Arndt Klocke: „Was mir in diesen beiden Anträgen fehlt, sind Antworten auf die Frage, warum wir so wenig neugebauten Wohnraum schaffen“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Förderung von Wohneigentum

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die NRW-Koalition in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.

(Heiterkeit von der SPD – Zurufe von Rainer Schmeltzer [SPD] und Josefine Paul [GRÜNE])

Es sind jetzt Vierdreivierteljahre in dieser Legislaturperiode vergangen; schließlich sind es nicht einmal mehr drei Monate bis zur Landtagswahl. Ich bin wirklich immer auf gewisse Art und Weise davon fasziniert – ich meine das mit einer gewissen Ironie, aber auch mit einem gewissen Lob dafür –, dass man diese Wortstanzen über diese ganzen fast fünf Jahre durchdrehen und die Kosmetik und das Puder immer wieder über so eine dünne Bilanz drüber wienern kann.

(Heiterkeit von Christian Dahm [SPD])

Stephen Paul ist da wirklich ein Beispiel. Er nutzt sie immer wieder. Ich bin gespannt, was mit diesem Begriff am 16. Mai passieren wird. Schauen wir mal, was aus dieser Landesregierung wird. Die Umfragen sagen uns etwas anderes.

(Herbert Reul, Minister des Innern: Uh!)

Jetzt aber zu der Rede des Kollegen von der CDU. Ich mache mir immer die Mühe, die Anträge vorher durchzulesen, jedenfalls zu den Tagesordnungspunkten, zu denen ich spreche.

(Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)

Das Thema „energetische Sanierung“ bzw. „KfW 55“, „EE 40“ etc. habe ich in keinem der beiden Anträge gefunden. Wir haben hier einen ganzen „bunch of“ Anträge. Uns liegen vier zu einem Tagungsordnungspunkt vor. Aber das Thema habe ich bei keinem der Anträge gefunden. Wir sind im Wahlkampf – keine Ahnung, ob jetzt jemand zuguckt; da kann man das noch mal reindrehen. Aber wir sind in der Debatte doch auch schon weiter.

(Christian Dahm [SPD]: Ich nicht!)

Es gibt die klare Vorlage der Bundesregierung für eine Übergangslösung, die von der Wohnungswirtschaft begrüßt worden ist. Ich hatte vergangene Woche genau zu dieser Thematik noch eine Schalte mit Alexander Rychter vom VdW.

Natürlich war das ein heftiger Schritt. Er kam auch unvorbereitet und ist von unserer, also von nordrhein-westfälischer Seite kritisiert worden. Aber wir sind da auch schon einen Schritt weiter. Lieber Fabian Schrumpf, wenn man das schon als Thema setzt, hätte man das wenigstens erwähnen können.

Jetzt kommen wir aber zu den beiden Anträgen. Ich sage nicht: Das ist alles Unsinn. Das Projekt „Jung kauft Alt“ ist ein sehr gutes Projekt. Ich kenne es aus Ostwestfalen, aus meinem Heimatkreis Herford, wo die Stadt Hiddenhausen als erste damit rausgegangen ist. Ich komme auch aus einer solchen Region. Auch in unserer Familie wird vermutlich in den nächsten ein, zwei Jahren Thema sein, was aus dem Elternhaus wird, in dem jetzt nur noch meine Mutter lebt.

(Christian Dahm [SPD]: Wer hat’s erfunden?)

Das ist ein reales Thema, wenn man sagt: Wir wollen Flächen sparen. Wir wollen keinen ständigen Neubau. Wir haben zig Einfamilienhäuser aus den 60er- und 70er-Jahren, die jetzt aufgrund des Älterwerdens, des Umzugs in Betreutes Wohnen oder des Versterbens leer stehen.

Das finde ich einen vernünftigen Punkt. Er ist in diesem Antrag ausgeführt mit diesen zehn Modellkommunen und einem entsprechenden Fördertopf. Das finden wir Grünen auch richtig und würden es in jedem Fall unterstützen, wenn wir das getrennt abstimmen würden. Das ist ein Pluspunkt des Antrages.

Bei der Frage des barrierefreien Wohnens im Alter bin ich genau der Auffassung des Kollegen Becker und bei den Worten, die er am Ende seiner Rede gewählt hat. Da scheint offensichtlich das schlechte Gewissen durch. Wir haben die Frage der Landesbauordnung in dieser Legislatur mehrfach diskutiert. Wir hatten mehrere Novellierungen. Die Frage des barrierefreien Wohnens für Menschen mit Handicap ist an keiner Stelle vernünftig geregelt worden.

(Beifall von Josefine Paul [GRÜNE])

In diesem Antrag wird auch deutlich, dass man auf der Schlussgeraden versucht, zumindest bei den Senioren noch nachzulegen.

Jetzt zu der grundsätzlichen Debatte. Ich bin überhaupt nicht der Auffassung, dass diese Landesregierung grundsätzlich für steigende Mieten und Wohnraummangel verantwortlich ist. Das ist ein Thema, das uns die letzten 10, 15 Jahre beschäftigt hat und das die Kommunen, das Land und der Bund zu erledigen haben. Das sind verschiedene Akteure. Aber die Zahlen sprechen gegen diese Lobhudeleien – das habe ich schon am Anfang gesagt –, es sei jetzt so wahnsinnig viel vorangekommen.

Was mir in diesen beiden Anträgen fehlt, sind Antworten oder jedenfalls Vorschläge für Antworten auf die Frage, warum wir so wenig neugebauten Wohnraum schaffen. Eine zentrale Frage ist die des Bodens in den Städten. Dabei fehlt mir ganz klar die Frage des Erbbaurechts bzw. Erbpachtrechts. Es gibt dazu Beispiele in Münster. Die Stadt Münster hat etwas vorgelegt und ist in Nordrhein-Westfalen eine wirkliche Meisterin des preisgebundenen Wohnraums und des Neubaus. Man muss da wirklich nach Münster gucken. Das findet man in diesem Antrag überhaupt nicht. Ein Schritt, um mehr Impulse zu setzen, wäre, in der Frage der Vergabe endlich von dieser Höchstpreisvergabe wegzukommen

(Zuruf von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung)

und die Vergabe nicht in die Breite zu geben, sondern zentral an kommunale Wohnungsbauunternehmen und Genossenschaften, die Akteure vor Ort sind.

Diese zentralen Forderungen und Botschaften fehlen in dem Antrag. Er ist als globaler Antrag angelegt. Wenn man aber wirklich Fortschritte im Bereich „bezahlbarer Wohnraum/Neubau“ erreichen will, muss man bei der Boden- und der Vergabefrage vorankommen. Beide Fragen sind in den Anträgen nicht geregelt.

Deswegen werden wir uns – letzter Satz, Herr Präsident – bei dem Antrag, in dem es auch um „Jung kauft Alt“ geht, enthalten, weil wir den Vorschlag grundsätzlich vernünftig finden, der ganzen Semantik und Lyrik aber nicht zustimmen können. Den zweiten Antrag werden wir ablehnen. In den beiden SPD-Anträgen steht einiges Vernünftige drin. Die haben unsere Zustimmung. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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