Michael Röls-Leitmann: „Wir müssen uns von dieser unfachlichen Diskussion lösen, dass mehr erneuerbare Energien zu einer Versorgungsunsicherheit führen würden – das ist nicht der Fall“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Energiespeichertechnik

Portrait Michael Röls

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Kollegin Lüders, ich glaube, ich bin ein bisschen im falschen Film. Das lässt mich wirklich gerade etwas ratlos zurück. Diese Landesregierung arbeitet an so vielen Stellen,

(Zuruf von der SPD: Echt?)

auch über die Frage des Ausbaus der Windenergie und der Solarenergie hinaus, daran, dass diese Transformation ganzheitlich gelingt.

(Zacharias Schalley [AfD]: Ganzheitlich?)

Wir sind gemeinsam im Ausschuss für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Wir haben in jeder Sitzung einen Bericht, und da schweigen wir uns ja nicht an, sondern wir hören immer zu einer ganzen Palette, auch weit über die Frage des Ausbaus der erneuerbaren Energien hinaus, wie diese Landesregierung ganz konkret an der Transformation in Richtung Klimaneutralität arbeitet, damit es für unsere Industrie gelingt, damit wir es gesamtheitlich schaffen. Und dann sagen Sie, es würde nur auf den Bund gezeigt und selbst nichts gemacht.

Wir haben im Ausschuss einen Bericht bekommen, in dem – wenn Sie ihn gelesen haben, wissen Sie es – berichtet wird, dass an einer Energie- und Wärmestrategie für Nordrhein-Westfalen gearbeitet wird. Im Bund laufen zwischen den verschiedenen Ministerien gerade ähnliche Prozesse für die Punkte, die in der Verantwortung des Bundes liegen. Die Landesregierung wartet doch gar nicht, sondern sie hat bereits jetzt diese Strategie in Arbeit, und in dieser Strategie werden natürlich auch Speicher eine wichtige Rolle spielen.

(Zuruf von der AfD: Welche denn?)

Deswegen finde ich es wirklich nicht in Ordnung, sich hier hinzustellen und so tun, als ob abseits von Wind- und Solarenergie nichts passieren würde, wo wir doch beide im Ausschuss immer wieder die Berichte lesen, in denen dargelegt wird, welche Punkte in Arbeit sind. Man muss das nicht alles richtig finden, aber so zu tun, als ob nichts passieren würde, wenn man es besser weiß, finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Herr Kollege, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. Es besteht der Wunsch nach einer Zwischenfrage; wie Sie sich unschwer vorstellen können, von der Kollegin Lüders. Würden Sie die zulassen?

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Ja.

Nadja Lüders (SPD): Herzlichen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie rekurrieren auf die Berichte, die wir im Ausschuss hören. Sind Sie mit mir einer Meinung, dass bislang von der Landesregierung bei der Speicherthematik lediglich Batteriespeicher und nichts im Rahmen für die Industrie gefördert wird?

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Bitte schön.

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Nein.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Die Berichtslage gibt doch etwas anderes her, Frau Lüders.

Das haben Sie vielleicht gerade präsent: Sie haben den Punkt mit der Förderung der Batteriespeicher im Einzelplan 14 angesprochen. Dabei muss man festhalten, dass diese bislang überhaupt nicht ausgeschöpft wird. Das ist ein Problem.

Deswegen müssen wir uns bei diesem Haushalt ein bisschen davon lösen, immer zu sagen, dass dieses Signal oder jenes Signal gesetzt wird. Wir müssen überlegen, wie wir die begrenzten Mittel, die wir haben, wirklich gut einsetzen können.

Aber an ganz vielen anderen Stellen gibt es über die Innovations- oder Industrieförderung Möglichkeiten, Förderprogramme in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus – das ist der Punkt, der von der FDP in dem Antrag adressiert wird – passiert in der Frage der Planung, wie dieses künftige Energiesystem aussieht, eine ganze Menge.

Ich möchte einen zweiten Aspekt aufgreifen.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Herr Kollege, es besteht der Wunsch nach einer zweiten Zwischenfrage von Frau Kollegin Lüders.

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Wenn wir die Zeit anhalten, können wir das machen.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Die Zeit steht, wie Sie unschwer erkennen können.

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Ja, das hat gerade noch so geklappt. Danke schön. Dann mache ich das gerne.

Nadja Lüders (SPD): Herr Präsident! – Herzlichen Dank für die Zulassung der Zwischenfrage. Ich glaube, wir haben uns gerade missverstanden. Es geht mir darum, dass Sie bislang über den Haushalt lediglich private Batteriespeicher für PV-Anlagen fördern. Ich sehe derzeit anhand der Berichte keinerlei Ansatz dieser Landesregierung, überhaupt Speicherkapazitäten für die Industrie zu fördern, zu initiieren, geschweige denn zu planen. Wir hören jetzt …

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Frau Kollegin, würden Sie jetzt bitte zu einer Frage kommen?

