Arndt Klocke und Johannes Remmel: Recht auf Wohnen in die Verfassung

Liebe Leserinnen und Leser,

unser gemeinsames Grünes Ziel ist, dass alle Menschen in NRW in Wohnungen leben können, die ihren Bedürfnissen angemessen, bezahlbar und von guter baulicher Qualität sind. Aber der Mangel an Wohnraum in unseren Städten macht deutlich, dass dies insbesondere in den Ballungszentren für viele Menschen nicht gegeben ist. Die Frage der Verfügbarkeit von Flächen ist damit eine maßgebliche Voraussetzung für Teilhabe und soziale Gerechtigkeit, hierbei darf nicht allein der Markt und Gewinnstreben der Maßstab sein. Denn das Gemeinwohl leidet, wenn die Verfügbarkeit von Boden bzw. Flächen nicht im Sinne eines Grundrechtes auf Wohnen für alle Menschen gewährleistet ist.

Im März-Plenum des Landtags haben wir GRÜNE deshalb einen Antrag „Recht auf Wohnen“ eingebracht. Im Kern geht es darum, durch die Aufnahme eines Anspruchs auf angemessenen und bezahlbaren Wohnraum für alle Bürger*innen in die Landesverfassung die staatlichen – vor allem auch die kommunalen – Handlungsoptionen für die Generierung von Flächen für den preiswerten und sozialen Wohnungsbau zu stärken und so mehr dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Mithilfe eines Rechtsgutachtens haben wir vorab geklärt, ob und wie ein solcher Rechtsanspruch umgesetzt werden könnte. Dabei ist festzuhalten, dass es in mehreren Bundesländern, wie z.B. in Bayern und Sachsen eine entsprechende Formulierung in deren jeweiligen Landesverfassung bereits gibt, die ihren Ursprung in der Weimarer Reichsverfassung hat. Nordrhein-Westfalen hingegen hat bislang nur eine Staatszielbestimmung aufgenommen, die zwar die Grundlage beispielsweise für individuelle Hilfen wie das Wohngeld oder die Wohnraumförderung des Landes bildet, aber sich daraus keine rechtlichen Vorgaben ableiten, zum Beispiel eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik anzugehen. Eine nachhaltige und gerechte Bodenpolitik soll von daher in der Landesverfassung als Ziel definiert werden, damit es in vielen Bereichen wirksam werden kann, z.B. in der Raumordnung des Landes NRW mit dem Landesentwicklungsplan und mit der Regionalplanung, bei den Grundsteuern und der Grunderwerbssteuer, im Grundstücksverkehrsgesetz und in einer öffentlichen Bodensicherungs- und -vorsorgepolitik.

Die Formulierung in der bayrischen Landesverfassung könnte sinngemäß ein Vorbild auch für eine Änderung der NRW-Verfassung hinsichtlich einem „Recht auf Wohnen“ sein. Dort heißt es in Artikel 161 Absatz 2: „Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.“ In NRW wären mit „die Allgemeinheit“ vor allem die Kommunen angesprochen, denn die Liegenschafts- und Grundstückspolitik zählen zum Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung. Die Kommunen sollen bei der Flächenpolitik Instrumente nutzen, die Spekulation mit dem dann öffentlichen Grund und Boden verhindern. Diese Instrumente könnten einfach gesetzlich geregelt werden. Dazu zählen z.B. die Vergabe von Erbbaurechten, die Verpflichtung zu Konzeptvergaben oder Regelungen, welche vorsehen, Bebauungspläne erst dann zu erstellen, wenn sich mindestens 50 Prozent der Grundstücke – wie beispielhaft in der Stadt Münster angewendet – in kommunaler Hand befinden.

kloFür die Versorgung mit Wohnraum und eine aktive Bodenpolitik müssen die Kommunen in die Lage versetzt werden, dies mit auskömmlicher Personal- und Finanzausstattung tun zu können. Die Situation in den meisten Wohnungsmärkten in NRW zeigt außerdem, dass damit auch das Interesse zukünftiger Generationen, eine angemessene Wohnung zu finden, zunehmend verletzt wird. Auch unter diesem Aspekt ist ein verfassungsmäßiges Recht auf Wohnen wichtig, denn damit wird für die Kommunen eine Grundlage im Bereich Daseinsvorsorge Wohnen geschaffen sowie für eine vorsorgende Flächen- und Bodenpolitik. Deshalb haben wir die Landesregierung aufgefordert, eine Verfassungsänderung zu erarbeiten. Zwar wurde der Antrag – wie alle parlamentarischen Initiativen von uns – mit Mehrheit von CDU und FDP abgelehnt, wir setzen aber darauf, das Thema nach der Landtagswahl erneut aufzurufen und dann aktiv an der Ausgestaltung mitwirken zu können.

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