Laura Postma: „Mit dem Deutschlandticket haben wir eine Revolution im Tarifsystem in ganz Deutschland geschafft“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Kinder- und Sozialtickets

Portrait Laura Postma

Laura Postma (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Fangen wir einmal vorne an: Das Deutschlandticket ist ein voller Erfolg, und von diesem einfachen Ticket profitieren täglich viele Menschen. Gerade für Pendlerinnen und Pendler ist es häufig günstiger als die meisten vorherigen Tarife.

Gleichzeitig – das ist klar – sind 49 Euro für viele Menschen mit geringem Einkommen und insbesondere für Menschen, die Sozialleistungen beziehen müssen, noch zu teuer.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen – passen Sie auf, jetzt haben wir eine Lösung für Sie, liebe SPD – bin ich unglaublich froh, dass es uns gelungen ist, in NRW ein Sozialticket für das Deutschlandticket anzubieten. Für 39 Euro im Monat können damit Menschen, die Sozialleistungen beziehen müssen, über Tarifgrenzen hinweg mobil sein. Mit 39 Euro liegt der Preis für das Ticket unter dem Satz für Mobilität im Bürgergeld und sogar unter einigen der aktuellen regionalen Tarife; das hat der Kollege eben schon ausgeführt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ich mache es Ihnen gerne noch mal ganz praktisch deutlich. Von einem Kölner Vorort in die Stadtmitte kostet der Mobilpass heute im Monatsabo 42,80 Euro. Das Monatsticket im VRR kostet 41,20 Euro, im Abo 36,22 Euro. Das ist nur die Preisstufe A.

Diese regionalen Angebote, die vor Ort bestehen, können im Übrigen erhalten bleiben, und diese Angebote haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, damals als sozialpolitischen Erfolg gefeiert. Das waren sie ohne Frage auch. Jetzt verbessern wir dieses Angebot noch einmal, und es ist Ihnen immer noch nicht sozial genug.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Außerdem ist nun der Weg frei für ein vergünstigtes Deutschlandticket für Schülerinnen und Schüler. Damit werden ohne finanzielle Mehrbelastung der Kommunen künftig anspruchsberechtigte Schüler*innen ein Deutschlandticket statt des bisherigen Schülertickets erhalten können. Heute nicht anspruchsberechtigte Schüler*innen können das Deutschlandticket dann für nur 29 Euro erwerben.

Das sind richtig gute Angebote, mit denen wir das Deutschlandticket in NRW für noch mehr Menschen bezahlbar machen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Aus vielen Städten und Gemeinden höre ich schon positive Signale, sodass nach den Sommerferien junge Menschen ganz einfach mobil sein können.

Sie von der SPD sagen jetzt, all dies sei keine gute Lösung. Sie fordern, dass das Deutschlandticket für Menschen unter 18 Jahren kostenfrei wird. Gleichzeitig finde ich in Ihrem Antrag Formulierungen wie „bisher zur Verfügung stehende Mittel“ und „nicht zu Lasten der Kommunen“.

Da auch an Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, die aktuelle Haushaltssituation und die letzten Steuerschätzungen im Mai nicht vorbeigegangen sein können, frage ich Sie einmal ganz ernsthaft: Wie möchten Sie dieses Vorhaben finanzieren? Es ist einfach, als Opposition diese Forderung in den Raum zu stellen. Aber warum ist ein solches Ticket in NRW nicht zum Beispiel in all den Jahren mit SPD-Regierungsmehrheit eingeführt worden?

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Präsident André Kuper: Frau Kollegin Postma, ich muss Sie leider unterbrechen. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Lassen Sie diese zu?

Laura Postma (GRÜNE): Von wem kommt die Zwischenfrage?

Präsident André Kuper: Vom Kollegen Dudas.

Laura Postma (GRÜNE): Bitte.

Gordan Dudas (SPD): Frau Kollegin, herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage gestatten.

Sie haben erwähnt, dass es Kommunen gibt, die es begrüßen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es Kommunen gibt, die das begrüßen und es sich finanziell auch leisten können. Unsere Kommunen in Nordrhein-Westfalen befinden sich zum Großteil allerdings in einer finanziellen Lage, in der sie sich das leider nicht leisten können. Das ist das Problem, das wir haben. Könnten Sie daher die Kommunen, die an Sie herangetreten sind, vielleicht konkret benennen? Mich würde schon interessieren, welche Kommunen dieses Ticket gut finden.

