Der Antrag „Kompetenzzentren Frau und Beruf – erhalten und weiterentwickeln“
Laura Postma (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Frauen stehen vor vielfältigen Herausforderungen, wenn sie als Fachkraft ins Erwerbsleben zurückkehren oder sich im Berufsleben weiterentwickeln möchten.
Immer noch kümmern sich Frauen in unserer Gesellschaft mehrheitlich um die Familie. Immer noch müssen sich Frauen mit Vorurteilen auseinandersetzen, wenn sie sich für eine Tätigkeit in sogenannten Männerberufen entscheiden. Immer noch stoßen Frauen an sogenannte gläserne Decken, und sie sind in Führungspositionen unterrepräsentiert.
Dabei können wir es uns als Gesellschaft spätestens in Zeiten von demografischem Wandel und Fachkräftemangel nicht mehr leisten, so viele Frauen in unserem Land strukturell daran zu hindern, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, im Gegenteil: Es ist wichtig, Unternehmen beim Gewinnen und langfristigen Binden von Frauen als qualifizierten Fach- und Führungskräften zu unterstützen. Denn nur, wer für das eigene Unternehmen alle Geschlechter gleichermaßen im Blick hat, kann auch von der Innovationskraft und Leistung aller profitieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die aktuell 15 Kompetenzzentren Frau und Beruf in NRW beraten vor allem kleine und mittlere Betriebe in allen Regionen unseres Landes dabei, weibliche Fach- und Führungskräfte zu gewinnen und sie im Unternehmen zu halten. Es gibt die Frau, die gleich nach der Teilnahme am Mentoringprogramm im Unternehmen angestellt wurde. Die Möglichkeit des Austauschs unter Unternehmen kann Impulse für eine Lohngerechtigkeit setzen. Ein Handwerksbetrieb konnte einen offenen Ausbildungsplatz erfolgreich besetzen. Eine Frau mit Migrationshintergrund stieg dank der Arbeit vor Ort mit einer Ausbildung in den Arbeitsmarkt ein. Diese Erfolgsgeschichten der Kompetenzzentren im ganzen Land zeigen, dass die Kompetenzzentren Frau und Beruf mit ihrer wichtigen Arbeit dazu beitragen, dem Fachkräftemangel in NRW nachhaltig entgegenzuwirken.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nachdem Frau Ministerin Paul die Zentren nach dem Wegfall der EFRE-Mittel der EU bereits in eine Landesförderung übernehmen konnte, startet bald die neue Förderphase. Wir als schwarz-grüne Koalition wollen die Arbeit der Kompetenzzentren gemeinsam mit den Akteurinnen auch langfristig weiterentwickeln. Dabei sind Handlungsfelder wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhin ein wichtiger Bestandteil einer gleichberechtigten Arbeitswelt.
Zu einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung gehört insbesondere aber auch, mit den Handlungsfeldern den Fokus auf die Frauen zu richten, für die der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund von Mehrfachdiskriminierung besonders erschwert ist. Für Frauen mit internationaler Familiengeschichte oder für Frauen mit Behinderungen ist der Wiedereinstieg ins Berufsleben oder eine Weiterentwicklung im Beruf gleich mit mehrfachen Hürden verbunden. Diese Frauen sind in besonderem Maße von Vorurteilen betroffen oder treffen auf Arbeitsumgebungen, die für sie einfach nicht mitgestaltet wurden. Hier können die Kompetenzzentren auf ihren Erfahrungsschatz und ihr Netzwerk bauen und Unternehmen gezielt dabei unterstützen, die Potenziale dieser Frauen zu erkennen und zu fördern.
Um die Unternehmen vor Ort in diesen Handlungsfeldern bestmöglich zu unterstützen, ist die Vernetzung mit der Wirtschaft, der Industrie, dem Handwerk, den Verbänden vor Ort, aber auch untereinander ein Kernbestandteil der erfolgreichen Arbeit der Zentren. Die Vernetzung untereinander wollen wir stärker fördern und einen Austausch von Best Practices und neuen Impulsen weiter stärken.
So haben zum Beispiel einige Regionen das Konzept des Mentorings bereits für verschiedene Handlungsfelder wie Frauen mit Migrationshintergrund, Nachwuchskräfte oder Gründerinnen erprobt und erste Erfolge erzielt. Das zeigt auch der Abschlussbericht über die Förderphase 2018 bis 2022.
Darüber hinaus hat diese Zeit zwei weitere Dinge gezeigt. Zum einen sind digitale Angebote eine wichtige Möglichkeit, um Frauen und Unternehmen ortsunabhängig zu erreichen. Deswegen wollen wir diese digitalen Angebote künftig neben den Beratungsangeboten vor Ort fest verankern. Zum anderen konnten die Kompetenzzentren ihre Angebote während der Coronapandemie erfolgreich auf die neuen Herausforderungen einstellen. Die Meilensteinplanung wollen wir daher künftig um flexible Elemente ergänzen, um auf sich verändernde Rahmenbedingungen vor Ort flexibel reagieren zu können.
Die Behebung des Fachkräftemangels ist ohne die Frauen dieses Landes nicht zu leisten. Unternehmen, die erfolgreich in die Zukunft gehen wollen, kommen nicht umhin, sich mit der eigenen Unternehmenskultur, mit neuen Arbeitszeitmodellen und mit neuen Möglichkeiten der Gewinnung von Fachkräften auseinanderzusetzen. Die Kompetenzzentren Frau und Beruf erfüllen hier sowohl für die Unternehmen als auch für weibliche Arbeits-, Fach- und Führungskräfte eine wichtige Scharnierfunktion, denn sie sind ein Baustein zur Behebung des Fachkräftemangels in einem Bereich, der noch immer viel zu wenig mitgedacht wird: das Potenzial der Frauen. Wir freuen uns daher über eine breite Zustimmung zu diesem Antrag. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)