Anja von Marenholtz: „Wir als grüne Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen stehen geschlossen und entschieden hinter dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk“

Zum Entwurf der Landesregierung für das 20. Rundfunkänderungsgesetz

Portrait Anja von Mahrenholtz

Anja von Marenholtz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Während wir hier sprechen und diskutieren, arbeiten viele Hundert Kilometer entfernt in russischen Desinformationsfabriken von Putin beauftragte Trolle daran, Fake-News in unser System einzuspeisen, Einfluss auf Politik und Gesellschaft zu nehmen, allgemein Angst zu schüren und Fakten zu verschleiern.

In unmittelbarer Gleichzeitigkeit dieser Angriffe sieht sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland mit der harschen und an vielen Stellen ungerechtfertigten Kritik von weniger demokratischen, aber auch von demokratischen Parteien konfrontiert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ist ein Privileg, das Menschen in Ländern wie Russland, Polen oder Ungarn nicht oder nicht mehr zur Verfügung haben, eine Säule der Aufklärung und der verlässlich recherchierten und unabhängigen Berichterstattung.

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Wir als grüne Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen stehen geschlossen und entschieden hinter dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Auch wenn die AfD das nicht gut findet: Er ist Träger des demokratischen Diskurses und ist Zulieferer verlässlicher Informationen für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])

Eine langfristige Verlässlichkeit und das Vertrauen der Gesellschaft kann aber nur gewährleistet sein, wenn sich das Instrument ÖRR stetig und auch selbst kontrolliert und auch stets eigeninitiiert modernisiert. Wir begrüßen die im novellierten Medienstaatsvertrag vorgesehene Stärkung der Rundfunkräte. Um ein durchgängiges Vertrauen aller zu erhalten, braucht es starke Aufsichtsgremien in den Anstalten.

(Beifall von den GRÜNEN – Sven Werner Tritschler [AfD]: Die müssen Sie erst mal bilden!)

Bei dieser Aufsichtsfunktion soll allgemein eine stärkere gesellschaftliche Beteiligung vorherrschen. Der in Brüssel aktuell diskutierte European Media Freedom Act ist zwar in seiner grundsätzlichen Idee richtig, in der aktuellen Form aber weniger. Die föderalen und verlässlichen Medienaufsichten in Deutschland müssen weiter ihre Funktion wahrnehmen können; denn dass ein gutes und staatsfernes System wichtig ist, liegt, glaube ich, bei fast jeder Fraktion hier auf dem Tisch und befindet sich im Bewusstsein.

Wir setzen großes Vertrauen in die Reformbereitschaft, die seitens des WDR geäußert worden ist, und freuen uns auf eine zeitnahe und effektive Umsetzung. Außerdem begrüßen wir, dass sich die Anstalten zu Compliance-Fragen hohe Selbstverpflichtungen auferlegt haben.

Bei jeglichem Reformbedarf sprechen wir uns dennoch gegen eine „diktierte Programmreduzierung“ der Rundfunkanstalten aus. Ein breites Programmangebot bedeutet auch immer, einen breiten Teil der Bevölkerung erreichen zu können. Dazu zählt ausdrücklich auch das Unterhaltungsangebot des WDR, das einen wichtigen Teil dazu beiträgt, wiederum Aufmerksamkeit für das gesamte Angebot, im Besonderen das Informationsangebot, zu schaffen.

Die hier vorgelegte dritte Novellierung des Medienstaatsvertrages sieht eine größere Freiheit der Sender bei der Einstellung oder Überführung von Sparten bzw. Kanälen ins Onlineangebot in Abstimmung mit den Kontrollgremien vor. Verloren gehen diese aber hoffentlich nicht.

Weiter appellieren wir an die Anstalten, die Effizienz ihrer Produktionen und Abläufe stetig zu erhöhen und selbstständig Einsparmaßnahmen anzustrengen, und zwar, wie bereits gesagt, ausdrücklich nicht zu Lasten der Programmgestaltung, sondern bei Organisations- und Verwaltungsaufgaben.

Unsere Ziele sind ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der weiterhin durch seine unabhängige und stark recherchierte Berichterstattung überzeugt und die Bürgerinnen durch alle Gesellschafts- und Altersschichten hindurch erreicht. Es braucht eine pluralistische Besetzung der Stellen, um eine inklusive Berichterstattung gewährleisten zu können.

Die Novellierung, welche einige Bundesländer schon unterschrieben haben, geht den richtigen Schritt. Sie bietet bereits jetzt richtige und wichtige Neuerungen für Aufsichtsgremien, die Möglichkeit der flexibleren Angebotsgestaltung und damit auch der Qualitätsverbesserung. Wir sehen jedoch klar, dass es voran geht. Aber wir sehen auch: Nach der Novelle ist vor der Novelle.

Wir stimmen der Überweisung zu. – Ich bedanke mich.

(Beifall von den GRÜNEN)

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