Jüdische und israelische Studierende sowie die Hochschulen vor dem Hintergrund des Kriegs im Nahen Osten besser unterstützen

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

Portrait Julia Eisentraut Februar 2023

I. Ausgangslage

Unser Land blickt mit großer Sorge auf die aktuellen Geschehnisse im Nahen Osten. Der schreckliche Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023 hat unfassbares Leid ausgelöst. Mehr als 1.400 Menschen sind in Israel getötet worden, mehrere Tausend wurden verletzt, zahlreiche Menschen wurden grausam entführt und als Geiseln gehalten. Seither befindet sich Israel im Krieg gegen die Hamas. Die Solidarität Nordrhein-Westfalens gilt Israel.

Sorge bereiten manche Reaktionen hier in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen auf diesen furchtbaren Krieg. Es gibt Berichte über antisemitische und antiisraelische Äußerungen an Hochschulen, die so weit gehen, dass sich jüdische und israelische Studierende nicht mehr sicher fühlen. Ob das friedliche und demokratische Miteinander an Hochschulen funktioniert, ist an der Sicherheit und Freiheit von Angehörigen betroffener gesellschaftlicher Gruppen zu messen. Es kann nicht geduldet werden, dass Jüdinnen und Juden ihr Studium in einem Klima der Angst durchführen müssen. Alle Demokratinnen und Demokraten müssen den Angriff der Hamas klar verurteilen und sich deutlich gegen jede Form von Antisemitismus positionieren.

Auch die Hochschulen müssen sich daher mit Israelfeindlichkeit, Judenhass und Antisemitis­mus befassen. Es gilt, keine Zweifel aufkommen zu lassen, dass die derzeitige Lage in Israel und im Gaza-Streifen auf den terroristischen Angriff der Hamas gegen Israel zurückzuführen ist. Dass Israel bei der Bekämpfung der Hamas zivile Todesopfer zu vermeiden hat und humanitäre Hilfen dringend notwendig sind, ist ebenso Haltung des Landtags.

Das unermessliche Leid, das derzeit in Israel und im Gaza-Streifen herrscht, die Trauer um die Opfer, die Sorge um die Verletzten und die verbliebenen Geiseln, die Angst vor dem nächsten Beschuss und die Not der Zivilbevölkerung sind kaum vorstellbar.

Sorgen und Ängsten muss auch an Hochschulen begegnet werden. Es muss Angebote und Räume geben, wo ein Austausch und eine Begleitung stattfinden. Sie dürfen aber nicht in Hass und Anfeindungen münden, weder gegenüber Studierenden, noch Hochschulbeschäftigten oder Hochschulleitungen.

Den Hochschulen kommt die Aufgabe zu, nicht nur einen akademischen Diskurs zur Lage im Nahen Osten zu führen, sondern auch mittels klarer Positionierungen durch die Hochschullei­tungen, durch die Nutzung vorhandener niedrigschwelliger Bildungsinformationen zur Aufklä­rung und durch die Verhinderung von Desinformationen den ausgetragenen Konflikten zu begegnen. Dazu gehört auch die Sicherheit insbesondere für jüdische und israelische Studie­rende, Hochschulbeschäftigte sowie Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, ebenso wie die Bereitstellung adäquater Beratungs- und Hilfsangebote, soweit diese nicht anderweitig erbracht werden.

Offizielle Beratungs- und Hilfsangebote von Studierendenwerken, Hochschulen und anderen öffentlichen Einrichtungen spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Studierenden, nicht zuletzt im Zusammen­hang mit dem Ziel eines erfolgreichen Studienabschlusses. Darüber hinaus pflegen aber viele Lehrende ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihren Studierenden, sowohl im Rahmen von Mentoringprogrammen und ständigen Arbeitsgruppen, als auch außerhalb strukturierter Programme. Diese meist eher informellen Beratungskapazitäten können durch Weiterbil­dungsmaßnahmen gestärkt werden und insofern auch als Frühwarnsystem für aufkommende Probleme dienen.

