Matthi Bolte-Richter: „Weil Sie so wenig tun, hilft es jetzt auch nicht, dieses Wenige auf einer Plattform, die Sie neu schaffen wollen, zusammenzuschreiben“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu "Impact NRW"

Der Grüne Entschließungsantrag

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir heute über das wichtige Thema „Social Entrepreneurship“ sprechen; denn immer mehr Gründerinnen und Gründer starten in Deutschland und auch hier bei uns in Nordrhein-Westfalen mit der Motivation, durch ihr Gründungsvorhaben einen Beitrag zur Überwindung der ökologischen Krisen und der sozialen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu leisten.

Social Entrepreneurship vereint Kreativität, Risikobereitschaft und Unternehmergeist. Die Social Entrepreneurs entwickeln innovative Produkte, Geschäftsmodelle und Ansätze, um neue Wege für das Allgemeinwohl aufzuzeigen. Viele Beispiele dazu haben wir in der Debatte schon gehört.

Die Gründerinnen und Gründer, über die wir hier sprechen, richten sich mit ihren Ideen auf die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen und verwenden dafür unternehmerische Mittel. Es ist daher gut und höchste Zeit, dass Social Entrepreneurs politische und öffentliche Aufmerksamkeit bekommen, und es ist an der Zeit, dass es in Nordrhein-Westfalen beste Bedingungen für Social Entrepreneurship gibt.

Es freut mich wirklich – das will ich ganz klar sagen –, dass die Koalition dies alles endlich mitbekommen hat. Herr Schick hat vorhin eine Initiative angesprochen. Aber es gab über die Zeit eine ganze Menge Initiativen, die wir gestartet haben und bei denen Sie keinen Handlungsbedarf gesehen haben.

Werfen wir kurz vor der Wahl doch einmal einen Blick zurück.

2017 stand im Koalitionsvertrag nichts von alledem, was Sie jetzt zur Förderung von sozialem und ökologischem Unternehmertum fordern.

2018 haben wir als Grüne einen ersten Antrag für eine eigene Infrastruktur und Förderung von nachhaltigem und sozialem Unternehmertum eingebracht. Sie haben ihn abgelehnt.

2019 schrieb die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir: Es gibt doch die Gründerförderung; alles tutti; wir müssen nichts für Social Entrepreneurs machen.

2020 gab es wieder einen Antrag von uns, und zwar im Lichte der Pandemie und des Beitrags, den Social Entrepreneurs zu ihrer Bewältigung geleistet haben. Man ahnt es schon: Wieder wurde er durch die Koalition abgelehnt.

Auch in der jüngst vorgelegten Innovationsstrategie werden auf insgesamt 107 Seiten soziale Innovationen an nur vier Stellen benannt. Und dann geht es nicht über Absichtserklärungen hinaus. Es gibt keine konkreten Maßnahmen.

Jetzt kommt dieser Antrag, der immerhin zeigt, dass Sie erkannt haben, dass Sie diese Herausforderungen nicht aussitzen können. Aber all das, was Ihnen Verbände und Fachleute dazu sagen, was wirklich nötig ist, machen Sie nicht.

Wir sehen hier wieder einmal das Prinzip „Pinkwart“ in Perfektion vorgeführt: Es gibt ein Thema, und Sie zählen ein paar Beispiele auf, bei denen es funktioniert. Wenn Sie dann im Antrag fünf Unternehmen aufführen, bei denen es gut läuft, sagen Sie: Ist doch alles super; wir brauchen keine strukturelle Antwort.

Aber genau das reicht nicht. Wir brauchen strukturelle Unterstützung für Social Entrepreneurs.

Weil Sie so wenig tun, hilft es jetzt auch nicht, dieses Wenige und zu Wenige auf einer Plattform, die Sie neu schaffen wollen, zusammenzuschreiben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was alles fehlt, finden Sie zusammengefasst in unserem Entschließungsantrag.

Wir brauchen eine spezifische Strategie für die Förderung von Social Entrepreneurship. Es wäre optimal, wenn sich diese Strategie von dem Pinkwart’schen Paralleluniversum aus Gipfeln, Pakten und Masterplänen unterscheiden würde, wenn sie sich einmal davon abheben würde, wenn Sie mit einer solchen Strategie tatsächlich einmal etwas ändern würden und wenn darin konkrete Maßnahmen enthalten wären, die Sie dann nach und nach abarbeiten, anstatt nur auf den schönen Pressetermin zu schauen.

Wir brauchen einen landeseigenen Social Innovation Fund, wie er in Hessen nicht nur aufgesetzt wurde, sondern auch gut funktioniert. Natürlich muss so ein Fonds mit ausreichenden Mitteln ausgestattet sein. Genau diese eigene Förderung brauchen Social Entrepreneurs und soziale Innovationen, damit sie den spezifischen Anforderungen gerecht werden. Darum brauchen wir dieses Instrument.

Wir brauchen – das haben wir hier schon oft genug gefordert – eine eigene Infrastruktur zur Förderung ökologisch und sozial orientierter Start-ups.

Wir brauchen mehr Experimentierfreude und Reallabore, wie sie die Koalition in Berlin jetzt auf den Weg bringen will. Aber da frage ich Sie schon – diese Idee ist ja auch nicht ganz neu –: Warum haben Sie das in den letzten viereinhalb oder fast fünf Jahren hier in Nordrhein-Westfalen nicht umgesetzt?

Um klassische Innovationsförderung zu betreiben, braucht es nun einmal diese begrenzten Experimentierräume, in denen Innovationen erprobt und innovative Technologien, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle ausprobiert werden können. Warum haben Sie das nicht gemacht? Sie entdecken dieses Thema viel zu spät.

Ich kann Sie nur auffordern: Machen Sie endlich Ihre Arbeit, meine Damen und Herren von der Landesregierung und von der Koalition. Das Potenzial ist da. Das Potenzial ist enorm. Unterstützen Sie die Social Entrepreneurs bei ihrem Veränderungsmut, und seien Sie selbst ein bisschen mutiger, als Sie es in den letzten viereinhalb Jahren waren. – Vielen Dank.

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