Jule Wenzel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Am 9. Juni ist Europawahl. Am 9. Mai 1950 hat Robert Schuman in einer Erklärung gefordert, dass sich die Kohle- und Stahlproduktion in Europa zusammentut. Damit ist das Ruhrgebiet auch die Wiege Europas, denn dadurch konnte der erste Schritt zur europäischen Integration gegangen werden.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Geschichtlich ist das so aktuell wie nie. Wenn wir auf die Konflikte in der Welt schauen, dann ist klar: Wir brauchen für Europas Resilienz Stahl, der in Europa produziert wird, Stahl, der in Nordrhein-Westfalen produziert wird, und Stahl, der am Standort Duisburg produziert wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Ich komme aus Duisburg. Dort gibt es eine rote Brücke über den Rhein. Sie führt nach Rheinhausen. An ihr hängt ein Schild: „Brücke der Solidarität“. Ich sage das nicht nur, weil es in Duisburg schön ist – ich lege es jedem nahe, mal einen Ausflug dorthin zu wagen –, sondern weil Duisburg einen ganz besonderen Platz in der Geschichte der Arbeitnehmer*innenbewegung einnimmt. Dort haben im Jahr 1987 nämlich 5.000 Stahlarbeiter*innen diese Brücke blockiert. Einen Monat später haben Auszubildende von thyssenkrupp den Schriftzug angebracht. Sie haben damit gegen die Politik auf Bundesebene erstritten, dass mehr Mittel in den Strukturwandel auch im Ruhrgebiet fließen.
Das ist etwas, worauf wir in Duisburg bis heute sehr stolz sind. Deswegen ist es auch im eigenen Interesse des Konzerns thyssenkrupp, seinen Mitarbeiter*innen auf Augenhöhe zu begegnen. Sie sind das Pfund, über das der Konzern verfügt, um öffentlich wahrgenommen zu werden. Die Beschäftigten am Standort in Duisburg verdienen es, dass ihnen Unternehmensentscheidungen nicht über die Zeitung bekannt gemacht werden, sondern über die Mitbestimmung in ihrem eigenen Betrieb.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)
Jetzt muss ich leider doch noch mal zum Antrag der SPD kommen. Ich finde es wirklich gut, liebe Kollegin Sarah Philipp, dass Sie gerade einen gemeinsamen Ton angeschlagen haben. Das habe ich zuvor in der Debatte bei Ihrem Kollegen Jochen Ott vermisst, der zum Ausdruck gebracht hat, dass die schwarz-grüne Landesregierung den Stahlstandort vor die Wand fahren würde. Ich finde, das ist unredlich.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Wir sprechen hier über die größte Einzelförderung des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen eines gemeinsamen Schulterschlusses mit dem Bund. Ministerin Mona Neubaur hat gerade ganz klar ausgeführt, dass die Förderbedingungen gemeinsam mit dem Bund vereinbart wurden, die Fördergelder nachvollziehbar an den Standort Duisburg gehen und wir uns in der Ampel und in der schwarz-grünen Landesregierung mit der Ankertechnologie auf den Weg machen, um klimaneutralen Stahl für Europa zu produzieren. Dass Sie da Zweifel und Verunsicherung sähen, ist unredlich und hat in der Debatte nichts zu suchen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Ich freue mich auf den gemeinsamen Stahlgipfel im September
(Sarah Philipp [SPD]: Viel zu spät!)
und darauf, dass wir dann endlich wieder sachlich und gemeinsam an der Seite der Beschäftigten für eine sozial-ökologische Transformation streiten können. – Vielen Dank.
Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von
Jule Wenzel (GRÜNE): Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Ich hatte gedacht, dass Sie in dieser Debatte die Kurve zum Niveau hin wieder gekriegt haben. Das ist leider nicht der Fall gewesen.
Sie haben uns gerade vorgeworfen, auf der Demonstration der Stahlarbeiter*innen in Duisburg nicht anwesend gewesen zu sein.
(Alexander Vogt [SPD]: Ich habe die CDU-Fraktion genannt!)
Ich kann Ihnen versichern: Ich war vor Ort.
(Alexander Vogt [SPD]: Schön!)
Ministerin Mona Neubaur hat sich am 2. Mai mit den Beschäftigtenvertreter*innen getroffen. Ministerpräsident Hendrik Wüst war letztes Jahr am 1. Mai beim Fest im Landschaftspark.
(Zuruf von der SPD: Und was hat es gebracht?)
Sie können doch hier nicht darstellen, dass sich die Landesregierung, die sie seit anderthalb Jahren um regen Austausch bemüht, vom Acker macht. Gleiches gilt für die regierungstragenden Fraktionen. Das lasse ich nicht zu, und das möchte ich hier im Raum auch so nicht stehen lassen.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)
Wenn Sie sagen, wir sollen Ihren Antrag mittragen …
Sie haben schon wieder eine Auslassung gemacht, nämlich dass betriebsbedingte Kündigungen bis 2026 ausgeschlossen sind. Das muss hier auch noch einmal erwähnt werden, auch dass wir uns immer dafür eingesetzt haben, dass Sozialpläne weiterhin mit den Beschäftigten erarbeitet werden.