Auch den Studierendenvertretungen an den Hochschulen kommt in diesem Zusammenhang eine Verantwortung zu. Sie sind gemäß Hochschulgesetz zuständig für die Förderung der politischen Bildung, des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins und der Bereitschaft zur aktiven Toleranz ihrer Mitglieder sowie für die Wahrnehmung sozialer Belange ihrer Mitglieder.

Darüber hinaus gilt es, gerade vor dem Hintergrund aktueller Israelfeindlichkeit und Antisemi­tismus, auch rechtlich den Diskriminierungsschutz auszubauen. Insbesondere für Studierende und Betroffene gilt es Instrumente und Verfahren weiterzuentwickeln. Nur das Zusammenspiel von Beratungs- und Hilfsangeboten mit auf die Situation an den Hochschulen angepassten rechtlichen Regelungen schafft einen effektiven Schutzrahmen.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Der Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel wird verurteilt.
  • Die Solidarität Nordrhein-Westfalens gilt Israel.
  • Bei der Bekämpfung der Hamas sind zivile Todesopfer im Gaza-Streifen zu vermeiden und humanitäre Hilfen dringend notwendig.
  • Es ist verständlich, dass sich Menschen mit israelischen und mit palästinensischen Wur­zeln hier im Land Sorgen um ihre Angehörigen machen. Es ist wichtig, dass diese Sorgen ausgedrückt werden können. Sie dürfen aber nicht in Hass und Anfeindungen münden.
  • Die Hochschulen müssen sich mit Antisemitismus und Israelfeindlichkeit befassen. Dazu gehören neben dem akademischen Diskurs unter anderem klare Positionierungen durch die Hochschulleitungen, niedrigschwellige Aufklärungskampagnen und die Verhinderung von Desinformationen, die Sicherstellung physischer Sicherheit für Studierende und Hoch­schulbeschäftigte sowie Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, ebenso wie die Bereitstellung von Beratungs- und Hilfsangeboten.
  • Offizielle Beratungsangebote von Studierendenwerken, Hochschulen und anderen öffent­lichen Einrichtungen spielen eine zentrale Rolle für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden aller Studierenden, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Ziel eines erfolgreichen Studienabschlusses. Die darüber hinausgehenden informellenBeratungskapazitäten können durch Weiterbildungsmaßnahmen gestärkt und professio­nalisiert werden.
  • Den Studierendenvertretungen an den Hochschulen kommt ebenso eine Verantwortung zu, insbesondere zur Förderung der politischen Bildung, des staatsbürgerlichen Verant­wortungsbewusstseins und der Bereitschaft zur Toleranz sowie für die Wahrnehmung sozialer Belange ihrer Mitglieder. Insbesondere im Sinne der Studierenden müssen die Regelungen und Instrumente zum Schutz vor Diskriminierung und zum Umgang mit Diskriminierungsfällen an Hochschulen ausgebaut werden.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, aus vorhandenen Mitteln

  • gemeinsam mit den Hochschulen ein neues, zentrales Angebot einzurichten, das insbe­sondere jüdischen Studierenden in Nordrhein-Westfalen sowie weiteren vom Krieg im Nahen Osten betroffenen Studierenden Hilfe bietet, insbesondere eine psychosoziale Beratung.
  • die Hochschulen zu bestärken, dass diese ihre bereits bestehenden Kapazitäten für die psychosoziale Beratung weiterführen.
  • gemeinsam mit den Hochschulen ein Weiterbildungsangebot zur Schulung von Beraterin­nen und Beratern, Lehrenden und anderen interessierten Hochschulmitgliedern und -angehörigen zu erstellen, um ihre Beratungskompetenzen im Zusammenhang mit dem Konflikt im Nahen Osten zu erweitern.
  • einen Vorschlag zu erarbeiten, wie die Regelungen gegen Diskriminierung im Hochschul­gesetz weiterentwickelt werden können, um insbesondere Studierenden einen effektiven Diskriminierungs- und Verletztenschutz zu gewährleisten.