Mehrdad Mostofizadeh: „Solche Situationen müssen im Interesse der betreuten Personen unbedingt verhindert werden“

Zum Entwurf der Landesregierung zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Am 16. März 2022 hat der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales Sachverständige zum Betreuungsrecht angehört. Dabei wurde deutlich, dass das Gesetz dringend notwendig ist und schnell verabschiedet werden sollte. Auf Bundesebene wurde das Betreuungsrecht neu organisiert und das muss in NRW nachvollzogen werden, damit Rechtsklarheit herrscht.

In einer Frage waren sich alle Sachverständigen einig: Das Vorhaben der Landesregierung, das Landesamt für Finanzen Nordrhein-Westfalen als überörtliche Betreuungsbehörde festzulegen und von Dienstunfähigkeit bedrohte Beamtinnen und Beamte als Betreuerinnen und Betreuer einzusetzen, ist keine gute Idee.

Zunächst zum LaFin: Es passt nicht ins System, eine Behörde, die sich außerhalb des Betreuungswesens befindet, mit Aufgaben aus dem Betreuungsrecht zu betrau-en. Die Sachverständigen befürchten Doppelzuständigkeiten, die Verwirrung stiften. Einige Sachverständige halten diese Festlegung für rechtswidrig, da laut Bundes-recht eine solche Aufgabe nicht auf das LaFin übertragen werden könne. Diese Problematik ist keine Banalität. Sollte diese Übertragung angefochten werden, könnte daraus folgend sogar die Bestellung einer Betreuerin oder eines Betreuers durch das LaFin für nichtig erklärt werden. Solche Situationen müssen im Interesse der betreuten Personen unbedingt verhindert werden.

Das Betreuungsrecht ist sehr komplex. Die Betreuerinnen und Betreuer müssen sehr gut qualifiziert sein, um dem Aufgabenspektrum gerecht zu werden. Sie müssen sich mit dem gesamten Sozialleistungsrecht auskennen und für ihre Klientinnen und Klienten gesundheitliche Themen, privatrechtliche Fragen und Mietangelegenheiten klären. Dabei vertreten sie den Willen der betreuten Person und müssen entsprechend soziale Kompetenzen mitbringen. Die Aufgaben können durchaus emotional belastend sein.

Bei allem Engagement für ihre neue Aufgabe ist die Regelung, von Dienstunfähigkeit bedrohte Beamtinnen und Beamten als Betreuerinnen und Betreuer einzusetzen, nicht zielführend. Sie zieht vielmehr beamtenrechtliche Fragen nach sich. Dabei geht es um die unterschiedlichen Laufbahnen, gehobener und höherer Dienst, und die der Laufbahn entsprechende Besoldung. Der Aufwand dieser Änderung steht in keinem Verhältnis zu der Zahl der in Frage kommenden Personen. Da wäre es einfacher, die interessierten Beamtinnen und Beamten an die örtlichen Betreuungsbehörden abzuordnen. Dort sollten sie Aufgaben, die ihrer Qualifikation entsprechen, wahrnehmen.

Um die Qualität der Betreuung zu verbessern, halten die Sachverständigen es für nötig, mehr Dolmetscherinnen und Dolmetscher, insbesondere für Gebärdensprache, einzusetzen. Außerdem sind Zusatzqualifikationen insbesondere für die Zielgruppe der drogenabhängigen jungen Menschen notwendig, da die Betreuung dieser Gruppe besonders intensiv ist und neben dem Fachwissen pädagogische Qualifikationen erfordert.

Die kommunalen Spitzenverbände befürchten, die mit den gestiegenen Anforderungen im Betreuungsrecht einhergehenden steigenden Kosten allein ausgleichen zu müssen. Dass die Regierungskoalition hier mit einem unabhängigen Gutachten nachbessern will, ist zu begrüßen. Wir hätten erwartet, dass die Landesregierung diese wichtige Frage im Laufe der Erarbeitung des Gesetzentwurfs klärt.

Deshalb enthalten wir uns zum Gesetzentwurf und zum Änderungsantrag (Drucksache 17/17002). Dem zweiten Änderungsantrag (Drucksache 17/17019) stimmen wir zu.

 

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