Dr. Julia Höller: „Wir gehen konsequent auch in diesem Bereich gegen Kriminelle vor“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zur Organisierten Kriminalität

Portrait Dr. Julia Höller

Dr. Julia Höller (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Eine Milliarde Euro pro Jahr: Damit könnten wir jedes Jahr eine Besoldung nach A13 für alle Lehrerinnen und Lehrer bezahlen oder zehn Autobahnbrücken reparieren. Wir könnten aber auch Schulen, Freibäder oder Sportplätze sanieren, kommunale Altschulden tilgen oder die Energiewende in unserem Land beschleunigen.

Eine Milliarde Euro: Das ist die Summe an Steuergeldern, die uns in NRW im Jahr 2021 durch Organisierte Kommunität verloren gegangen ist.

Ja, wir haben in Deutschland und auch in NRW ein Problem mit Organisierter Kriminalität. Es ist aber bei Weitem nicht so, dass die Landesregierung hier nichts tut – im Gegenteil. Zur Wahrheit gehört aber auch: Es ist nie genug.

Deshalb ist es so gut, dass wir demokratischen Fraktionen hier geschlossen hinter unseren Ermittlungsbehörden stehen.

Unser Dank gilt den ermittelnden Beamtinnen und Beamten, die teils trotz erheblicher Einschüchterungsversuche und unter schwierigen Sicherheitslagen für Sicherheit in unserem Land sorgen. Am heutigen Tag danke ich insbesondere den Einsatzkräften, die heute weltweit und auch in NRW Razzien gegen die Mafia durchgeführt haben.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

Erst im März 2023 haben wir in diesem Plenum über die Einrichtung eines Landesfinanzkriminalamts debattiert. Wir schaffen damit eine schlagkräftige Einheit, die eine noch bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei, Zoll und Bundesbehörden ermöglicht. Damit hat NRW eine Vorreiterrolle zur Bekämpfung von Steuerkriminalität.

Ich höre Gemurmel. Wahrscheinlich denken Sie: Ja, aber die kriminellen Clans! Warum sagt sie nichts dazu? – Natürlich hat die Landesregierung alle organisierten kriminellen Strukturen im Blick. Wir gehen konsequent auch in diesem Bereich gegen Kriminelle vor. Das sollten wir aber eben nicht durch eine Pauschalisierung aller Menschen eines bestimmten Familiennamens tun.

(Beifall von den GRÜNEN)

Und wissen Sie was? Während wir uns hier im Plenum und in Ausschüssen immer wieder über sogenannte Klimakleber oder Clankriminelle fetzen und ernsthaft darüber debattieren, ob Straßenblockierende die Kosten für den Polizeieinsatz tragen sollen, lachen sich doch die Mafiabosse und Drogenkartellchefs in Deutschland in ihrem – ich zitiere das Lagebild des LKA – „Ruhe- sowie Rückzugsraum und Investitionsgebiet“ ins Fäustchen.

(Beifall von den GRÜNEN und Elisabeth Müller-Witt [SPD] – Zurufe von der FDP)

Die machen sich einen Champagner auf und lachen, wenn bei einer Razzia im Ruhrgebiet mal wieder ein vierstelliger Bargeldbetrag als Schwarzgeldkasse gefunden wurde oder ein Rocker bei einer Schleierfahndung festgenommen wurde.

Denn das subjektive Sicherheitsempfinden wird nicht maßgeblich durch die Mafia oder durch organisierte Umweltkriminalität beeinflusst und auch nicht durch Rocker oder sogenannte Clans; da schon eher. Die mediale Aufmerksamkeit liegt eben nicht auf den Feldern der Organisierten Kriminalität, die am meisten Schaden anrichten und die mächtigsten internationalen Strukturen haben – eben auch, weil diese im Verborgenen wirken.

Was bedeutet das für uns? Welchen Phänomenen Organisierter Kriminalität widmen wir uns mit den Ressourcen, die trotz jeder Erhöhung der Einstellungszahlen der Polizei am Ende des Tages immer begrenzt sind? Die Antwort darauf ist nicht einfach. Dennoch: Wir als Koalition – dafür bin ich dem Innenministerium sehr dankbar – investieren auch jenseits des Blitzlichtgewitters in die Bekämpfung Organisierter Kriminalität, zum Beispiel der Umweltkriminalität. Ich gebe zu, dass diese versteckte Form der Kriminalität irgendwie wenig catchy ist. Aber es ist mit enormen Vermögensabschöpfungsmöglichkeiten verbunden. Im LKA wird eine sechsköpfige Vernetzungsstelle Umweltkriminalität neu eingerichtet. Gemeinsam mit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft …

(Beifall von der CDU)

– Ja, ihr dürft gerne klatschen.

(Beifall von der CDU)

Das ist nämlich genau der Punkt. Wir gehen diese versteckte Form der Kriminalität an, die mit enorm hohen Gewinnen einhergeht und unsere Umwelt nachhaltig schädigt. Die beste Waffe, das beste Instrument gegen organisierte Kriminelle ist die Vermögensabschöpfung. Auch hier – das zeigt das Lagebild – werden wir immer besser. Das ist nicht nur schlecht für die Kriminellen, sondern auch gut für die Staatskasse.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Schaffen wir es, die Organisierte Kriminalität aus dem Dunkelfeld ins Hellfeld zu ziehen und bestmöglich zu bekämpfen? Wenn nicht wir hier in NRW, wer denn dann? Das tun wir mit dem Vorhaben im Koalitionsvertrag, mehr Dunkelfeldstudien durchzuführen, und mit unseren hervorragenden Ermittlerinnen und Ermittlern. Wir stärken das Personal. Wir stärken die Strukturen. Wir setzen Spezialistinnen und Spezialisten ein. Ich wäre fast versucht, zu sagen: Wir zeigen null Toleranz. – Vielen Dank. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall von den GRÜNEN)

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