Monika Düker: „Das ist die Dokumentation Ihres Scheiterns“

Zur Aktuellen Stunde auf Antrag der GRÜNEN im Landtag zu den kommunalen Altschulden

Monika Düker (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Nettelstroth, im Wahlprogramm 2017 haben Sie den Wählerinnen und Wählern versprochen, den Abbau der Altschulden in dieser Legislaturperiode einzuleiten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Im Koalitionsvertrag heißt es unmissverständlich: Der Stärkungspakt sollte zu einer kommunalen Kredithilfe weiterentwickelt werden. – Was passierte nach der Unterschrift unter den Koalitionsvertrag? – Nichts.

Anderthalb Jahre später konnte man von der Ministerin in der Rheinischen Post immerhin eine Ankündigung lesen. Am 27. November 2018 sagten Sie der Rheinischen Post, Frau Ministerin, dass es eine kommunale Kredithilfe noch in dieser Legislaturperiode geben soll. Sie sagten sogar konkrete Vorschläge durch Ihr Haus – Achtung! – Anfang 2019 zu.

Wieder ein Jahr später gab es nicht wie angekündigt konkrete Vorschläge, sondern die Ministerin machte im November 2019 erst einmal eine Fachtagung mit dem – Achtung! – wegweisenden Titel: „Abbau und Vermeidung kommunaler Kassenkredite – Wie könnte es gehen?“

Zweieinhalb Jahre nach Regierungsbezirk fragt diese Ministerin Fachleute, wie es gehen könnte. Ich habe mich gefragt: Was macht die Ministerin eigentlich beruflich?

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von SPD)

Nach der Tagung gab es immerhin wieder Äußerungen, Ankündigungen und Erklärungen, das sei eine riesige Herausforderung. Frau Ministerin, Sie sagten aber auch – wie gesagt, wir sind Ende 2019 –: Die Zeit drängt.

Von der Fachtagung bis zum Beginn der Coronapandemie passierte was? – Genau, gar nichts. Waren der Druck und die Not ohne Lösung der Altschuldenproblematik für die Kommunen nicht schon groß genug, so wurden die Kommunen auch in der Pandemie von dieser Regierung im Regen stehen gelassen.

Ihre Schönrednerei, Herr Nettelstroth und Frau Ministerin, können nicht über Fakten und Zahlen hinwegtäuschen. Ich nenne nur einige:

Der Ausgleich der Mindereinnahmen im Gemeindefinanzierungsgesetz wurde von Ihnen kreditiert.

(Beifall von der SPD)

Es hätte die Möglichkeit gegeben, diesen Ausgleich über den Rettungsschirm mit richtigem Geld abzudecken; dafür war der Rettungsschirm auch da.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das sind 1,4 Milliarden Euro mehr auf dem Schuldenberg der Kommunen. Ihre Coronamehraufwendungen durften die Kommunen – welche Gnade – bilanziell isolieren, aber sie bekamen von Ihnen keine Euro erstattet. Laut Städtetag summiert sich das nur für die Städte schon auf 3,5 Milliarden Euro, die zusätzlich auf den Schuldenberg gekommen sind.

Sie haben den Kommunen in den letzten Jahren trotz Ankündigung nicht nur nicht aus der Altschuldenproblematik geholfen. Nein, Sie haben sie mit den Coronakosten weiter in die Schuldenspirale getrieben. Das ist die Wahrheit. Sie können das anhand der Zahlen auch nachprüfen. Da hilft Ihr Schönreden wirklich nicht mehr.

(Beifall von den GRÜNEN)

So können Kommunen nicht annähernd die notwendigen Investitionen finanzieren. Und die Anforderungen sind hoch: Klimaanpassung, Klimaschutz, Digitalisierung, Mobilitätswende, Schulsanierung. Wie wir in einer der letzten Anhörungen im HFA erst wieder gehört haben, besteht Schulsanierungsbedarf in Höhe von weiteren 9 Milliarden Euro. „Gute Schule 2020“ ist ausgelaufen. Was haben Sie gemacht? Sie haben dieses Programm nicht verlängert. Es hätte aber verlängert werden müssen. Auch hier werden die Kommunen alleine gelassen. Das können sie so nicht stemmen, insbesondere diejenigen nicht, die, wie Sie wissen, in Haushaltsnöten sind. Und der Investitionsstau ist riesig. Die Zahl von 138 Milliarden Euro bundesweit ist immer noch im Raum.

Was den Stärkungspakt angeht, wollten Sie die Hilfen fortsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie haben sie aber eingestellt. So werden die Erfolge des Stärkungspakts zunichtegemacht. Die Investitionsfähigkeit der Kommunen ist nicht gegeben. Das ist Ihre bittere Bilanz. Das Zinsrisiko durch die Inflation – Sie haben es auch erwähnt – kommt für die Kommunen noch obendrauf.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Als ich am Sonntag „Westpol“ schaute, habe ich mir, Frau Ministerin, bei Ihren Zitaten doch ein bisschen die Augen gerieben. Ich dachte mir: Wenn man sechs Wochen vor der Wahl einen Vorschlag zur Lösung der Altschuldenproblematik in wenigen Wochen ankündigt, dann will man eines offensichtlich nicht: diesen Vorschlag auch umsetzen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Hans-Willi Körfges – leider – und Herr Höne, die Nummer mit den Soaps funktioniert nicht. Diesen Cliffhanger gibt es in Soaps, aber nicht in der Politik. Sie müssen hier und jetzt tätig werden. In dieser Legislaturperiode haben Sie Ihre Versprechungen nicht erfüllt. Das Verschieben in die nächste Legislaturperiode, Frau Ministerin, ist Ihr Offenbarungseid. Das ist die Dokumentation Ihres Scheiterns. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)