Dr. Gregor Kaiser: „Der Schutz der Vielfalt und auch deren Wiederherstellung sind wichtige Aufgaben des Staates und auch aller seiner Bürgerinnen und Bürger“

Zum Entwurf der Landesregierung zum Haushaltsgesetz 2023, Einzelplan Landwirtschaft - zweite Lesung

Dr. Gregor Kaiser (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Der neue Einzelplan 15 des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz umfasst ungefähr 783 Millionen Euro und ist somit einer der kleineren Etats, die heute zur Debatte stehen. Er beinhaltet über 50 Millionen Euro für den Verbraucherschutz, rund 300 Millionen für die Landwirtschaft sowie rund 131 Millionen Euro für den Bereich „Wald“.

Lassen Sie mich zu dem letztgenannten Bereich noch ein bisschen weiter ausführen, denn zu den Themen „Verbraucherschutz“ und „Landwirtschaft“ haben die Kollegen Höner, Rüße und Peill schon einiges gesagt bzw. werden dies im Nachgang noch tun.

Wir werden hier auch morgen früh, in gut elf Stunden, noch eine inhaltliche Debatte im Rahmen der Aktuellen Stunde zum Thema „Wald“ führen. Das ist auch gut so, denn der Wald ist eine unserer wichtigsten Lebensgrundlagen. Er ist hochgradig vernetzt, wichtig für Sauerstoffproduktion, Lärm- und Erosionsschutz, Holz, Wasserreservoire, Erholung und last, not least Artenvielfalt bzw. biologische Vielfalt.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Der Schutz der Vielfalt und auch deren Wiederherstellung sind wichtige Aufgaben des Staates und auch aller seiner Bürgerinnen und Bürger. Es ist mir gerade heute wichtig, dies zu erwähnen, denn vor wenigen Stunden ist die COP 15 gestartet, die Vertragsstaatenkonferenz zur Konvention über die biologische Vielfalt. Kollege Wille und Minister Krischer haben es vorhin schon angesprochen. Im kanadischen Montreal entscheidet sich, ob es der Menschheit gelingen wird, die Biodiversitätskrise entscheidend zu bekämpfen. Wir hier in NRW legen auch mit unseren Haushaltsansätzen im Bereich „Wald“ Grundlagen dafür, sei es durch Mittel für zusätzliche Wildnisgebiete oder, wie ich es auch formulieren würde, für Referenzflächen für natürliche Waldentwicklung. Denn diese brauchen wir, um die Vielfalt der Baumarten wieder ins Land zu bekommen. Wir brauchen Wildnisflächen aber auch, um eben jene internationale Verpflichtungen zu erfüllen, denen die Bundesregierung und auch die Länder zugestimmt haben, und für die biologische Vielfalt, auch die der Pilze, Bodenlebewesen und Insekten.

Wir unterstützen die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer mit einem Sofortprogramm für die forstlichen Zusammenschlüsse, welches wir vor wenigen Wochen hier beschlossen haben. Damit können sich diese wieder um ihren Wald und auch um die Vielfalt im Wald kümmern und gehen nicht in formalisierten Geschäftsführungstätigkeiten unter.

Auch mit den Verbissgutachten unterstützen wir die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, fördern damit aber zugleich die biologische Vielfalt. Denn es zeigt sich, dass der zu hohe Rehwildbestand in vielen Regionen unseres Landes ein begrenzender Faktor sowohl für eine natürliche Waldentwicklung als auch für die wiederaufgeforsteten und gegebenenfalls mit Steuergeldern finanzierten Jugendpflanzen ist. Mit den Gutachten kann dies dann vor Ort belegt und es kann entsprechend gegengesteuert werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Nicht zuletzt sorgen wir mit vielen Millionen Euro im Rahmen der GAP und der Schmallenberger Erklärung für eine Unterstützung der privaten und kommunalen Waldbesitzerinnnen. Somit wird das Land seiner Aufgabe, sich für den Wald einzusetzen, den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern in den Zeiten größter Umbrüche zur Seite zu stehen und auch einen handlungsfähigen Landesbetrieb zu unterhalten, voll gerecht.

Nun aber doch noch einmal zur Landwirtschaft. Diese steht heute vor großen Herausforderungen. Das ist schon angesprochen worden. Vor allem die Dürren der vergangenen Jahre und somit der Klimawandel mit all seinen massiven Auswirkungen sowie seit Frühjahr dieses Jahres der Krieg Russlands gegen die Ukraine bestimmen viele der agrarpolitischen Debatten. Die Weichen, die auf Bundesebene im Sinne einer notwendigen Veränderung der Landwirtschaft diskutiert werden – Stichworte: „Tierhaltungskennzeichnung“, „Borchert-Kommission“, „Zukunftskommission“ –, gehen in die richtige Richtung.

In der vergangenen Legislatur hat der Landtag NRW bereits mit einer Enquetekommission zur Landwirtschaft – Kollege Brockes hat es vorhin angesprochen – einen umfassenden Katalog mit Maßnahmen erarbeitet und vorgelegt, von denen wir einen nicht unerheblichen Teil in den Koalitionsvertrag aufgenommen haben und umsetzen werden. Zu erwähnen sind hier zum Beispiel die Strategie zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln inklusive Beratung und Förderung für die Landwirte, der Schutz landwirtschaftlicher Flächen als nicht vermehrbares Gut, ein bürokratiearmes Sofortprogramm zur Unterstützung der bäuerlichen Familienbetriebe, aber auch eine Stärkung der Landestierschutzbeauftragten oder auch eine Verbesserung der Haltung von Nutztieren im Rahmen einer Nutztierhaltungsstrategie. Für alle diese Punkte und noch einiges mehr haben wir Mittel im Haushalt vorgesehen.

In diesen Zeiten multipler Krisen einen Haushalt aufzustellen, ist keine einfache Herausforderung. Aber wir lassen weder die Bäuerinnen und Bauern noch die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer im Stich. Wir stimmen diesem Einzelplan zu. – Herzlichen Dank

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)