Nadja Lüders (SPD): Ja. – Ich möchte Sie bitten, uns zu erklären, wann denn dann nach den ganzen Arbeiten endlich ein Plan vorliegen mag.

Vizepräsident Rainer Schmeltzer: Ich interpretiere da ein Fragezeichen hinein.

Nadja Lüders (SPD): Ja. Das Wörtchen „wann“.

Michael Röls-Leitmann (GRÜNE): Um Ihre Frage zu beantworten: Nach der Berichtslage im Ausschuss ist aktuell das zweite Quartal 2024 dafür avisiert.

Wir werden wohl auch weiterhin Updates dazu bekommen, ob dieser Termin zu halten ist, man möglicherweise früher fertig wird oder es zu Verzögerungen kommt. Da habe ich großes Vertrauen in die Landesregierung.

Ich möchte auf einen zweiten Punkt in Ihrer Rede eingehen, weil er exemplarisch für etwas steht, was sich ein bisschen aus dem Antrag der FDP herauslesen lässt, aber auch in der Debatte immer wieder vorkommt, nämlich diese sehr simple Erzählung: Was soll denn passieren, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Dann gehen bei uns die Lichter aus, und wir haben keine Speicher.

Wir müssen uns erst einmal von dieser unfachlichen Diskussion lösen, dass mehr erneuerbare Energien zu einer Versorgungsunsicherheit führen würden. Das ist nämlich nicht der Fall.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Nadja Lüders [SPD] –Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Wir müssen zweitens beachten, dass Stromspeicher erst ab einem Anteil der Erneuerbaren von ca. 80 % bis 90 % überhaupt in einem großen Umfang benötigt werden, weil es auch andere Flexibilitätsoptionen gibt.

Deswegen ist es etwas falsch, zu sagen, wir würden nur das eine ausbauen, also Wind und Solar, und die Speicher komplett vergessen. Wir brauchen beides nämlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Wir haben die Möglichkeit über Demand Side Management, über zuschaltbare Kraftwerksleistung und über Sektorenkopplung in den Haushalten frühzeitig einiges an Flexibilität in das System hineinzuschaffen. Das ist übrigens auch der Plan unserer gemeinsamen Bundesregierung.

(Zuruf von Nadja Lüders [SPD])

Des Weiteren gibt es den Aspekt des Netzausbaus, der bis zu diesem Zeitpunkt ganz entscheidend ist, um Abregelungen zu verhindern. Klar ist: Ja, wir benötigen ab diesem Punkt, ab 2030, Speicher in einem größeren Umfang. Deswegen ist es auch legitim, darüber zu sprechen.

(Nadja Lüders [SPD]: Bitte? – Weitere Zurufe)

– In einem größeren Umfang, ja. Aber ganz wichtig ist es, zu verstehen, dass wir bis dahin noch viele andere Möglichkeiten haben, um beim Hochlauf der erneuerbaren Energien Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

(Dr. Christian Blex [fraktionslos]: Ohne Gas und Kernkraft!)

Ich will auch mal sagen: Der Strom, der in Stromspeichern eingespeichert werden soll, der muss auch erst mal erneuerbar erzeugt werden. Deswegen ist es komplett richtig, dass diese Landesregierung einen großen Fokus auf den Ausbau der Windenergie und der Solarenergie legt und dafür große Anstrengungen unternimmt. Das ist auch in line mit dem, was unsere gemeinsame Bundesregierung als Marschrichtung vorgibt. Das ist ein wichtiger Weg.

(Beifall von den GRÜNEN und Klaus Voussem [CDU])

Dennoch gibt es den Punkt – das habe ich gerade gesagt –, an dem wir zwingend auch in einem großen Umfang Stromspeicher brauchen werden. Deswegen ist das auch sehr berechtigt, und ich habe daher auch die Energie- und Wärmestrategie angesprochen, die bei der Landesregierung erarbeitet wird. Auch im Bund gibt es verschiedene Strategien, um den Bedarf abzulesen.

Viele Forderungen in Ihrem Antrag richten sich an den Bund und werden dort glücklicherweise schon adressiert. Deswegen halte ich es zwar für komplett richtig, dass wir die Debatte führen, aber wir sollten sie nicht verzerrt führen. Wir sollten auch kein Bild von der Energiewende zeichnen, demzufolge mehr erneuerbare Energien zu Versorgungsunsicherheit führen oder wir eine parallelisierten, zeitlich aneinander gekoppelten Ausbau brauchen würden.

Jeder Punkt, jeder Aspekt, jeder Baustein in der Energiewende hat einen Zeitpunkt, an dem er dringend gebraucht wird. Bis dahin haben wir noch viele andere Möglichkeiten. Aber wir sollten uns jetzt darauf vorbereiten, um rechtzeitig fertig und bereit zu sein. Da sind wir mit der Bundesregierung und der Landesregierung auf einem guten Weg. – Ganz herzlichen Dank.

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