Laura Postma (GRÜNE): Danke für die Frage. Sie gibt mir die Gelegenheit, noch einmal deutlich zu machen, dass die Möglichkeit eines Schüler*innentickets für keine Kommune Mehrkosten verursachen wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Es geht darum, den Ansatz im Haushalt, den es heute schon gibt, zu behalten.

(Zuruf von Gordan Dudas [SPD])

– Doch. Schauen Sie gerne noch mal in den Erlass, Herr Dudas.

Es geht also darum, den Ansatz im Haushalt beizubehalten und dafür mehr anzubieten.

(Kirsten Stich [SPD]: Konkrete Frage: Welche Kommunen? Beantworte die Frage!)

Sie können das gerne in der Presse nachschauen. Ich brauche Ihnen nicht vorzulesen, welche Kommunen dabei sind.

(Kirsten Stich [SPD]: Welche Kommunen?)

Sie können in der StädteRegion Aachen gerne schauen, wer das schon in öffentlichen Sitzungen geäußert hat.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Zurück zu den Aspekten, die Sie im Antrag nennen. Sie bringen die zur Verfügung stehenden Mittel an. Genau damit haben wir doch die guten Lösungen ermöglicht, die Sie kritisieren. Sie sagen, es solle nicht zulasten der Kommunen gehen. – Okay. Ich habe gerade ausgeführt, dass das auch nicht zulasten der Kommunen passieren wird.

Dann: Verhandlungen mit den Verkehrsverbänden. Auch sie waren doch im Verkehrsausschuss zugegen, als die Verbünde von ihrer finanziellen Notlage berichtet haben. Wenn Sie also ergänzend fordern, die Verbünde sollten ein solches Gratisticket realisieren, dann ignorieren Sie auch diesbezüglich die Realität.

Außerdem beziehen Sie sich auf Gespräche mit dem Bundesverkehrsminister. Darüber kann man diskutieren, auch wenn Sie umgekehrt uns so gerne vorhalten, nach Berlin zu zeigen. Ich muss deutlich machen: Verkehrsminister Krischer setzt sich seit Monaten gemeinsam mit den Bundesländern beim Bundesverkehrsminister für eine auskömmliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel ein.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das ist gut so. Da können Sie Ihren Einfluss in Berlin sehr gerne einmal geltend machen.

(Gordan Dudas [SPD]: Sie haben keinen?)

Noch ein Punkt, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, wie ich weiß, nicht gerne hören, ich muss es aber anmerken: Sie fordern zum wiederholten Male massive Mehrausgaben. Gleichzeitig haben Sie – zumindest angesichts dessen, was ich heute bisher gehört habe – keine realistischen Vorschläge für eine Finanzierung dieser Ausgaben. Aktuell beklagen Sie sogar das Sondervermögen, das genau solche Belastungen, wie Sie sie in vielen Reden anbringen, auffangen soll. Dass Sie die Entlastungen, die wir auf den Weg bringen, um die Krise abzufedern, beklagen, hilft keinem Menschen in NRW weiter.

Herr Kollege Vogt, Sie haben eben von Unredlichkeit gesprochen. Dazu muss ich sagen: Eine solche Maßnahme in den Raum zu stellen, ohne eine konkrete Idee zu haben, wie sie umgesetzt werden kann, halte ich schlicht für unseriös.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Mit dem Deutschlandticket haben wir eine Revolution im Tarifsystem in ganz Deutschland geschafft. Damit verbunden ist die einmalige Chance, dieses einfache Ticket für alle Menschen in NRW zugänglich zu machen.

Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn wir bei diesem wichtigen Thema nicht unrealistische Forderungen und einen Überbietungskampf zu Gratistickets hätten, sondern konstruktiv gemeinsam darüber diskutierten, wie man das konkret umsetzen kann – zum Beispiel mit den Lösungen, die gerade auf dem Tisch liegen. Vielleicht passiert das ja im Verkehrsausschuss. Daher stimmen wir der Überweisung natürlich gerne zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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