Kommunalinfo: Ergebnisse der Enquetekommission zur Zukunft der Landwirtschaft in NRW

Portrait Norwich Rüße

Handout zu den Ergebnissen der Enquetekommission V

Liebe Freundinnen und Freunde,

unser Ernährungssystem befindet sich im Wandel. Die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte hin zu einer immer intensiveren Landwirtschaft zeigen, dass wir zu gesünderen Ernährungs- und nachhaltigeren Produktionsweisen kommen müssen, die Menschen, Tiere, das Klima und die Umwelt schützen. Diese Anforderungen stellen auch die landwirtschaftlichen Betriebe in Nordrhein-Westfalen vor immense Herausforderungen. Um zukunftsorientierte Lösungsansätze zu finden hat der Landtag NRW im Mai 2020 eine Enquetekommission eingesetzt. Gemeinsam mit externen Sachverständigen hatte die überfraktionelle Arbeitsgruppe den Auftrag, abseits des politischen Tagesgeschäfts über die Zukunft der Ernährungssystem in NRW konsensorientiert und umfassend zu informieren und  praxisorientierte Handlungsempfehlungen abzugeben. Mittlerweile hat die Kommission ihren Abschlussbericht vorgelegt. Den Bericht könnt Ihr hier abrufen. Einen Überblick über die zentralen Fragen und die wichtigsten Handlungsempfehlung haben wir Euch im Folgenden sowie im Anhang noch einmal zusammengefasst.

Viele Herausforderungen für eine zukunftsfeste, naturverträgliche Landwirtschaft

Artensterben, Klimawandel und Pandemie. Die Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen wird von der Vielzahl bestehender Krisen beeinflusst. Gleichzeitig trägt sie selber durch Treibhausgasemissionen und intensive Bewirtschaftung zur Verschärfung der Probleme bei. In diesem Zusammenhang fordern immer mehr Verbraucher*innen mehr Tierwohl sowie Klima- und Umweltschutz bei der Lebensmittelproduktion. Der Lebensmitteleinzelhandel greift diese Forderungen in Teilen auf. So steigt beispielsweise die Anzahl der angebotenen Biolebensmittel an und in den Regalen lassen sich immer mehr pflanzliche Alternativen zu tierischen Produkten finden. Viele Landwirt*innen profitieren jedoch kaum von diesen Entwicklungen. Die Erzeuger*innenpreise sind vielfach so niedrig, dass keine kostendeckende Produktion möglich ist. Verschärft wird diese Problematik durch die Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte, die vornehmlich auf Produktionssteigerung und Exportorientierung gedrängt hat, ohne entsprechende Kosten für Umwelt, Tiere und Menschen gegenzurechnen. Viele Betriebe in NRW können dem Druck nicht standhalten und geben auf.

Ganz aktuell verdeutlicht der Ukrainekrieg, wie wichtig eine starke regionale Grundlage für die Ernährung ist. Der mögliche Ernteausfall in der Ukraine und die damit verbundenen Probleme dominieren zurzeit die agrarpolitische Debatte. Doch drängende Probleme, die eine immer intensivere Landwirtschaft mitverursacht hat, bleiben weiterhin bestehen: der extreme Rückgang der Artenvielfalt sowie die Belastung unserer Umwelt mit Pestiziden und Nitrat. Diese Probleme gilt es jetzt zu lösen – sie dürfen nicht schon wieder auf die lange Bank geschoben werden!

165 Handlungsempfehlungen der Enquetekommission

Aus dieser komplexen Gemengelage ergaben sich für die Enquetekommission vielfältige Fragestellungen deren Beantwortung in insgesamt 165 Handlungsempfehlungen für die Landwirtschaft und Ernährungsumgebung in NRW mündete. Um die oben genannten Herausforderungen zu bewältigen bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes, der sowohl die Produktions- als auch Konsumseite mitdenkt. Zur Ausgestaltung einer nachhaltigen Landwirtschaft müssen insbesondere ökologische Produktionsmethoden, auch auf nicht biozertifizierten Betrieben, ausgeweitet und weiterentwickelt werden. Hierzu müssen u. a. Forschung, Entwicklung und Lehre im Bereich der ökologischen und nachhaltigen Agrarforschung ebenso wie regionale Wertschöpfungsstrukturen gestärkt werden. Diesbezüglich bietet die Außer-Haus- und Gemeinschaftsverpflegung einen zentralen Hebel. Durch eine Qualitätsoffensive in Betriebs-, Kita-, Schul-, oder Krankenhauskantinen können weitere Absatzmärkte für regionale und biologische Lebensmittel geschaffen werden. Einhergehen muss dies mit einem vielfältigeren Angebot rein pflanzlicher Gerichte und Strategien zur Reduktion von Lebensmittelabfällen. Hierbei spielt die kommunale Ebene eine wichtige Rolle. Ernährungspolitik muss in den Kommunen, wie z. B. bei Ausschreibeverfahren für Kita- und Schulmensen, in den Fokus rücken. Auch zivilgesellschaftliche Initiativen – von Ernährungsräten über Food-Sharing-Projekte bis hin zu Solidarischen Landwirtschaften – tragen zu einem nachhaltigen und gesunden Ernährungssystem bei und brauchen Unterstützung in Form von Beratungsmöglichkeiten oder Projektfördermitteln. Diese Ansätze können jedoch nur erfolgreich sein, wenn wir unsere Ernährung kritisch reflektieren. Denn mit dem was wir essen entscheiden wir mit, wie die Lebensmittel der Zukunft produziert werden und wo sie herkommen. Und damit auch über die Ausrichtung unserer Landwirtschaft und Form unserer Kulturlandschaften. Damit Verbraucher*innen ihre Entscheidung verantwortungsbewusst treffen können, braucht es ausreichend Information und Aufklärung zu Lebensmitteln und ihrer Herkunft, Qualität und Kennzeichnung sowie zur gesunden Ernährung. Bildungsangebote für Jung und Alt können helfen, diese individuelle Ernährungs- und Verbraucher*innenkompetenz zu stärken. Einen ausführlicheren Überblick über die wichtigsten Handlungsempfehlungen, die ihr in Teilen auch vor Ort umsetzen könnt, findet Ihr im Anhang dieser Kommunalinfo.

Bei Fragen zu den Ergebnissen der Enquetekommission stehen wir Euch gerne zur Verfügung. Meldet Euch dafür bei Patrick Motté, unserem zuständigen Referenten (patrick.motte@landtag.nrw.de oder 0211 884 2640).

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