Julia Eisentraut: „Um das Potenzial zu heben braucht es klare Leitplanken“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur Künstlicher Intelligenz in der Justiz

Portrait Julia Eisentraut Februar 2023

Julia Eisentraut (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen! Für uns als Zukunftskoalition ist eines ganz klar: Künstliche Intelligenz wird nachhaltig die gesellschaftliche Entwicklung prägen. Sie wird helfen, den Fachkräftemangel zu lindern, Medikamente zu entwickeln, Autos zu steuern und Bildung zu verbessern.

Dabei geht es um zentrale Fragen: Wie gehen wir als Gesellschaft mit technologischem Fortschritt um? Wie stellen wir uns das Zusammenleben in Zukunft vor?

Um das Potenzial zu heben – auch da sind wir uns einig –, braucht es klare Leitplanken: Menschenrechte, Transparenz, Diskriminierungsfreiheit, Datenschutz und faire Teilhabe aller. Diese Perspektiven müssen mitgedacht und mit gesteuert werden.

Nach sechs Jahren in der Diskussion hat nun auch die FDP verstanden, dass ihr Leitsatz „Digital first, Bedenken second“ im Umgang mit Technologie unreflektiert und gefährlich ist. Die Gefahr ist dabei, den Status quo durch verzerrte Daten im Training zu zementieren. Urheberrechtsfragen bleiben ungeklärt. Die Öffentlichkeit ist im Diskurs über Künstliche Intelligenz noch nicht weit genug.

Der Antrag hat aber auch einige Lücken beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz, vor allem bei ihrer Regulierung. Sie reden nur davon, über das Thema zu sprechen. Aber Sie trauen sich nicht, einzufordern, dass KI und ihre Anwendung auch reguliert und kontrolliert werden muss.

Nicht jede KI hat das gleiche Risiko. Chatbots zu nutzen und nicht rechtliche Fragen zu beantworten, ist etwas anderes als KI, die dazu verwendet wird, Missbrauchsdarstellungen zu finden, oder sogar dabei assistieren kann, Richter*innensprüche zu verfassen.

Außerdem ist KI nicht gleich KI. Was haben Klassifikationen von Röntgenaufnahmen, gute Spielstrategien für Schach und Co, ChatGPT und selbstfahrende Autos gemeinsam? Alles fällt unter Künstliche Intelligenz. Aber die Ansprüche an Korrektheit, Datenbasis und Lernmethoden sind dabei gänzlich unterschiedlich. Diese Differenzierung muss in der Diskussion um KI, in ihrer Regulierung und auch in ihrem Einsatz jederzeit beachtet werden.

Was Regulierung angeht, geht die EU mit ihrem AI Act mit gutem Beispiel voran. Im Gesetz zur Künstlichen Intelligenz will sie zahlreiche Perspektiven implementieren, um die Harmonisierung der Vorschriften voranzutreiben. Das beinhaltet beispielsweise ganz klar Transparenz und Bereitstellung von Informationen für die Nutzer*innen, Risikomanagement, Datengovernance, Qualitätsmanagementsysteme und viele weitere Dinge.

Präsident André Kuper: Frau Kollegin, ich muss Sie kurz unterbrechen, weil es den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus den Reihen der FDP gibt. Möchten Sie sie zulassen?

Julia Eisentraut (GRÜNE): Sehr gerne.

Präsident André Kuper: Herr Dr. Pfeil hat das Wort.

Dr. Werner Pfeil (FDP): Frau Eisentraut, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – All das, was Sie sagen, unterstreiche ich; all das ist richtig. Meine Frage lautet: Ist nicht gerade deswegen, weil Sie so viele Fragestellungen haben, die Diskussion auch hier im Parlament notwendig? Darum geht es ja in diesem Antrag.

(Beifall von der FDP und der SPD)

Julia Eisentraut (GRÜNE): Zu dem Punkt komme ich gleich. – Künstliche Intelligenz muss klar reglementiert werden. Genau dafür braucht es wissenschaftlich fundierte, datenschutzrechtliche und intersektionale Perspektiven.

Was es nicht braucht, ist, der Fraktion der FDP bei den Diskussionen um eine Strategie zum Umgang mit KI und Legal Tech in der Justiz von Bund und Ländern explizit einen Sitzplatz zu reservieren. Zu dieser Strategie wird es sicher auch eine öffentliche Diskussion geben – ganz einfach, weil es sie schon seit Jahren gibt. Wir biegen jetzt nur auf die konkrete Zielschiene ein.

Der Überweisung an den Ausschuss stimmen wir selbstverständlich zu.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)