Laura Postma: „Zudem müssen die vielen Tarifgrenzen ebenso fallen wie das ‚Fahrkartenabitur‘ für den Ticketautomaten“

Zum Antrag der SPD für ein 9-€-Nachfolgeticket

Portrait Laura Postma

Laura Postma (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 52 Millionen verkaufte Tickets, deutliche Verlagerungseffekte zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs und 1,8 Millionen Tonnen CO2-Einsparung in drei Monaten sind die Ergebnisse einer Studie des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen. Und auch die Aussagen des Verkehrsclubs Deutschland, des Städte- und Gemeindebundes, der Verbraucherzentrale und vieler weiterer Initiativen machen deutlich: Das 9-Euro-Ticket war ein Erfolg.

Erst gestern hat die Ministerpräsidentenkonferenz festgehalten – ich zitiere aus dem Beschluss –, dass „ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs deutlich erhöht.“

Es hat die Menschen in dieser herausfordernden Zeit finanziell entlastet und Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglicht. Es hat gezeigt, dass die Bevölkerung ein großes Interesse am öffentlichen Nahverkehr hat. Es ist eine Alternative zum täglichen Stop-and-Go im Stau; vor allem dann, wenn es einfach und bezahlbar ist. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass es eine Nachfolgelösung für dieses Ticket gibt.

Das 9-Euro-Ticket hat aber auch offengelegt, was jahrelang vernachlässigt worden ist und wir nun dringend nachholen müssen, nämlich den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Mit mehr Fahrgästen und um den ländlichen Raum besser anzuschließen, brauchen wir auch mehr Angebote, mehr Schienenstrecken, mehr Bahnen und mehr Busse, mehr Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Zudem müssen die vielen Tarifgrenzen ebenso fallen wie das „Fahrkartenabitur“ für den Ticketautomaten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Im dritten Entlastungspaket der Bundesregierung ist eine Nachfolge für das 9-Euro-Ticket vorgesehen, an deren Finanzierung sich die Länder nach aktuellem Stand zur Hälfte beteiligen sollen. Wie und ob so ein bundesweit nutzbares Ticket mit dem angekündigten Beitrag des Bundes von 1,5 Milliarden Euro ausgestaltet sein wird, wird aktuell noch geklärt.

Eines ist aber heute schon klar: Die Länder können nicht im gleichen Maße eine Kofinanzierung für ein neues Ticket stemmen und parallel den Kommunen ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, um die gestiegenen Energiekosten auszugleichen und das ÖPNV-Angebot aufrechtzuerhalten geschweige denn auszubauen. Realität ist nämlich, dass in diesen Wochen in den Verkehrsverbünden über Tariferhöhungen abgestimmt wird, um nur das aktuelle Angebot weiterführen zu können. Viele Kommunen stehen darüber hinaus angesichts des nächsten Haushalts bereits mit dem Rücken zur Wand.

Das ist die aktuelle Lage, in der wir uns befinden. Vor diesem Hintergrund stellen Sie als SPD-Fraktion hier einen Antrag, der vollkommen daran vorbeigeht. Er reiht sich in eine Vielzahl von Anträgen ein, die in ihrer Summe keinesfalls das von Ihnen vielbeschworene Entlastungspaket darstellen. Sie werfen im Gegenteil mit diesen Anträgen nur möglichst laut völlig überzogene finanzielle Forderungen in den Raum, ohne zu sagen, woher das viele Geld kommen soll.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Das zeugt nicht von verantwortungsvoller Oppositionsarbeit, sondern spricht eher dafür, dass Sie vielleicht noch nicht aus dem Wahlkampfmodus herausgefunden haben. In fast allen Bundesländern nämlich, in denen die SPD in Regierungsverantwortung ist, lautet das Motto: Erst wenn wir wissen, wie viel Geld zur Verfügung steht und wie die geplanten Hilfen des Bundes konkret aussehen werden, können wir auf Landesebene weitere Schritte gehen.

Im Übrigen haben auch Ministerinnen und Minister der SPD aus anderen Ländern aus der Verkehrsminister*innenkonferenz heraus eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die zeitnah einen Vorschlag zur Umsetzung eines Nachfolgetickets machen wird. Hier parallel, sozusagen im Alleingang, zu versuchen, in der Finanzierungsfrage nicht konkreter zu werden als gegebenenfalls eine Kofinanzierung aufzusetzen, ist schlicht als unverantwortlich zu bezeichnen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU )

Was wir in dieser Debatte aktuell wirklich brauchen, sind verlässliche Aussagen und ein klares Signal aus dem Bund dazu, wie die Länder und Kommunen bei der Lösung der aktuellen Probleme mit den gestiegenen Energiepreisen und beim Ausbau des Angebots unterstützt werden können.

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat gestern deutliche Forderungen formuliert. Die Regionalisierungsmittel müssen sowohl strukturell erhöht wie auch an die aktuellen tatsächlichen Kosten angepasst werden. Gleichzeitig bedarf es zusätzlicher, notwendiger Beiträge für ein dauerhaft günstiges und attraktives Tarifmodell. Wir sind optimistisch, dass die von den Landesverkehrsminister*innen eingesetzte Arbeitsgruppe hierzu Möglichkeiten einer Umsetzung aufzeigen wird. Sie können sich sicher sein: NRW wird seinen Beitrag dazu leisten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der hier vorliegende Antrag der SPD ist dafür keine Basis und gibt keine Antworten auf die anstehenden Herausforderungen. Deswegen werden wir ihn ablehnen.

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