Norwich Rüße: „Das zeigt, dass es Ihnen nur um billige Effekthascherei geht“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zur heimischen Landwirtschaft

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich diesen Antrag sah, habe ich noch mal überlegt, worüber ich in der letzten Legislatur zum Schluss gesprochen habe.

(Zuruf von der SPD: Über Brokkoli?)

Es war der Bericht zur Enquetekommission zur Zukunft der Landwirtschaft.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich habe mich dann daran erinnert, wie viele Sitzungen wir dazu hatten. Es waren 28. Das musste ich, ehrlich gesagt, natürlich nachgucken. Wir hatten über 50 externe Sachverständige, und bis auf eine Fraktion haben alle gut und konstruktiv mitgearbeitet. Diese eine Fraktion war komplett destruktiv und hat sich an der Entwicklung von 165 Handlungsempfehlungen nicht beteiligt.

Jetzt kommen Sie mit diesem Antrag und wollen uns erzählen, was man alles machen müsste.

Wir haben für die Landwirtschaft 165 Handlungsempfehlungen, und wir haben gemeinsam vereinbart, dass diese in den nächsten Jahren unsere Richtschnur sein sollen. Das sind 165 Handlungsempfehlungen einer Enquetekommission, die insbesondere die bäuerliche Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen in den Mittelpunkt stellt.

Wenn man hier mit einem solchen Antrag schon so kurzfristig aufschlägt, dann ist das Mindeste, das ich erwartet hätte, dass man vorher mal in den Koalitionsvertrag guckt.

Sie kommen mit einem Antrag, in dem Sie fordern, dass die Grunderwerbssteuer verändert, abgeschafft wird. Genau das steht aber im Koalitionsvertrag. Das große Problem, das die Landwirtschaft hat, ist die doppelte Grunderwerbssteuer im Falle des Ziehens des Vorkaufsrechts. Das sagt Ihnen jetzt nichts.

(Beifall und Heiterkeit von den GRÜNEN und der CDU)

Aber genau die muss wegfallen; denn sie ist absolut ungerecht. Darum werden wir uns kümmern.

Wenn Sie in den Koalitionsvertrag geschaut hätten, dann hätten Sie auch gesehen, dass wir ein Sofortprogramm für die bäuerliche Landwirtschaft auflegen wollen, mit dem wir ausdrücklich kleine und mittlere Betriebe, die bestimmte andere Förderprogramme nicht mehr erreichen, gezielt unterstützen werden.

Wir haben uns in den letzten fünf Jahren auch ausdrücklich und viel – Sie waren ebenfalls dabei – über die Frage der Weidetierhaltung unterhalten. Genau das finden Sie jetzt im Koalitionsvertrag. Dort steht, dass das Ministerium diesbezüglich etwas machen wird und wir auch an der Stelle etwas vereinfachen wollen, damit die Betriebe wirklich unterstützt werden.

Wenn man das alles zusammennimmt und noch dazunimmt, dass wir einen Schwerpunkt auf die Außer-Haus-Verpflegung legen wollen, damit unsere Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen die Menschen in Nordrhein-Westfalen über die Kantinen und Mensen in unserem Bundesland erreicht, wir die Ökomodellregionen noch mal stärken wollen und es als Paket sehen, was in diesem Koalitionsvertrag gerade zum Bereich „Landwirtschaft“ steht, erübrigt sich Ihr Antrag meiner Meinung nach komplett.

Das Mindeste wäre aus meiner Sicht außerdem, dass man einer neuen Ministerin und uns als Fraktionen die Zeit gibt, die von uns angestrebten Ziele voranzubringen. Man käme dann mit einem solchen Antrag vielleicht in einem Jahr und würde fragen: Was ist denn daraus geworden? Warum machen Sie nichts? Das wäre etwas Anderes. Bereits jetzt mit diesem Antrag zu kommen, zeigt hingegen, dass es Ihnen nur um billige Effekthascherei geht.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der CDU: Bravo!)

Auch meine Vorredner haben die Widersprüchlichkeit in Ihrem Antrag angesprochen. Sie beklagen, wir würden die Landwirtschaft in der Wettbewerbsfähigkeit am globalen Markt behindern, und sprechen sich für mehr Direktvermarktung aus. Dann ist laut Ihnen die Grundsteuer ein Riesenproblem. Natürlich wird es da Änderungen in der Berechnungsgrundlage geben.

Das Interessante ist aber, dass die Grundsteuer A in keinem Bundesland so niedrig ist wie in Nordrhein-Westfalen. Wir haben die Grundsteuer B, aber das ist eine andere Debatte. Allerdings liegt doch gerade die Grundsteuer A deutlich unterhalb der Grundsteuer A zum Beispiel in Niedersachsen oder in Hessen, wo sie extrem hoch ist. Das Problem ist hier von daher nicht so groß.

Zum Punkt der Hofnachfolge hat der Kollege Höner bereits einiges gesagt, und es ist geradezu lächerlich, was Sie dazu schreiben; denn das zeigt, dass Sie null Ahnung haben, was in diesem Bereich der Landwirtschaft passiert. Die rechtlichen Regelungen dazu, wie die Hofnachfolgeregelung zu passieren hat, sind sehr gut. Wir haben vielmehr das Problem, dass viele junge Bäuerinnen und Bauern den Hof einfach nicht mehr übernehmen wollen, weil die wirtschaftlichen Perspektiven nicht stimmen. Das ist das Problem, und daran müssen wir etwas ändern. Die Regelungen müssen wir an dieser Stelle allerdings nicht verändern.

Sie haben sich bei der Enquetekommission damals im Prinzip an den Spielfeldrand gestellt, rumgenörgelt und rumgestänkert. Ich kenne so etwas, denn ich habe in meiner Jugend viel Fußball gespielt. Mir waren es immer die liebsten Zuschauer, die von außen kommentiert haben, was ich auf dem Platz alles falsch mache. Wenn man die dann einwechselt und sie mitspielen, stellt man fest, dass sie den Ball gar nicht treffen.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

So ist es Ihnen jetzt gegangen. Sie sind mit Ihrem Antrag aufs Spielfeld gegangen und haben sich dabei wirklich beide Beine gebrochen. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

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