Stefan Engstfeld: „Kein Gesetz verlässt den Landtag so, wie es hineingekommen ist“

Zum Entwurf der Landesregierung für ein Juristenausbildungsgesetz

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass das Struck‘sche Gesetz stimmt, kann ich sagen: Dieser Gesetzentwurf ist einer. Der frühere Fraktionsvorsitzende der SPD im Deutschen Bundestag hat es einst postuliert und ihm auch gleich den eigenen Namen angeheftet. Es lautet: Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hineingekommen ist.

Auf uns übertragen heißt das: Kein Gesetz verlässt den Landtag so, wie es hineingekommen ist. Dieser Gesetzentwurf und dieses Verfahren beweisen, dass Anhörungen in den Fachausschüssen durchaus sinnhaft sein können.

Die große Anhörung zum Gesetzentwurf mit vielen Sachverständigen war sehr aufschlussreich und hat in vielen Punkten großen und dringenden Änderungsbedarf deutlich gemacht. Es gab sehr viele Kritikpunkte von allen Seiten. Der gesamte Gesetzentwurf, wie er hier von der Landesregierung eingebracht wurde – das ist entscheidend –, war ohne Einbeziehung von Expertinnen und Experten, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Studierenden oder Universitäten zustande gekommen und leider auch ohne jede empirische Grundlage.

Dringend geändert werden muss im Gesetzentwurf die Regelung zur Zwischenprüfung. Fast alle Sachverständigen waren sich einig, dass eine solche Blockzwischenprüfung niemandem hilft außer kommerziellen Repetitorinnen und Repetitoren. Semesterabschlussprüfungen sind wesentlich besser geeignet, um den Leistungsstand der Studierenden frühzeitig zu überprüfen, gleichzeitig setzen sie die Studierenden nicht so sehr unter Druck.

Die Zahl der Hausarbeiten musste reduziert werden. Fünf Hausarbeiten in den vorlesungsfreien Zeiten neben Praktika, Lernen, Jobben sind einfach kaum zu schaffen und erhöhen den Druck auf die Studierenden ebenso unnötig.

Der Schwerpunktbereich müsste gestärkt statt geschwächt werden. Der Gesetzentwurf hat ja offiziell das Ziel, die Attraktivität des Studiums zu steigern, verfehlt dieses Ziel aber leider deutlich, unter anderem durch die Reduzierung der Semesterwochenstunden im Schwerpunktbereich.

Das sind nur einige Punkte. Weitere wären die dringend nötige Reduzierung des Pflichtfachstoffes und die Verlängerung der Übergangsfristen.

Statt mehr Internationalisierung zu ermöglichen, erschwert der Gesetzentwurf tolle binationale Studienangebote wie in Köln oder Münster. Er schränkt Verfahrenssimulationen und Law Clinics durch unnötige Voraussetzungen wie Fremdsprachenerfordernisse oder das Erfordernis der Universitätsanbindung usw. ein.

Der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen nimmt einige der Kritikpunkte aus der Anhörung auf und verändert sie dementsprechend. Der Änderungsantrag macht aus unserer Sicht aus einem schlechten Gesetzentwurf einen erträglichen Gesetzentwurf.

Die gute Anhörung hat sehr viel bewirkt. Man hat viele Fehler des Gesetzentwurfs erkannt und korrigiert. Deswegen lehnen wir ihn heute wie im Rechtsausschuss nicht ab, sondern enthalten uns bei der Abstimmung.

Was uns nach wie vor fehlt – das war einer der Hauptkritikpunkte der Anhörung –, ist eine Entlastung der Studierenden durch die Verringerung des Pflichtfachstoffs. Das findet nicht statt, wäre aber dringend nötig.

Zum Schluss ein Wort zum integrierten Bachelor: Wir halten die Einführung eines integrierten Bachelors für erforderlich und auch für ein didaktisch sinnvolles Instrument, um den Jurastudierenden etwas den Druck vor dem Ersten Staatsexamen zu nehmen und das Problem zu beseitigen, dass immer wieder Studierende nach Jahren des Studiums und nach vielen erfolgreich absolvierten Prüfungen ohne einen Abschluss dastehen.

Die Anhörung hat diese Einschätzung nochmals bestätigt. Die Sachverständigen sprachen sich ganz überwiegend für die Einführung eines solchen integrierten Bachelors aus. Nachteile sind bis auf einen erhöhten administrativen Aufwand für die Universitäten nicht zu erkennen.

Alle in der Anhörung ausgeführten Vorteile eines integrierten Bachelors führt der Antrag der SPD an und fordert daher die Unterstützung der Landesregierung, Herr Minister, für die Universitäten, die einen integrierten Bachelor einführen wollen. Wir unterstützen diesen guten und richtigen Antrag der deutschen Sozialdemokratie. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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