Mehrdad Mostofizadeh: „Sie haben es schlicht nicht vorbereitet“

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Peter Preuß, eigentlich wollte ich den Sozialdemokraten vorwerfen, dass sie populistisch sind, wenn sie so über den Krankenhausplan reden, wie sie es getan haben; das werde ich gleich auch noch ausführen.

(Zuruf von SPD)

Eine Bemerkung muss aber noch sein. Der Krankenhausstrukturfonds auf Bundesebene ist doch extra zur Anpassung von Überkapazitäten eingerichtet worden. Wenn Sie jetzt behaupten, die Krankenhausschließungen würden auf rot-grüner Planung aufsetzen, ist das, ganz klar gesagt, genauso dummes Zeug, wie es falsch ist, dass das ein Krankenhausschließungsplan ist. So können wir nicht sachlich über die Krankenhausplanung der nächsten Jahre reden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Die 93 Millionen Euro, die nach Essen geflossen sind, sind ein Gemeinschaftswerk des Bundesministers und des Landesministers

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Aber nicht von mir! Das war noch die alte Landesregierung!)

– mit Zustimmung von Ihnen –, aber auch mit Zustimmung der SPD. Schließlich hat die SPD auch damals schon in Berlin regiert und hat die Strukturanpassung für richtig gehalten.

Lieber Kollege Lenzen, ich finde Ihre Art, Leute zu maßregeln, einigermaßen gewöhnungsbedürftig.

(Beifall von der SPD)

Das muss ich schon sagen, wenn Sie um 21 Uhr noch kommentieren, wer hier in den Reihen sitzt.

Um noch einmal das zu verdeutlichen, was ich vorhin in Sachen „stellvertretender Ministerpräsident“ gesagt habe – das meine ich allen Ernstes so, Herr Gesundheitsminister –:

Erstens. Der stellvertretende Ministerpräsident hat ausgeführt, dass die Länder nicht fürs Impfen zuständig seien. Das könnte übrigens auch erklären, warum Nordrhein-Westfalen beim Boostern an der Stelle steht, an der wir uns im Moment befinden. Der Gesundheitsminister musste noch am gleichen Tag in der Sitzung des AGS klarstellen, dass der stellvertretende Ministerpräsident schlichtweg das Falsche gesagt hat.

(Beifall von Josef Neumann [SPD])

Zweitens. Es ist abenteuerlich, wie der stellvertretende Ministerpräsident auf das RKI eingedroschen und behauptet hat, es habe Fake News verbreitet, indem es behauptet habe, Geimpfte würden nicht am Impfgeschehen teilnehmen. Das kann schon bei der Zulassung nicht richtig gewesen sein. Wenn selbst nach den besten Studien überhaupt nur 90 % erfolgreich geimpft werden können, müssen ja schon 10 % am Impfgeschehen teilnehmen – ungeachtet der Frage von ansonsten nachlassenden Boosterimpfungen.

Drittens. Er hat hier allen Ernstes behauptet, Herr Minister, dass die Intensivmediziner selbst daran schuld seien, dass die Zahl der Intensivbetten zurückgegangen ist. Ich würde schon gerne wissen, was die Landesregierung dazu sagt. Es ist schlichtweg ungeheuerlich, dass das in diesem Hause möglich ist.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich will Ihnen auch noch etwas zum Impfen sagen, Herr Minister, weil mich das wirklich wütend macht; wir hatten heute Morgen dazu schon eine Auseinandersetzung. Am 9. August haben Sie in der Gesundheitsministerkonferenz mit Ihrer Stimme beschlossen, dass jeder nach sechs Monaten zu boostern ist – nicht irgendjemand, sondern alle Deutschen und alle, die hier in Deutschland leben.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Ja!)

Sie haben es schlicht nicht vorbereitet.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Natürlich!)

Denn auch im AGS wurde sehr klar ausgeführt, dass erst Anfang November überhaupt mit der Vorbereitung der Boosterkampagne begonnen wurde. Das ist schlichtweg abenteuerlich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Am 18. November gab es den ersten Erlass, der flächendeckende Boosterstrukturen für die Kommunen mit festen Quoten und festen Voraussetzungen vorbereitet hat. Ich bin sehr dankbar, dass Ihr Haus da so transparent ist, und bedanke mich ausdrücklich bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Schon jetzt haben wir eine Bugwelle von 1 Million Menschen, die geimpft werden müssten, die wir immer weiter vor uns herschieben. Es sind noch einmal 200.000 hinzugekommen, weil wir einfach nicht so schnell hinterherkommen.

Daher war es falsch, nur auf die Kassenärztlichen Vereinigungen zu setzen und nicht auch andere Berufsgruppen einzubeziehen.

Deswegen finde ich es auch einigermaßen merkwürdig, dass die Landesregierung heute die tollen Idee hat, dass man Zahnärzte, Apotheker, Hebammen und viele andere einbeziehen könnte – was richtig ist –, nachdem sie noch vor drei Wochen gesagt hat: Wir wollen sie nicht bei der Kampagne dabeihaben; wir schließen sie aus. – Das ist Ihr Versäumnis, Herr Minister Laumann.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Noch zwei weitere inhaltlich wichtige Punkte, weil Sie, Herr Lenzen, mir vorgeworfen haben, dass die Zeit nicht gereicht hätte: Ja, das ist so. Die Arbeitslosenzentren sind nicht ausgebaut worden, sondern die Mittel sind für einen weiteren Zweck verwendet worden, was schlichtweg eine Kürzung in diesem Bereich bedeutet.

Herr Minister, mich wundert Ihre Vorgehensweise zum Krankenhausplan, der ja neue Strukturen aufzeigen soll. Deshalb frage ich Sie: Wo sind denn die 200 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigung, die selbst die Krankenhausgesellschaft, die im Einvernehmen mit Ihnen diesen Krankenhausplan vorgelegt hat, gefordert hat? Ich gehe einmal davon aus, dass Sie im Rahmen des Veränderungsnachweises zur dritten Lesung diese Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 200 Millionen Euro für den nächsten Haushalt vorschlagen werden.

(Beifall von der SPD)

Allerletzter Punkt: Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben ja selber immer gesagt: Wie kann es sein, dass ein Staat am Glücksspiel verdient und dann nicht für den Ausgleich sorgt? – Nordrhein-Westfalen war mit nicht einmal 10 Cent pro Einwohnerin oder Einwohner für die Bekämpfung der Glücksspielsucht an letzter Stelle – hinter Thüringen, hinter Sachsen, hinter allen Ländern. Jetzt haben Sie 500.000 Euro draufgelegt und sind von der letzten auf die vorletzte Stelle gesprungen. Wir schlagen Ihnen vor: ein bisschen rauf in der Tabelle; 3 Millionen Euro drauflegen; dann kommen wir ins Mittelfeld.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Wir lehnen den Haushaltsplan ab.

Herr Minister, machen Sie endlich Dampf beim Boostern. Sonst haben wir hier ein zunehmend großes Problem in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)