Julia Eisentraut: „Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag zu Künstlicher Intelligenz für die öffentliche Verwaltung

Portrait Julia Eisentraut Februar 2023

Der Antrag „Die Potenziale von Künstlicher Intelligenz für die öffentliche Verwaltung nutzen“

Julia Eisentraut (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Chatbots, die in Zukunft Bürger*innenanfragen beantworten, auf diese Aussicht reagieren Menschen ganz unterschiedlich. Es gibt diejenigen, die sich auf diese Zukunft freuen: immer erreichbare Verwaltungen, einfache Antworten, zu Hause vom Sofa die Geburtsurkunde beantragen, Kindergeld, das Auto ummelden, Gewerbe anmelden.

Gleichzeitig kann das Mitarbeiter*innen in den Verwaltungen entlasten: Einfachere Arbeitsabläufe, Routineaufgaben werden übernommen. Man hat mehr Zeit für die Dinge, die zählen.

Andere Menschen reagieren mit Angst und Sorge auf diese Zukunft. Das sind oft diejenigen, die jetzt schon das Gefühl haben, mit der Verwaltungsdigitalisierung nicht klarzukommen, die sich von Digitalisierung abgehängt fühlen. Die Sorge ist da, den Zugang zu wichtigen Verwaltungsleistungen zu verlieren.

Doch das Gute an dem Thema „künstliche Intelligenz“ ist: Wir können beides unter einen Hut bringen.

Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel in den öffentlichen Verwaltungen machen es notwendig, dass unsere Mitarbeiter*innen ihre Aufgaben effizienter erledigen können. Und da kann künstliche Intelligenz unterstützen, Routineaufgaben abnehmen, Verwaltungsverfahren vereinfachen, Antworten schneller liefern. Damit haben Mitarbeiter*innen Zeit für das, was der anderen Gruppe wichtig ist: Zeit für Gespräche, für die persönliche Beratung im Amt vor Ort und auch für den Kontakt in den Bürger*innenbüros, damit Verwaltung menschenzentriert und nahbar ist.

Was ist unsere Vision? Die Vision ist, dass die öffentliche Verwaltung durch künstliche Intelligenz bürger*innennäher und schneller wird. Und das kann sie, wenn wir die Chancen, wie hier im Antrag skizziert, von Automatisierung, Digitalisierung und künstlicher Intelligenz gut nutzen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Anwendungen, die einen Mehrwert bieten, in allen Rathäusern, Behörden, Ministerien eingesetzt werden.

Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels bleibt uns auch gar nichts anderes übrig, als diese Aufgaben mit allem, was wir haben, effizienter zu lösen. Dabei kommt es darauf an, dass wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen, damit Menschen keine Angst vor künstlicher Intelligenz haben müssen, sondern wir die Chancen voll nutzen.

Es gilt: Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Wir müssen sie da einsetzen, wo sie einen wirklichen Mehrwert bei vertretbaren Risiken bietet. Wo es Spielräume in Gesetzen und in Verwaltungsverfahren gibt, müssen diese zwingend vom Menschen ausgeführt werden. Menschen haben ein Recht darauf, dass Menschen über sie entscheiden.

Wenn Software Anliegen von Menschen bearbeitet, dann muss das auch in einer Weise transparent sein, die Menschen verstehen können. Es muss klar geregelt sein, was passiert, an wen man sich beispielsweise mit einem Widerspruch wenden kann. Was eine KI macht, muss für Menschen nachvollziehbar sein. Wir müssen sicherstellen, dass Menschen nicht diskriminiert werden. Und das geht alles nur mit einer klaren Transparenz der Software, wie sie in den Verwaltungen eingesetzt wird.

Ein dritter wichtiger Aspekt ist, dass wir den sogenannten Automation Bias verhindern. Menschen dürfen nicht blindlings Entscheidungen von künstlicher Intelligenz folgen. Das ist doch das, wovor viele Menschen Angst haben: Die künstliche Intelligenz entscheidet, und pro forma sitzt da noch ein Mensch, der zwar offiziell entscheidet, aber immer nur der künstlichen Intelligenz folgt.

Unsere Forschungslandschaft hier in NRW weiß schon, wie wir auf diesen Automation Bias reagieren können und dass es wichtig ist, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen und Menschen dafür zu sensibilisieren, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit künstlicher Intelligenz aussehen kann.

Wir haben noch viel zu tun, denn künstliche Intelligenz entwickelt sich rapide weiter, genau wie Digitalisierung auch. Deshalb ist es so wichtig, wie hier im Antrag formuliert, dass wir den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Verwaltung begleiten und wissenschaftlich evaluieren. Denn wir werden nie an den Punkt kommen, dass wir sagen: Wir wissen 100%ig, was zu tun ist, und so kann es jetzt die nächsten 20 Jahre weitergehen. Das ist bei dem technologischen Fortschritt in der Geschwindigkeit, wie wir ihn bei Künstlicher Intelligenz sehen, einfach nicht möglich.

Künstliche Intelligenz ist ein Thema, das in aller Munde ist: riesiges Potenzial für unsere öffentlichen Verwaltungen, sie bürger*innennäher und menschenzentrierter zu machen. Gleichzeitig zeigen wir mit diesem Antrag, dass wir die Rahmenbedingungen setzen können, um die Risiken dafür zu minimieren. Deshalb werben wir um Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)