Jule Wenzel: „Mehr miteinander und nicht gegeneinander“

Zum Antrag der SPD-Fraktion auf Unterstützung sozialer Einrichtungen

Portrait Jule Wenzel (c) M Laghanke

Jule Wenzel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Gestatten Sie mir vorab einen Blick auf die Lage in der Ukraine. Denn während wir uns in diesem Parlament vor allen Dingen mit den innenpolitischen Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine beschäftigen, ist es mir auch ein persönliches Anliegen, dass wir nach den Reisen der letzten Woche eines Parlamentariers aus diesem Haus eine klare Verurteilung dessen aussprechen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

In der vergangenen Woche stellte die UN fest, dass in Kiew, Tschernihiw, Charkiw und Sumy Kriegsverbrechen begangen wurden.

Wladimir Putin dreht weiter an der Eskalationsspirale, indem er die Teilmobilmachung anordnet und im Osten weitere Teile des Landes durch Scheinreferenden annektieren will.

Diese Entwicklungen bestürzen mich. Sie machen mich fassungslos. Wir stehen als demokratische Fraktionen in diesem Parlament Seite an Seite mit den Menschen in der Ukraine. Sie sind fest in unseren Gedanken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die sozialen Einrichtungen – Alten- und Pflegeheime, die Lebenshilfe, Krankenhäuser und weitere – stehen in der aktuellen Energiekrise genau vor den Herausforderungen, vor denen gerade auch viele mittelständische und kleine Betriebe stehen.

Ob es die Pflege unserer Großeltern, die Frühchen-Station in der Klinik oder der Inklusionsbetrieb ist: Sorge-Arbeit ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Sie hat unser aller Respekt und unsere Aufmerksamkeit verdient.

(Beifall von den GRÜNEN)

Und die Lage ist ernst. Denn natürlich sind es steigende Gaspreise, die den sozialen und gesundheitsbezogenen Einrichtungen zu schaffen machen. Aber dazu kommen noch die steigenden Stromkosten und die ebenfalls rasant steigenden Lebensmittelpreise.

Ja, wenn wir verhindern wollen, dass viele Pflegeeinrichtungen und unser soziales Sicherungsnetz in die Krise schlittern, dann muss Politik handeln.

Das dritte Entlastungspaket hat viele gute Maßnahmen vorgeschlagen: eine Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket, direkte Zahlungen für Renter*innen und Studierende, ein Bekenntnis zum Ausbau der erneuerbaren Energien, die Einführung des Bürgergeldes sowie eine Erhöhung des Wohngeldes und mehr Berechtigte.

Ein Schutzschirm für soziale und gesundheitsbezogene Einrichtungen, wie ihn im Übrigen auch die SPD-Bundestagsfraktion vor der Verhandlung gefordert hat, hätte da gut hineingepasst.

Daher ist es gut, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach jetzt ein Energiepaket zumindest für Kliniken und Pflegeheime in Angriff nehmen möchte.

Liebe SPD-Fraktion, ich wünsche mir von Ihnen, dass Sie dem Seite an Seite mit uns Nachdruck verleihen und bei Herrn Lauterbach dafür anklopfen, dass die Bundesregierung da auch ihre Verantwortung wahrnimmt.

(Beifall von den GRÜNEN – Lena Teschlade [SPD]: Ihr müsst selber etwas machen!)

Aber es ist natürlich klar, dass wir uns hier nicht aus der Verantwortung stehlen werden.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Kolleginnen und Kollegen, die Maßnahmen der Entlastungspakete der Bundesebene – als Spitzenreiter sei von mir persönlich gerade die kalte Progression genannt – werden unseren Landeshaushalt massiv belasten.

(Thorsten Klute [SPD]: Also doch!)

Die Debatte des heutigen Tages hat gezeigt, dass wir mehr miteinander und nicht gegeneinander arbeiten müssen, um unseren finanziellen Handlungsspielraum zu erhalten. Es tut uns allen gut, wenn wir uns für eine gerechte Belastungsverteilung zwischen Bund und Land einsetzen und auch darüber hinaus der aktuellen Krise den Stellenwert geben, den sie verdient. Nur dann werden wir als Land überhaupt in der Lage sein, zusätzlich gezielt zu helfen.

Deshalb dürfen wir, während die Ministerpräsidentenkonferenz tagt, nicht in einen Überbietungswettbewerb verfallen, wer wie schnell die höchsten Entlastungspakete fordert, ohne dafür einen Finanzierungsvorschlag vorzulegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir müssen einen Schritt nach dem anderen gehen. Wir müssen uns mit klugem Kopf und klarer Finanzlage anschauen, welche Lücken wir auf Landesebene noch schließen müssen, um der sozialen Krise zu begegnen und unserem Beitrag, die Bürger*innen und die Unternehmen in unserem Land zu entlasten, gerecht zu werden. Denn dann können wir die anstehenden Beratungen in den Ausschüssen in der ganzen Breite und mit der notwendigen Ernsthaftigkeit führen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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