Working Spaces 2.0: Dezentrale, wohnortnahe Arbeitsplätze für Beschäftigte des Lan­des

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

Portrait Julia Eisentraut Februar 2023

I. Ausgangslage

Die digitale Transformation der Arbeitswelt hat die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren erheblich verändert. Heute braucht es für eine Viel­zahl der Tätigkeiten nicht mehr die Präsenz am Arbeitsplatz, da sie sich orts- und zeitunab­hängig durchführen lassen. Zusätzlich ergeben sich für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels neue Herausforderungen bei der Gewinnung neuer und Beschäftigung aktueller Angestellter. Denn heute spielen neben der Zufriedenheit bei den Tätigkeiten, guter Bezahlung und der Arbeitsplatzqualität auch Bedürf­nisse nach zeit- und ortsflexiblem Arbeiten eine immer wichtigere Rolle für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Working Space-Angebote wurden in den vergangenen Jahren zunehmend beliebter. In Work-ing Spaces finden Beschäftigte häufig eine kreativitätsfördernde Umgebung und moderne Aus­stattung vor. Diese Bedingungen erleichtern moderne Arbeitsformen und steigern zudem die Attraktivität der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Wohnortnahe Arbeitsplatzangebote außer­halb der Büroarbeitsplätze erlauben es, lange Pendelstrecken zu vermeiden und verbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen so nicht mehr zwischen dem mobilen Arbeiten von zu Hause und dem Büro wählen, sondern haben zudem die Möglichkeit eine heimatnahe Arbeitsstätte aufzusuchen. Zudem werden durch Working Space-Angebote ganz unterschiedliche Menschen zusammengebracht, die sich vernetzen, gemeinsam arbeiten und voneinander lernen können.

Wenngleich die mit der Covid 19-Pandemie zusammenhängenden Maßnahmen weitgehend zurückgenommen wurden, ist der Wunsch nach wohnortnahem, mobilem Arbeiten geblieben. Diesem Wunsch ist das Land Nordrhein-Westfalen bereits schrittweise nachgekommen, indem im Jahr 2023 ein Pilotstandort für dezentrales Arbeiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien, des BLB NRW sowie der Bezirksregierung Köln in Aachen auf den Weg gebracht wurde. So bietet der Standort Aachen aktuell fünf feste und bis zu sechs flexible Arbeitsplätze. Dabei stehen innovative Raum- und Bürokonzepte aus Kreativräumen und Lounges für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung. Mit dem ersten Pilotstandort wurde ein wich­tiger erster Schritt in Richtung innovativer und wohnortnaher Arbeitsplätze für Beschäftigte des Landes gemacht.

Im Flächenland Nordrhein-Westfalen ergeben sich jedoch viele weitere Bedarfe und Möglich­keiten für dezentrale Arbeitsplatzangebote. Insbesondere in ländlich geprägten Regionen mit häufig hohem Überschuss an Auspendlerinnen und Auspendlern sowie hohem Anteil an ab­hängig Beschäftigten mit Tätigkeiten, die sich für orts- und zeitungebundenes Arbeiten eignen, gäbe es erhebliches Erschließungspotenzial für Working Space Angebote. Durch das Land Nordrhein-Westfalen geförderte, wohnortnahe Bürolösungen, würden so nicht nur zu vermin­dertem Pendelverkehr führen, sondern auch dem Wunsch vieler Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer nach orts- und zeitungebundenem Arbeiten entsprechen.

Generell braucht es für Working Space-Angebote im ländlichen Raum nicht unbedingt neu aufgesetzte Strukturen sowie zusätzlich angemietete Flächen. Neben landeseigenen Flächen gibt es oft bereits kommunale Objekte, die – auf gegenseitigem Wunsch beruhend – durch das Land mitgenutzt werden könnten.

Zudem soll eine bürokratiearme Organisation von Working Space-Angeboten für Beschäftigte des Landes angestrebt werden. Für das Land Nordrhein-Westfalen gibt es eine Vielzahl per­sonalpolitischer Vorteile für die Ausweitung der dezentralen Landesbehördenarbeitsplätze auf den ländlichen Raum. So sind beispielsweise höhere Attraktivität als Arbeitgeber, leichtere Rekrutierung und bessere Bindung sowie die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu nennen.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Der Fach- und Arbeitskräftemangel sowie der demografische Wandel, aber auch die Di­gitalisierung der Arbeitswelt und die sich ändernden Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie das zeit- und ortsunabhängige Arbeiten, stellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vor neue Herausforderungen.
  • Das Land Nordrhein-Westfalen hat auf die sich ändernden Umstände bereits reagiert: Im Jahr 2023 ist ein Pilotstandort für dezentrales Arbeiten in Aachen eröffnet worden. Dieser Standort steht den Beschäftigten zur Verfügung.
  • Viele Pendlerinnen und Pendler, die für das Land Nordrhein-Westfalen arbeiten, legen täglich lange Arbeitswege zurück, insbesondere wenn sie aus dem ländlichen Raum in die Oberzentren fahren.
  • Die Erschließung weiterer wohnortnaher Arbeitsplatzangebote steigert die Attraktivität des Landes Nordrhein-Westfalen als Arbeitgeber.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung:

  • zu analysieren, an welchen Standorten – insbesondere im ländlichen Raum – die Errichtung von Working Spaces wirtschaftlich und gesellschaftlich von größtmöglichem Nutzen und wirtschaftlich in der Umsetzung ist.
  • landeseigene, dezentrale Working Spaces, über den aktuell bestehenden Standort hin­aus, zu pilotieren, um mittelfristig allen Beschäftigten des Landes Nordrhein-Westfalen, der landeseigenen Betriebe sowie der weiteren unmittelbaren Beteiligungen des Landes wie der NRW.BANK und der Portigon AG ein wohnortnahes, modernes Arbeitsumfeld zu bieten, sofern keine dringenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen und dabei zu prüfen, ob Standorte der Finanzverwaltung ins Angebot aufgenommen und/oder an­dere bereits existierende Behördenstandorte genutzt werden können. Zunächst sollen landesweit zusätzliche Standorte identifiziert und angeboten werden. Auf der Grundlage einer Evaluierung ist über eine Ausweitung zu entscheiden.
  • mit den kommunalen Spitzenverbänden zu prüfen, ob durch eine gegenseitige Zurver-fügungstellung von Arbeitsplatzinfrastruktur flächendeckende Working Space-Angebote für Landesbedienstete, Beschäftigte von Kommunen und landeseigenen Betrieben ge­schaffen werden können.
  • zu prüfen, ob perspektivisch Working Spaces auch bei kommerziellen Anbietern ange­mietet werden können, insofern sich für Land und Beschäftigte daraus ein Mehrwert ge­genüber einer rein hoheitlichen Bereitstellung ergibt. Dies könnte etwa durch eine noch dezentralere Arbeitsplatzinfrastruktur gegeben sein. Bei positivem Ergebnis dieser Prü­fung sollen, zunächst auf zwei Jahre befristet, bis zu drei Pilotprojekte initiiert werden.
  • zu gewährleisten, dass das Projekt in der Organisation bürokratiearm realisiert und von Beschäftigten unkompliziert genutzt werden kann. Beispielsweise sollte auf eine behör­denübergreifende Abrechnung der Nutzungskosten, oder eine Anpassung der Bestands­mieten verzichtet werden.