualität: Kindertagesstätten, Schulen, und Bildungsein­richtungen sollten die Entwicklung kreativer Fähigkeiten gezielt unterstützen, um indivi­duelle Ausdrucksformen zu stärken und innovative Denkweisen zu fördern. Für Künstle­rinnen und Künstler sollte die Möglichkeit bestehen, durch Fortbildungen entsprechende pädagogische Kompetenzen zu erlangen, die für die jeweiligen Zielgruppen sinnvoll er­scheinen.
  • Interdisziplinäre Ansätze: Kulturelle Bildung sollte nicht isoliert betrachtet werden, son­dern in den Kontext anderer Disziplinen integriert werden, um eine ganzheitliche Bildung zu gewährleisten. Das erfordert einen multiprofessionellen Ansatz in den Angeboten Kul­tureller Bildung und die Zusammenarbeit der für Jugend, Schule und Kultur verantwort­lichen Institutionen, wie sie z.B. in der Arbeitsstelle für Kulturelle Bildung sichtbar wird.
  • Kooperation mit Kulturschaffenden: Zusammenarbeit zwischen Schulen und kulturellen Institutionen, Künstlerinnen und Künstlern sowie Kulturschaffenden ist entscheidend, um den Schülerinnen und Schülern authentische und bereichernde kulturelle Erfahrungen zu ermöglichen. Entsprechend wichtig sind der Auf- und Ausbau sowie die Steuerung lokaler und regionaler Netzwerke. Ein wichtiger Bestandteil dieser Strukturen sind auch Vereine und ehrenamtliche Initiativen. Gerade im ländlichen Raum sind durch das Eh­renamt getragene Vereine eine wichtige Stütze, die das kulturelle Angebot – auch getra­gen durch ihre wertvolle Jugendarbeit, enorm bereichern und vielfältig gestalten. Die Landesregierung sollte die Förderung dieser Strukturen gezielt fortsetzen.
  • Integration und Diversität: Kulturelle Bildung sollte die Vielfalt kultureller Ausdrucksfor­men betonen und dazu beitragen, interkulturelles Verständnis und Toleranz zu fördern. Dazu gehören mehrsprachige, intersektionale und inklusive Angebote.