Kommunalinfo: NRW braucht einen Grünen Zukunftspakt und die Kommunen die Solidarität des Landes

Mehrdad Mostofizadeh

Liebe Leserinnen und Leser,

im Landtag wurden am Mittwoch der Haushalt der Landesregierung für das Jahr 2022 und die Mittelfristige Finanzplanung beschlossen. Als Grüne Landtagsfraktion stellen wir Euch unsere Bewertung der Haushalts- und Finanzpolitik der Landesregierung und unsere Änderungsanträge zum schwarz-gelben Haushalt vor. Einen besonderen Fokus legen wir auf die fatalen Auswirkungen der Haushaltspolitik auf die Kommunen und stellen Euch eine Musterresolution für kommunale Parlamente zur Verfügung.

Sprudelnde Steuereinnahmen und Investitionsstau

Seit ihrer Regierungsübernahme im Jahr 2017 konnte sich die Landesregierung bis zum Beginn der Corona-Pandemie Jahr für Jahr über steigende Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe freuen. Statt diese insbesondere für nachhaltige Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutzmaßnahmen zu nutzen – wie es auch zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler*innen angesichts des immensen Investitionsstaus auf allen Ebenen fordern – stieg die Investitionsquote nur minimal. Der DGB NRW hat berechnen lassen, dass der Investitionsstau bei Land und Kommunen in NRW bei rund 27 Milliarden Euro liegt. Expert*innen sind sich nach wie vor einig: Das Land muss jetzt als Konjunkturmotor agieren und die Investitionstätigkeiten hochfahren, um gestärkt aus der Corona-Krise hervorzugehen.

Zukunftsinvestitionen, die sich rechnen

Als Grüne Landtagsfraktion schlagen wir daher einen Grünen Investitionspakt für NRW vor, der nachhaltige Investitionen vorsieht und aufgrund der Corona-Krise notwendige Konjunkturimpulse in Verbindung mit der Bewältigung der Klimakrise setzt. Hierzu haben wir zahlreiche konkrete Änderungsanträge mit einem Gesamtvolumen von rund 1,4 Milliarden Euro vorgelegt. Im Mittelpunkt stehen dabei Investitionen in Radwege, in die Digitalisierung unserer Hochschulen, in Klimaschutz in der Industrie sowie in Klimaschutz und Klimafolgeanpassungen in den Kommunen, und Investitionen in Studierendenwohnheime. Zur Kompensation dieser Mittel hat die Grüne Landtagsfraktion die Auflösung der Allgemeinen Rücklage des Landes vorgeschlagen, wie sie auch der Landesrechnungshof fordert. Darüber hinaus ist eine Finanzierung aus dem Corona-Rettungsschirm angemessen. Um eine generationengerechte Lösung der Corona-Krise und der Klimakrise zu erreichen, müssen diese Investitionen getätigt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat festgehalten, dass die Reduktionslast von Treibhausgas-Emissionen nicht alleine zukünftigen Generationen aufgebürdet werden darf.

Verschuldungsspirale der Kommunen durchbrechen

Seit über vier Jahren verschleppt die Landesregierung eine Lösung der strukturbedingten Altschulden der nordrhein-westfälischen Kommunen. Obwohl dem Land nach Auslaufen des Stärkungspaktes rund 450 Millionen Euro freie Mittel zur Verfügung stehen, sparen CDU und FDP das Geld ein statt wirksam – wie im Koalitionsvertrag versprochen – zu helfen.

Echte Corona-Hilfen statt weitere Verschuldung

Die Kommunen tragen seit Beginn der Corona-Krise eine besondere Last und werden von der Landesregierung alleine gelassen. Das Land muss sicherstellen, dass der Schuldenberg der Kommunen nicht weiter anwächst. Die eingebrochenen Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen wurden im Jahr 2020 von Bund und Ländern kompensiert. Bereits im Jahr 2021 wurden die Kommunen im Regen stehen gelassen und auch danach werden die Mindereinnahmen der Kommunen durch die Landesregierung nicht kompensiert. In einem Haushaltsänderungsantrag haben wir den Ausgleich von Mehrbelastungen der Kommunen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro durch das Land gefordert.

Leider bietet das Land den Kommunen den Ausgleich der Mindereinnahmen nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) nur als Darlehen an – das bedeutet zusätzliche Schulden für die Kommunen, die sie über die kommenden GFGs zurückzahlen müssen. Die Kommunen erwarten vollkommen zu Recht, das GFG ohne Rückzahlungsverpflichtungen auszugestalten und die kommunalen Schulden nicht vorsätzlich in die Höhe zu treiben. Der DGB hat während  der Haushaltsanhörung im Haushalts- und Finanzausschuss vor diesem Hintergrund richtiger Weise ausgeführt: „Wenn die Kommunen bislang ganz gut durch die Krise gekommen sind, dann hat das ganz viel mit der Entlastung vom Bund, mit den Kosten der Unterkunft zu tun. Ansonsten wären wir hier im großen Drama.“ In seiner Stellungnahme zum Landeshaushaltsentwurf kommt Prof. Dr. Achim Truger von der Universität Duisburg-Essen zu folgendem Urteil: „Ohne zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen drohen die mühsam erzielten Konsolidierungsschritte seit 2010 weitestgehend konterkariert zu werden; die Kassenkredite würden wieder zunehmen, Ausgabenkürzungen insbesondere bei den kommunalen Investitionen und Steuererhöhungen bei Gewerbe- und Grundsteuer wären die Folge.“

Mit diesem Kommunalinfo schicken wir Euch eine Musterresolution, mit der Ihr vor Ort  zu einer Haushalts- und Finanzpolitik, die die Kommunen weiter in die Verschuldungsspirale drängt, Stellung beziehen und Eure Forderung nach mehr Unterstützung verdeutlichen könnt.

In unserem Entschließungsantrag zum Landeshaushalt beschreiben wir über die hier ausgeführte Kritik hinaus, warum der öffentliche Dienst des Landes endlich eine Attraktivitätsoffensive braucht, die diesen Namen auch verdient. Wir kritisieren die Landesregierung für ihr Nichtstun im Bereich Artenschutz und fordern eine transparente und nachhaltige Bewirtschaftung des Corona-Rettungsschirms ein, der unter Schwarz-Gelb aktuell zum Selbstbedienungsladen der Ministerinnen und Minister wird, die teilweise Maßnahmen aus dem Rettungsschirm finanzieren, die auch ohne die Corona-Pandemie notwendig wären.

Zudem haben wir auf Instagram eine kurze Einordnung zum Haushalt veröffentlich.

Bei Rückfragen könnt Ihr Euch sehr gerne an unseren wissenschaftlichen Mitarbeiter für Haushalts- und Finanzpolitik, Robert Engell (robert.engell@landtag.nrw.de), sowie an unseren wissenschaftlichen Mitarbeiter für Kommunales, David Schichel (david.schichel@landtag.nrw.de), wenden.