Anja von Marenholtz: „Es soll auch in Zukunft weiterhin Medienvielfalt gewährleistet werden“

Portrait Anja von Mahrenholtz

Anja von Marenholtz (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! In sozialen Medien wird dieser Tage von einer schlimmen Nebenwirkung der Coronaschutzimpfung berichtet, die Empfänger der Pfizer-Impfung unkontrolliert zum Schütteln bringt.

Ein besonderer gemeinsamer Aspekt dieser Nebenwirkung ist, dass sie in einer höchst erstaunlichen, überproportionalen Verteilung bei sehr konservativen republikanischen Politiker*innen auftritt.

Das ist ein Beispiel von vielen, welches zeigt: Eine Bevölkerung, die nicht sachlich und neutral über eine solche Desinformationskampagne aufgeklärt wird und umfassend über aktuelle Ereignisse informiert bleibt, läuft schnell Gefahr, von gezielt platzierten Lügen gespalten zu werden.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland erfüllt in seiner ganz überwiegenden Breite einen umfassenden Informationsauftrag. Er ist in der Regel gut recherchiert, neutral und trägt einen erheblichen Teil zur demokratischen Bildung in unserem Land bei.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Sollte es bei diesen Worten den einen oder anderen Politiker aus weniger demokratischen Lagern unkontrolliert schütteln, dann nehme ich dies als Nebenwirkung sehr gerne in Kauf.

So, wie die Bevölkerung einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk braucht, so braucht auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Zustimmung und die Akzeptanz der Bevölkerung. Um das in Zukunft auch zu gewährleisten, braucht es in der Tat Reformen und Modernisierungen der Instanz.

Einzelne Fehler in Recherchen kommen vor. Das wird sich nie ganz ändern und verhindern lassen. Mauscheleien und Skandale wie beim rbb dürfen allerdings nicht vorkommen. Zu diesem Zweck sieht die dritte Novellierung des Medienstaatsvertrags bereits erste Schritte in Richtung Compliance-Vorgaben und Stärkung der Aufsichtsgremien vor, die dann in Zukunft erweitert werden können und sollen.

Ebenfalls Teil der dritten Novellierung ist die Reduzierung von Sendern, ähnlich wie von der FDP-Fraktion in diesem Antrag gefordert. Demnach liegt es fortan in der Hoheit der unabhängigen Anstalten, ob einzelne Spartensender notwendig sind.

Das bedeutet aber nicht, dass wir als Politik dazu keine Haltung haben dürfen. Ich sage Ihnen klar: Ich persönlich gehöre zum Phoenix-Fanclub.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Einsparungen, um unter anderem den Rundfunkbeitrag in Zeiten steigender Energie- und Personalkosten zu stabilisieren, sind definitiv notwendig. Eine Zusammenlegung von ARD und ZDF lehnen wir aber entschieden ab. Es soll auch in Zukunft weiterhin Medienvielfalt gewährleistet werden. Ein einziges, bundesweites Vollprogramm ließe keinen Platz mehr für Konkurrenz zwischen den Anstalten und würde auch zulasten von innovativen Ideen gehen. Konkurrenz belebt eben bekanntlich das Geschäft, auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Möglichkeiten für Einsparungen sehen wir daher besonders auf der Verwaltungs- und nicht auf der Programmseite. Beispielsweise ließen sich die Organisationseinheiten kleinerer Senderanstalten relativ problemlos zusammenlegen, ohne dass dies gleichzeitig Einbußen bei Programmvielfalt und Qualität mit sich bringt.

(Beifall von den GRÜNEN und Thorsten Schick [CDU])

Im Hinblick auf eine notwendige vielfältige Berichterstattung halte ich diese Option für deutlich aussichtsreicher.

Darüber hinaus können Einsparungen nicht die einzige Komponente sein, die bei einer möglichen Reform des ÖRR beleuchtet werden. Es sollte viel weiter auch das Ziel sein, den ÖRR wieder zu einem Medium zu machen, das wirklich die Gesamtheit der Bevölkerung zu erreichen vermag.

Die Anstalten müssen dafür vor allem im Online-Bereich gestärkt werden. Der TikTok-Kanal der Tagesschau geht dabei mit gutem Beispiel voran. Es reicht längst nicht mehr, den Offline-Content eins zu eins in die sozialen Medien zu übertragen, vielmehr braucht es eine gezielte Anpassung der Inhalte an die jeweiligen Kanäle.

Unser Anspruch ist es, dem ÖRR insgesamt deutlich mehr Inklusivität zu ermöglichen. Das beginnt bei Diversität durch alle Instanzen der Anstalten bis hoch in die Intendanz bei stärkerer Barrierefreiheit der Informationsangebote. Auch hier wieder Phoenix: Dort läuft die Tagesschau mit Gebärdensprache und einem nachhaltigerem Gesamtkonzept.

Wir begrüßen die Aussicht auf eine vielfältig besetzte und unabhängige Expert*innenkommission für die anstehenden Reformen.

Aufs Grundsätzliche heruntergebrochen fordert der vorliegende Antrag eine ganz richtige Sache: die Modernisierung des ÖRR und die Sicherung seiner gesellschaftlichen Akzeptanz.

Des Weiteren fordern die Kolleg*innen der FDP-Fraktion jedoch gravierende Maßnahmen zulasten der Programmvielfalt, die wir so nicht mittragen können. Trotzdem stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss zu und freuen uns auf weitere Debatten. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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