Norwich Rüße: „Ich meine, dass der ländliche Raum eine eigene Gesellschaft braucht“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und GRÜNEN im Landtag zur Gründung einer Landgesellschaft

Portrait Norwich Rüße

Der Antrag

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr gerne tragen wir diesen Antrag mit, denn Nordrhein-Westfalen fehlt tatsächlich eine Landgesellschaft.

Nordrhein-Westfalen ist ein dicht besiedeltes Bundesland, und die Nutzungskonflikte in unserem Bundesland sind enorm. Wir brauchen immer wieder Fläche für Siedlungszwecke, für Gewerbegebiete, für Straßen, und wir haben – ich betone das immer wieder gerne – in den letzten fünf Jahrzehnten 400.000 ha landwirtschaftliche Fläche in eine andere Nutzung umgewidmet. Das heißt, mit den restlichen 1,4 Millionen Hektar, die noch da sind, müssen wir sparsam und geschickt umgehen, damit wir auch weiterhin gut Landwirtschaft betreiben können.

Die Aufgaben sind sichtbar. Es geht darum, Flächen arrondieren zu können, Flächen mit Betrieben tauschen zu können. Wenn wir die Wasserrahmenrichtlinie doch noch ein Stück weit beschleunigt umgesetzt bekommen wollen – das sollte ja unser gemeinsames Ziel sein –, dann brauchen wir einen Akteur, der dieses Flächenmanagement übernimmt. Das kann aus meiner Sicht nicht NRW.URBAN sein. Ich meine, dass der ländliche Raum an der Stelle eine eigene Gesellschaft braucht, die das ganz gezielt für den ländlichen Raum, für die Flächen im ländlichen Raum wahrnimmt.

Eine Landgesellschaft ist nicht nur dafür da, Flächen zu managen, sondern sie kann noch viel mehr. Sie kann Betriebe zum Beispiel bei Aussiedlungsfällen beraten. Auch das kann eine Landgesellschaft – oder konnte sie in NRW zumindest einmal. Es ist ja nicht so, dass wir das alles nicht schon mal hatten.

Bei dem Antrag ist mir persönlich eine Sache wichtig: Der Antrag geht nicht nur auf die Landgesellschaft, sondern auch auf die Zahlung der doppelten Grunderwerbsteuer ein. Das ist in der Tat ein großes Ärgernis, dass im Moment ein Landwirt bei Ausübung des Vorkaufsrechts bei den hohen Veräußerungspreisen – wir sprechen von bis zu 100.000 Euro je Hektar – auch noch zweimal die Grunderwerbsteuer zu zahlen hat, nur weil sozusagen ein Zwischenhändler auftaucht. Das wäre zurzeit NRW.URBAN. Die würden schließlich im Auftrag des Landwirts, der das Vorkaufsrecht wahrnimmt, die Fläche einmal ankaufen und dann im nächsten Schritt sofort wieder an den Landwirt weiterverkaufen, und beide Male müsste der Landwirt die Grunderwerbsteuer zahlen. Das geht nicht, und das muss auf alle Fälle geändert werden. Das wird in der Landwirtschaft auch als zutiefst ungerecht empfunden, und insofern sollten wir diesen Zustand tatsächlich beenden.

Die SPD – darauf möchte ich auch kurz eingehen – hätte, Frau Watermann-Krass, sich auch dem Antrag anschließen können. Das hätte dem Antrag sicherlich gutgetan, weil wir dann alle zusammen das Anliegen unterstützt hätten. Die Fraktionen von CDU und FDP sehen Ihren Entschließungsantrag deutlich kritischer, als ich ihn sehe. Ich finde, dass er auch gute Elemente enthält.

Tatsächlich muss man darüber nachdenken, ob man Pachtpreise nicht an Ertragswerte koppelt und ob man nicht an der einen oder anderen Stelle die Landwirtschaft vor sich selbst schützen muss. Wenn Pachtpreise von 1.400 oder 1.500 Euro je Hektar aufgerufen werden, dann ist das aus landwirtschaftlicher Bewirtschaftung gar nicht mehr zu erzielen. Vielleicht schafft man das durch Sonderkulturen, aber im normalen landwirtschaftlichen Betrieb geht das nicht. Mittlerweile ist der Pachtanteil bei den Betrieben so hoch, dass die Pachten ein relevanter Kostenfaktor sind. Insofern finde ich es wichtig, dass Sie diesen Punkt angesprochen haben.

Ob wir allerdings immer mehr Statistik brauchen, ob wir tatsächlich ein Agrarstrukturgesetz für Nordrhein-Westfalen brauchen – ich weiß, dass andere Bundesländer das haben –, da bin ich mir nicht so sicher.

Ich denke, es ist gut, dass wir uns heute in einem ersten Schritt darauf konzentrieren, ganz konkret zu sagen, dass wir diese Landgesellschaft wollen und dass Nordrhein-Westfalen die Zahlung der doppelten Grunderwerbsteuer abschafft. Diese beiden konkreten Punkte sind uns Grüne wichtig. Dann hat eine solche Landgesellschaft eine gute Zukunft und kann im Land im Interesse von Landwirtschaft, aber auch im Interesse von Natur und Umwelt – ich habe die Wasserrahmenrichtlinie erwähnt – viel steuern.

Wir tragen diesen Antrag heute gerne mit, und ich hoffe, dass ich gemeinsam mit Ihnen in der kommenden Legislatur – in dieser werden wir es nicht mehr schaffen – diese Landgesellschaft zum Leben erwecken werden. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

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