Jan Matzoll: „Klimaneutral produzierter Stahl ist Zukunft“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zum Stahlstandort NRW

Portrait Jan Matzoll

Der Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag 

Jan Matzoll (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die demokratischen Fraktionen im Landtag von Nordrhein-Westfalen stehen geschlossen an der Seite der Beschäftigten von thyssenkrupp Steel in Duisburg. Sie stehen geschlossen an der Seite der Beschäftigten in der Stahlindustrie in diesem Land.

(Rodion Bakum [SPD]: Da haben wir Sie aber nicht gesehen! – Jule Wenzel [GRÜNE]: Ich war da!)

Gerade weil das so ist, verdienen die Beschäftigten, verdienen die Arbeiterinnen und Arbeiter eine ehrliche und zielgerichtete Debatte mit Blick nach vorne.

Die SPD schreibt in der Überschrift ihres Antrags: „Stahl ist Zukunft. Und die gehört zu NRW!“

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Was soll ich sagen? Da hat die SPD vollkommen recht. Stahl ist Zukunft. Genauer gesagt: Klimaneutral produzierter Stahl ist Zukunft.

Deutschland ist die drittgrößte Wirtschaftsnation auf diesem Planeten, und Nordrhein-Westfalen ist ihr industrielles Herz. Wir haben eine besondere Verantwortung, wenn es darum geht, ob und wie die klimaneutrale Transformation gelingt.

Diese Verantwortung erfordert Handeln, und ich kann Ihnen, liebe SPD, an dieser Stelle versichern: Die Landesregierung setzt alle Anstrengungen daran, die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen zu erhalten. Die Landesregierung setzt alles daran, dass Duisburg das unbestrittene Zentrum der Stahlbranche bleibt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von Thorsten Klute [SPD])

Gegner von Klimaschutzmaßnahmen sprechen gerne davon, wie klein der deutsche Anteil am weltweiten CO₂-Ausstoß eigentlich sei. Was sie damit meinen: Weitermachen wie bisher; sollen die anderen doch die Drecksarbeit machen. Wir Grüne sagen: Wir stellen uns der Verantwortung. Wir nehmen die Transformation hin zu klimaneutralem Stahl ernst. Unser wirtschaftlicher Erfolg, der Wohlstand unseres Landes, die Zukunft tarifgebundener und fair bezahlter Industriearbeitsplätze ist eng verbunden mit der Fragestellung, ob es uns gelingt, Vorreiter bei klimafreundlichen Innovationen zu bleiben.

Wenn wir in diesem Zusammenhang über die Transformation der Stahlbranche sprechen, deren Bedeutung für die Energiewende die SPD-Fraktion in ihrem Antrag sehr treffend beschrieben hat, müssen wir auch über den Elefanten im Raum sprechen, der maßgeblichen Einfluss darauf hat, dass in Duisburg schon seit längerer Zeit und nicht erst seit der offiziellen Bekanntgabe der Kapazitätsreduktion weniger Stahl produziert wird, als wir uns das alle wünschen: Der Elefant im Raum sind die chinesischen Staatssubventionen für konventionell produzierten Stahl.

China weiß so gut wie wir, dass die Zukunft der Stahlindustrie im grünen Stahl liegt. Die Chinesen wissen, dass Deutschland und auch Japan ihnen bei dieser technologischen Evolution weit voraus sind. Deshalb wollen sie unsere Stahlindustrie in Deutschland, unsere Stahlindustrie in NRW, unsere Stahlindustrie in Duisburg ganz bewusst kaputtmachen. Im SPD-Antrag wird dieser zentrale Aspekt mit keinem Wort erwähnt.

Es ist Ihr gutes Recht als Oppositionsfraktion, sich rund um die drohenden Arbeitsplatzverluste bei thyssenkrupp Steel in Duisburg mal wieder des Narrativs zu bedienen, dass alle wirtschaftspolitischen Herausforderungen in diesem Land eine Folge schwarz-grüner Tatenlosigkeit sind.

(Rodion Bakum [SPD]: Ja!)

Das verkennt aber die Tatsache, dass sich der Weltmarkt geändert hat und dass der Abbau der Produktionskapazitäten durchaus absehbar war, was ihn nicht weniger schmerzlich macht. Wir können uns darüber unterhalten, an welche Kriterien wir staatliche Förderung sinnvollerweise knüpfen sollen, um unsere gemeinsamen Ziele möglichst effektiv zu erreichen.

Wir können uns sehr gerne darüber unterhalten, wie wir gemeinsam verhindern, dass staatliches Geld, das dem Gemeinwohl zu dienen hat, nicht nur den wirtschaftlichen Interessen Einzelner dient. Wir können uns auch meinetwegen darüber streiten, ob der Einstieg des Staates bei großen Industriebetrieben im Zuge der notwendigen Transformationsfinanzierung das adäquate Mittel ist. Das können und sollten wir alles tun; dazu leistet unser Entschließungsantrag einen ersten Beitrag.

Wir sollten bei der Debatte um die Industriepolitik der Landesregierung nicht vergessen: Bei der Förderung der Wasserstoffreduktionsanlage in Duisburg handelt es sich um eine gemeinsame IPCEI-Förderung von Bund und Land. Alle demokratischen Fraktionen im Landtag NRW waren entweder auf Bundes‑ oder Landesebene bzw. auf beiden Ebenen an der Ausgestaltung und Legitimierung dieser Förderung beteiligt.

Zur Wahrheit gehört auch, Herr Ott, dass IPCEI-Förderungen, also Förderungen eines Important Project of Common European Interest – die Förderung wichtiger Projekte im gesamteuropäischen Interesse –, an die strengen Kriterien der EU gebunden sind.

Ich reiche Ihnen die Hand: Lassen Sie uns hier keine Scheingefechte austragen, sondern uns gemeinsam im Interesse unserer Industrie, im Interesse der Menschen in unserem Land dafür einsetzen, dass notwendige Transformationsfinanzierung effektiver, bürokratieärmer und schneller dahin fließen kann, wo sie gebraucht wird.

Dazu leistet Ihr Antrag trotz vieler fraglos richtiger Feststellung zum Status quo leider keinen Beitrag. Wir lehnen ihn daher ab und bitten um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Mehr zum Thema

Wirtschaft