Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der letzte Haushalt einer Legislaturperiode ist natürlich auch immer ein Anlass, um Bilanz zu ziehen. Einer Art politischer Gesetzmäßigkeit folgend kann unsere Bewertung dieser Bilanz an vielen Stellen nicht deckungsgleich sein. Ich will auch erläutern, warum das so ist, dass diese Bewertung der Bilanz dieser Landesregierung, insbesondere, wenn wir auf die frühkindliche Bildung schauen, durchaus auseinanderfällt.
Das zentrale Reformvorhaben dieser Legislaturperiode und des Familienministers ist ja das KiBiz gewesen. Da muss man fragen: Wie sieht die Bilanz aus? Dem Anliegen, die Finanzierung vom Kopf auf die Füße zu stellen, ist dieses Gesetz nicht gerecht geworden. Man muss sagen, Sie sind damit krachend gescheitert.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Auch wenn Sie gleich wieder sagen werden, Sie haben doch 1,2 Milliarden Euro mehr ins System gegeben, so muss man trotzdem feststellen, dass Sie die strukturellen Fehler dieses Gesetzes, das Sie wahrscheinlich damals nicht weiter reformieren durften, weil es ja ursprünglich das Gesetz des ehemaligen Familienministers Laschet gewesen ist, schlicht und ergreifend nicht behoben haben.
Sie haben nach der Devise gehandelt: Wenn man oben Geld reinkippt, kommt hoffentlich unten Qualität raus. – Ich sage Ihnen: Das ist nicht gelungen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Man muss auch deutlich feststellen, dass das KiBiz am Ende seiner Reformierbarkeit angekommen ist. Es ist in dieser Art und Weise nicht vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Deswegen wäre es eigentlich richtig gewesen, einen neuen Weg einzuschlagen und eine neue Finanzierungssystematik auf den Weg zu bringen.
Wenn ich mit den Kollegen der regierungstragenden Fraktionen spreche, sind wir uns eigentlich auch einig darin, dass wir eine andere Finanzierungssystematik bräuchten und es gut wäre, wenn wir eine einrichtungsbezogene Sockelfinanzierung oder Grundfinanzierung – wie auch immer man es nennen möchte – hätten.
Unglücklicherweise hat diese Landesregierung aber nicht die Kraft aufgebracht, das tatsächlich auch auf den Weg zu bringen. Stattdessen wird immer die Schuld hin und her geschoben, wer es denn möglicherweise gewesen sein könnte. Fest steht: Zulasten des Systems der frühkindlichen Bildung ist das schlicht und ergreifend nicht geschehen.
Wir brauchen aber diese Grundfinanzierung. Wir brauchen auch einen anderen Stellenwert innerhalb der Förderung für Ernährung und Bewegung im KiBiz bzw. in einem neu auszugestaltenden Gesetz.
Außerdem brauchen wir dringend bessere und verlässlichere Rahmenbedingungen, die dann auch zu besseren und verlässlicheren Arbeitsbedingungen führen. Denn frühkindliche Bildung braucht Fachkräfte, und qualifizierte Fachkräfte brauchen gute Arbeitsbedingungen.
Da ist doch einer der zentralen Fehler im KiBiz, dass die Personalbemessung den Alltagsanforderungen nicht standhält, angefangen bei der Frage mittelbarer pädagogischer Tätigkeiten bis zu der Unterstützung von Ausbildung. Denn wir sind uns ja einig: Die Ergänzung der Ausbildungswege durch die PiA-Ausbildung ist richtig. – Wenn man die Einrichtungen dann mit der Aufgabe alleine lässt, hat man wieder ein Loch in der notwendigen Ausgestaltung der Personalbemessung.
Eine echte Ausbildungsoffensive hat diese Landesregierung angekündigt, ist sie aber leider schuldig geblieben. Sie werden auch da gleich erklären, dass Sie doch eigentlich alles auf den Weg gebracht hätten. Fakt ist: Von dem, was Sie sich vorgenommen haben, haben Sie allerdings reichlich wenig eingelöst.
Was wir doch im System bräuchten, wären Entlastungskräfte, damit sich pädagogische Fachkräfte auch auf ihre Tätigkeiten am Kind konzentrieren können. Aber auch da ist von Ihnen nichts gekommen.
Ich kann mich nur der dringenden Bitte und dem dringenden Appell des Kollegen Maelzer anschließen. Zwar haben Sie im letzten Winter die Verabredung getroffen, das Alltagshelferprogramm auslaufen zu lassen. Sie haben diese Vereinbarung aber nicht mit dem Virus getroffen. Setzen Sie dieses Alltagshelferprogramm wieder ein. Die Kitas brauchen das. Die Einrichtungen würden es Ihnen wirklich danken.
(Beifall von den GRÜNEN und Regina Kopp-Herr [SPD])
Ein weiterer Punkt, sehr geehrte Damen und Herren: Ja, Kinder und Jugendliche haben in dieser Pandemie sehr viel ertragen und erdulden müssen. Sie sind aber vor allem auch Expertinnen und Experten in eigener Sache. Leider hat diese Landesregierung das immer noch nicht wirklich erkannt. Das gilt nicht nur für die Pandemiepolitik, sondern vor allem auch für die Frage, wie eigentlich Jugendbeteiligung und Kinderbeteiligung auszugestalten sind.
Für die Wahlalterabsenkung gibt es in diesem Haus doch schon lange, Kollege Hafke, eigentlich eine Mehrheit. Man müsste sie nur auch nutzen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann könnten die Kinder und Jugendlichen schon bei der nächsten Landtagswahl mit abstimmen.
Es geht aber auch um die Frage weiterer Instrumente. Der Instrumentenkasten ist bereits beschrieben worden – der Landesjugendring hat das auch in die Diskussion gebracht –: die Reform der Gemeindeordnung, kommunale bzw. lokale Instrumente, 1.000-Stimmen-Befragungen etc. pp.
Was nicht darin vorkommt, ist Ihre Idee eines Landesjugendparlamentes. Der entscheidende Haken an Ihrem Vorschlag ist doch auch: Sie haben die Fragen, die damit einhergehen, nie beantwortet. Weil Sie nicht den bestimmten Konkretionsgrad erreicht haben, haben Sie am Ende diese Fragestellung einfach dem Präsidenten vor die Tür gelegt – soll der das doch lösen. Sie hatten eine Idee, aber keine Lösungsvorschläge dazu, und jetzt können die Kinder und Jugendlichen zusehen.
Enden will ich mit einem Punkt, der mir noch wichtig ist, weil wir da in diesem Haus alle gemeinsam eine Linie verfolgen: Kinderschutz. Dass jetzt ein Kinderschutzgesetz auf den Weg gebracht werden soll und auch wirklich mit Mitteln im zweistelligen Millionenbereich hinterlegt wird, ist ein wichtiges und ein entscheidendes Zeichen.
Ich hoffe sehr, dass wir im Verlauf der weiteren Beratungen über das Kinderschutzgesetz vielleicht an der einen oder anderen Stelle gemeinsam noch weitere Verbesserungen einbringen, beispielsweise bei der Frage eines oder einer Kinderschutzbeauftragten.
Aber das ist ein guter und ein richtiger Weg, finde ich. Ich halte es auch für ein wichtiges Zeichen, dass dieses Parlament mit der Kinderschutzkommission die Frage des Kinderschutzes auch parlamentarisch hier in einem Gremium verankert hat.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)