Antisemitische Straftaten im Jahr 2021

Kleine Anfrage von Verena Schäffer

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Im vergangenen Mai wurden vor dem Hintergrund der Gewalteskalation im Nahen Osten auf Versammlungen in Nordrhein-Westfalen antisemitische Parolen gerufen und Synagogen angegriffen. Zwischen dem 10. Mai und dem 4. Juni 2021 wurden 111 antisemitische Straftaten gemeldet. Diese besorgniserregend hohe Anzahl innerhalb von nur 25 Tagen lässt einen deutlichen Anstieg der antisemitischen Straftaten in der Statistik des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes Politisch motivierte Kriminalität“ (KPMD-PMK) erwarten. Wie auch schon während des Gaza-Krieges im Jahr 2014 wurde der israelbezogene Antisemitismus in diesem Mai deutlich sichtbar auf den Straßen von Nordrhein-Westfalen.

Antisemitismus ist ein vielschichtiges und komplexes Phänomen. Er ist, wie alle Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, in der Mitte unserer Gesellschaft verbreitet und Bestandteil aller politischen Ideologien. Der weitaus größte Teil der antisemitischen Straftaten wird dem Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität rechts zugerechnet. Auch wenn die Erfassung der antisemitischen Straftaten nun einer Überprüfung unterzogen wird, kann mit Blick auf den antisemitischen Anschlag am 9. Oktober 2019 in Halle sowie die starke Mobilisierung in der rechtsextremen Szene mit dem Thema Antisemitismus nicht verkannt werden, dass Antisemitismus ein Kernelement rechtsextremer Ideologie ist. Dies stellt eine große Gefahr für Jüdinnen und Juden dar. In der Corona-Pandemie finden zudem Verschwörungsmythen, die häufig antisemitische Narrative enthalten, eine zunehmende Verbreitung. Auch dies ist eine besorgniserregende Entwicklung.

Nach einem starken Anstieg der Zahl antisemitischer Straftaten zwischen den Jahren 2016 und 2018 ging die Zahl von 350 Fällen im Jahr 2018 auf 276 Fälle im Jahr 2020 zurück. Im Halbjahresvergleich der Jahre 2019 und 2020 zeigte sich jedoch ein leichter Anstieg von 96 auf 103 Fälle. Für das Jahr 2020 wurden bundesweit 2.351 antisemitische Straftaten gezählt, was einen neuen Höchstwert seit der Einführung des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes der politisch motivierten Kriminalität darstellt, nachdem bereits im Jahr 2019 ein Höchststand verzeichnet wurde mit 2.031 Straftraten.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Straftaten mit antisemitischem Hintergrund wurden im Jahr 2021 verübt? (Bitte getrennt nach Halbjahren angeben und nach Datum der Tat, Ort, Deliktsart und Strafrechtsparagraph auflisten.)
  2. In welche Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität fallen die unter Frage 1 erfragten Straftaten? (Bitte getrennt nach Halbjahren angeben.)
  3. Wie viele Tatverdächtige wurden wegen antisemitischer Straftaten im Jahr 2021 festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter und Geschlecht auflisten.)
  4. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden im Jahr 2021 wegen antisemitischer Straftaten eingeleitet? (Bitte getrennt nach Halbjahren angeben.)
  5. In wie vielen Fällen kam es im Jahr 2021 zur Erhebung einer Anklage, Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen? (Bitte getrennt nach Halbjahren angeben sowie die Gründe für die Einstellung der Verfahren angeben.)