Dr. Robin Korte: „Die interkommunale Zusammenarbeit ist zuallerst eine Form der kommunalen Selbstverwaltung“

Zum Antrag der FDP-Fraktion zur interkommunalen Zusammenarbeit

Portrait Robin Korte

Dr. Robin Korte (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass unsere Kommunen und die Fragen interkommunaler Zusammenarbeit in dieser Plenarwoche so weit vorne auf der Tagesordnung stehen. Insofern einen herzlichen Dank an die FDP für diesen Input, den wir in den kommenden Wochen im Fachausschuss noch eingehender diskutieren werden.

Die Themen, die Sie, Herr Wedel, in Ihrem Antrag aufgreifen, nämlich die interkommunale Zusammenarbeit und eine smarte, also durch digitale Anwendungen unterstützte Stadtentwicklung, haben in der Tat einiges gemeinsam.

Diese Themen sind nicht neu. Seit vielen Jahren wird im Landtag, aber auch in den Kommunen selbst über die enormen Chancen durch eine Ausweitung der Zusammenarbeit vor allem zwischen den kleineren Gemeinden gesprochen, um so für mehr Effizient und Effektivität in unseren Kommunalverwaltungen zu sorgen und die Gewährleistung der kommunalen Daseinsvorsorge für unser soziales und wirtschaftliches Zusammenleben insgesamt zu stärken.

Auch „Smart City“ ist kein neuer Begriff, sondern einer, unter dem schon seit Jahren die verschiedensten Ansätze zur Digitalisierung kommunaler Servicefunktionen in der Stadtentwicklung subsumiert werden. In der Einleitung Ihres Antrags haben Sie dazu einige interessante Beispiele aufgeführt: adaptive Straßenbeleuchtung, die automatische Füllstandsmeldung von Abfallcontainern, digitalisierte Verkehrsleitsysteme. All das sind Funktionen und Systeme, die den Alltag in der Stadt leichter und lebendiger machen können und die in unseren Kommunen dort, wo es sinnvoll ist, verfolgt werden sollen, auch schon verfolgt werden.

Ich möchte aber ein kleines Fragezeichen dahinter, ob wir dabei in jedem Aspekt über die zentralen Herausforderungen unserer Zeit oder nicht eher über ein schönes Add-on im Sinne von „nice to have“ reden, setzen, wo wir im Hinblick auf die Digitalisierung unserer Kommunen besser klare Prioritäten setzen sollten, als allzu kleinteilig zu werden.

Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass sich die Themen „interkommunale Zusammenarbeit“ und „Digitalisierung“ prominent im Koalitionsvertrag der regierungstragenden Fraktionen von CDU und Grünen und damit natürlich auch im Arbeitsprogramm des Kommunal- und Digitalisierungsministeriums finden. So war es eine der ersten Amtshandlungen von Frau Ministerin Scharrenbach, die gute Arbeit der Stabstelle „interkommunale Zusammenarbeit“ auch für die aktuelle Wahlperiode zu sichern. Dafür möchte ich mich bei der Ministerin bedanken. Herrn Hunsteger-Petermann als zuständigem Landesbeauftragten möchte ich insbesondere dafür danken, dass er der Stärkung unserer Kommunen beim Ausbau ihrer Zusammenarbeit mit seiner Erfahrung weiterhin zur Seite steht.

Damit hat die Arbeit freilich erst begonnen, und wir werden im Ausschuss noch ein wenig darüber diskutieren und erörtern müssen, ob und inwieweit uns der vorliegende Antrag bei dieser Arbeit weiterbringt. Die Einleitung Ihres Antrags, lieber Herr Wedel, listet wirklich einige nette Beispiele auf. Wenn ich das jedoch hinter mir lasse und in den Beschlussteil blicke, kommen mir gewisse Zweifel, ob Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, die beiden Themen „Digitalisierung“ und „interkommunale Zusammenarbeit“ auf eine sinnvolle Weise in einem Antrag zusammengebracht haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Ich nenne dazu einige Beispiele. Die Umsetzung von Smart City-Projekten im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit ist sicherlich denkbar und wünschenswert. Die interkommunale Zusammenarbeit ist jedoch zuallerst ein Ausdruck und eine Form der kommunalen Selbstverwaltung. Da bin ich nah beim Kollegen Frieling. Das entspricht auch dem Beispiel, das Frau Kollegin Ellen Stock gerade aus ihren Erfahrungen in Lippe berichtet hat. Auch da war es offenbar eine Initiative, die aus den Kommunen kam.

(Zuruf von Ellen Stock [SPD])

Das bedeutet, dass die kommunalen Akteure die Schwerpunkte ihrer Arbeit und ihrer Zusammenarbeit zuallererst selbst bestimmen müssen, wobei die Schwerpunkte von Projekt zu Projekt sowie von Kommune zu Kommune durchaus unterschiedlich sein können und sollen.

Das Gleiche gilt für die sogenannten Shared Service Center. Auch das sind zunächst Orte kommunaler Selbstverwaltung, die wir in den kommenden Jahren intensiv fördern und die Kommunen dahin gehend beraten werden, die aber ebenso aus den Kommunen heraus angestoßen, mit Leben gefüllt und zum Erfolg geführt werden müssen. Ihre Idee eines gemeinsamen kommunalen Verwaltungszentrums – um das einmal zu übersetzen –, das von oben herab beim Ministerium angesiedelt sein soll, erschließt sich mir daher auf Anhieb zumindest nicht.

Dann wollen Sie noch – darauf sind Sie in Ihrer Rede auch eingegangen, lieber Herr Wedel – aus den Erfahrungen der digitalen Modellkommunen lernen. Das ist erst einmal nachvollziehbar; schließlich haben Sie in der Zeit Ihrer Landregierung eine Menge Landesmittel hineingesteckt, nämlich insgesamt ca. 84 Millionen Euro. Wir hatten dagegen eher den Eindruck, dass es sich vielleicht eher um ein Verlegenheitsprogramm mit nicht ganz so viel greifbaren Ergebnissen gehandelt haben könnte, weil Ihnen der Pack-an fehlte, die Digitalisierung der Kommunen wirklich in die Fläche zu tragen.

Genau darum muss es aber gehen: keine weiteren Nischenlösungen, die nur in Ihrer Modellregion funktionieren und nicht noch mehr Klein-Klein fürs Schaufenster schaffen, sondern digitale Lösungen, die in der Breite funktionieren, die für unsere Kommunen und ihre Mitarbeiter*innen unkompliziert und leicht zugänglich sind und die sich darauf konzentrieren, wo die Masse der Verwaltungsprozesse anfällt – und das vom Bürger*innenkontakt bis zum Abschluss des Prozesses stringent durchdigitalisiert.

Lassen Sie uns daran gerne gemeinsam im Ausschuss weiter arbeiten. Der Überweisung des Antrags in den Ausschuss stimmen wir selbstverständlich zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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