Zwischen den 1950er und 1990er Jahren wurden Millionen Kinder in Deutschland als sogenannte Verschickungskinder in (Kinderkur-)Heime und andere Einrichtungen gebracht.
Doch statt dort an Leib und Seele zu genesen, erlebten viele dieser Kinder systematisch physische und psychische Gewalt. Das System der Kinderverschickung galt bei Trägern und Einrichtungen als wirtschaftliches Erfolgsmodell, eine staatliche Kontrolle fand in dieser Zeit jedoch kaum statt. An den Folgen der verstörenden Erfahrungen leiden viele Betroffene noch Jahrzehnte später.
Dem Engagement der Betroffenen ist es allerdings zu verdanken, dass inzwischen die gesellschaftliche Auseinandersetzung auch zunehmend mediale Beachtung gefunden hat.
Bislang haben sich Betroffene vor allem in Selbsthilfegruppen organisiert. Sie wollen gemeinsam aufarbeiten und bewältigen, was jeder und jedem von ihnen widerfahren ist. Das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat inzwischen eine Arbeitsgruppe zum Austausch mit Betroffenen und zur Entwicklung sowie Koordinierung von Maßnahmen geschaffen. In einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll die Aufarbeitung institutionalisiert und verstärkt werden. So sollen Unterstützungsinfrastrukturen für „Verschickungskinder“ aufgebaut werden und das Land soll vorhandene Betroffenenstrukturen – auch finanziell – fördern.
Ergänzend zu den Bemühungen auf Bundesebene soll auch die wissenschaftliche Grundlagenarbeit und Aufarbeitung des Themas gefördert werden. Alle maßgeblichen Betroffenenverbände und relevanten Akteure sollen zu einem Runden Tisch eingeladen werden. Mit diesen und weiteren Instrumenten wollen wir das Schicksal und die Geschichte der „Verschickungskinder“ in den Blick nehmen, aufarbeiten und bestmöglich Hilfestellung leisten.