I. Ausgangslage
Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) werden unseren Alltag verändern. Gerade dort, wo große Datenmengen verarbeitet werden müssen, kann KI unterstützen und dabei helfen, große Fragen und Herausforderungen unserer Zeit zu lösen, bei denen der Mensch an seine Grenzen stößt – wie bei der Berechnung von komplexen Modellen zum Klimawandel, dem Schutz der Umwelt oder besseren Verkehrsströmen und autonomem Fahren. Der Anwendungsbereich von Künstlicher Intelligenz hat sich in den vergangenen Jahren rapide erweitert. KI ist heutzutage nicht mehr reine Theorie, sondern eine praktisch anwendbare Schlüsseltechnologie, die in vielen Gebieten bereits Vorteile in der praktischen Anwendung bietet, insbesondere im operativen Bereich. Dabei werden bei KI humane Fähigkeiten wie Lernen, Planen oder Problemlösen in Computersystemen umgesetzt. Somit kann KI eigenständig abstrakte Aufgaben und Probleme bearbeiten. Durch die Verknüpfung von komplexen Datenmengen können KI-Systeme neue Erkenntnisse generieren, mit denen sich vorhandene Prozesse verbessern oder neue datengetriebene Geschäftsmodelle erarbeiten lassen. Zudem gibt es fortwährend neue Entwicklungen im Zusammenhang mit KI. Dabei unterscheidet sich ihr Einsatz je nach Bereich. Zudem spielen hochwertige Daten eine signifikante Rolle, denn eine KI ist generell nur so schlau, wie die Daten, mit denen sie gespeist wird.
KI hat Einfluss auf Prozesse im Bildungswesen. Zuletzt hat der Textgenerator ChatGPT für Aufsehen gesorgt und im Bildungsbereich Diskussionen angeregt, welche Auswirkungen eine solche KI auf den Bildungssektor hat. So ist ChatGPT in der Lage auf Anfrage Texte zu produzieren, bis hin zu ganzen Hausarbeiten. Im Schulbereich werden im Regelfall die relevanten Leistungsüberprüfungen unter Aufsicht durchgeführt, so dass die Überprüfung der durch Schülerinnen und Schüler selbstständig erbrachten Leistungen gewährleistet ist. Doch bei Prüfungsformen wie Hausarbeiten, Portfolios, Arbeitsmappen oder Lesetagebüchern, die teilweise über Wochen von den Schülerinnen und Schülern zu Hause erledigt werden, lässt sich die eigenständige Leistungserbringung deutlich schwerer überprüfen.
Lehrkräfte sind, auch bedingt durch die feste Zusammensetzung von Klassen und Kursen, zwar eher dazu in der Lage einzuschätzen, ob die vorliegende Textproduktion der Schülerin beziehungsweise des Schülers selbst erarbeitet wurde, aber die Leistungen von Schülerinnen und Schüler von dem Produkt einer ausgereiften KI abzugrenzen, wird für sie eine Herausforderung sein.
Bezüglich der Auswirkungen KI-generierter Texte auf die Hochschulen wird derzeit durch das Projekt KI:edu.nrw an der Ruhr-Universität Bochum ein Rechtsgutachten erarbeitet, das sich mit den Auswirkungen in Studium und Lehre befassen soll.
Die Auswirkungen der Weiterentwicklung von KI auf Lernen und Lehren sind derzeit nicht vollständig absehbar. Umso bedeutender ist es daher, Lehrende und Lehrkräfte sowie junge Menschen für den entsprechenden Umgang zu schulen und eine adäquate Medienkompetenz zu vermitteln. Auch die Weiterbildungseinrichtungen können hier im Sinne des lebenslangen Lernens einen wichtigen Beitrag leisten, grundlegende Digitalkompetenzen und einen verantwortungsbewussten Umgang mit KI an verschiedene Generationen und Zielgruppen zu vermitteln.
Nordrhein-Westfalen verfügt über eine breite wissenschaftliche Expertise im Bereich der KI-Forschung, die international hohes Ansehen genießt. Laut der KI-Landkarte für Nordrhein-Westfalen, der Kompetenzplattform KI.NRW, gibt es mittlerweile mehr als 200 Akteure, Einrichtungen oder Projekte in Nordrhein-Westfalen, die sich mit Aspekten von KI beschäftigen. Mit Einrichtungen wie dem „Center for Advanced Internet Studies (CAIS)“ in Bochum, dem „Lamarr-Institut für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz“ mit seinen Standorten in Bonn, Dortmund und Sankt Augustin sowie weiteren Instituten haben führende KI-Forschungseinrichtungen der Spitzenklasse ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen. Neben technologischen Lösungen und Anwendungen stehen hier auch Forschungsfragen, wie die Realisierung von vertrauenswürdigen KI-Anwendungen oder zum fruchtbaren Zusammenspiel von Bildungstechnologien und Künstlicher Intelligenz, im wissenschaftlichen Fokus.
Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN wird diese wissenschaftliche Kompetenz und Erfahrung nutzen und einbinden, um sicherzustellen, dass nicht nur bestimmte Geschäftsmodelle von KI profitieren, sondern auch hohe ethische Maßstäbe und Nachhaltigkeitsansprüche erfüllt werden.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Die Entwicklungen von KI wirken sich auf sämtliche gesellschaftliche Bereiche aus.
- Digitale Systeme müssen vertrauenswürdig sein. Dazu gilt es nur transparente und diskriminierungsfreie Algorithmen einzusetzen.
- KI wird sich fortwährend entwickeln und erfordert eine entsprechende Handlungskompetenz, um angemessen mit ihr umgehen sowie von ihr profitieren zu können.
- Medienkompetenz ist elementar, um den neuen Herausforderungen und Potenzialen von KI zu begegnen.
- KI ist als Chance zur Verbesserung, Ergänzung und Optimierung im Kontext des Lehrens und Lernens in der digitalen Welt zu verstehen, aber auch die Risiken müssen analysiert und eingeordnet werden.
- Selbstständige Leistungserbringung der Schülerschaft und der Studierenden muss auch weiterhin im Fokus des Bildungswesens stehen. Dabei werden Prüfungsanforderungen und Aufgaben für die Lernenden zukünftig teilweise neu zu definieren sein. Schulen und Hochschulen werden ihre Aufgabenkulturen weiterentwickeln müssen; im Besonderen hinsichtlich der Anforderungsbereiche des Transfers und der Reflexion.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- die herausragende Expertise der KI-Forschung in Nordrhein-Westfalen weiter zu stärken und zu unterstützen, dass neben der technologischen Entwicklung auch die ethischen, rechtswissenschaftlichen, ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Auswirkungen von KI betrachtet werden.
- einen Dialog mit Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu starten, um Wege hin zu transparenten und diskriminierungsfreien Algorithmen zu erörtern.
- innerhalb des Verbunds der Digitalen Hochschule NRW die Hochschulen zu ermutigen, Überlegungen zum zielgerichteten und gewinnbringenden Einsatz von KI-Anwendungen im Hochschulbereich anzustellen.
- fortwährend zu prüfen, wie KI sinnvoll und datenschutzkonform in alle Lehr- und Lernprozesse der Bildungskette integriert werden kann. Hierbei sind didaktische und pädagogische Voraussetzungen zu berücksichtigen. Auch die Frage, welche Anforderungen sich für die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Hochschulen, Schulen und Weiterbildungseinrichtungen ergeben, ist hier einzubeziehen.
- im Austausch mit den Hochschulen und der Schulaufsicht, Weiterbildungseinrichtungen, Lehrerinnen und Lehrern, Schüler- und Elternvertretungen zu erörtern, welchen Einfluss KI auf Prüfungsformen hat.
- Prüferinnen und Prüfer bei der Durchführung von Leistungsüberprüfungen zu unterstützen, damit diese die eigenständige Erarbeitung der zu Prüfenden erkennen können.
- zu prüfen, welche Chancen KI im Schulunterricht bietet, um zur Gewährleistung der individuellen Förderung in Lehr- und Lernszenarien beizutragen, z. B. durch Lern-Tools.
- Projekte wie „KI:edu.nrw“ im Rahmen bereiter Haushaltsmittel zu fördern und bedarfsgerecht auszubauen, die sich auf den Einsatz von Learning Analytics und Künstlicher Intelligenz zur Verbesserung von Studium und Lehre fokussieren.
- im fortlaufenden Austausch mit den Beteiligten Potenziale von technischen Entwicklungen, pädagogischen Perspektiven sowie möglichen Risiken und Konsequenzen im Bildungswesen zu identifizieren und Schulungsangebote im Rahmen bereiter Haushaltsmittel zu machen sowie diesbezüglich den Wissenstransfer von der Forschung in die praktische Anwendung in Bildungseinrichtungen zu fördern.
- die Medienkompetenz bereits bei der Schülerschaft und der Studierenden zu stärken, um den kompetenten und reflektierten Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu eröffnen und zu vermitteln. Entsprechend ist das Thema KI in den Medienkompetenzrahmen NRW zu verstärken.