Norwich Rüße: „Mir zeigt das am Ende, dass es Ihnen eigentlich völlig egal ist, was in Zukunft passiert“

Zum Antrag der "AfD"-Fraktion zu E10-Kraftstoff

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist durchaus gut, dass wir über die Frage von E10-Kraftstoffen miteinander diskutieren; denn sicherlich können wir alle nicht leugnen, dass es da gewisse Probleme gibt. Ich will aber daran erinnern: Anfang der 2000er-Jahre und schon ein bisschen vorher galt das als eine Möglichkeit, tatsächlich endlich unsere Mobilität umweltfreundlicher zu gestalten.

Herr Dr. Blex, Sie erwähnen immer gerne in der Enquetekommission zur Zukunft der Landwirtschaft, dass es damals auch darum ging, neue Einkommensperspektiven für unsere Bäuerinnen und Bauern zu generieren.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es in der Zeit unter Bärbel Höhn Überproduktion und Flächenstilllegungen gab. Es tat sich die Frage auf, wo wir Märkte erschließen können, um dort bestimmte Produkte vermarkten zu können. Biogasanlagen und die Bioethanolproduktion waren damals tatsächlich Möglichkeiten. Wenn Sie in Ihrem Antrag einfach mal so eben fordern, das wegzuhauen, dann müssen Sie das auch denjenigen Landwirten draußen sagen, die dahin einen Teil ihrer Produktion verkaufen.

(Beifall von Arndt Klocke [GRÜNE] und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Man muss das ein bisschen in Relation setzen. Sie schreiben in Ihrem Antrag von knapp 6 % der Getreideernte und knapp 5 % der Zuckerrübenernte in Deutschland. Das ist eine ganz andere Dimension, als wir sie in den Vereinigten Staaten oder in Brasilien haben. In den USA werden etwa 40 % der gesamten Maisernte zu Ethanol verarbeitet. Das sind Dimensionen, die tatsächlich dramatische Auswirkungen auf Landnutzung haben. Ich meine, dass dieser Baustein in der Landwirtschaft in Deutschland, so, wie er im Moment ist, durchaus verkraftbar ist. Dass da nicht viel mehr geht, wird die zukünftige Entwicklung zeigen. Mobilität verändert sich, wir werden erheblich mehr Elektromobilität haben. Von daher wird sich auch ein Teil des Kraftstoffverbrauchs von selbst erledigen. Insofern ist Ihr Antrag nicht so notwendig, wie Sie es hier heute darstellen.

Es ist aus unserer Sicht entscheidend, dass wir bei der Elektromobilität weiterkommen. Im Antrag steht, dass Sie dagegen seien. Sie schreiben, was Sie nicht wollen, Sie schreiben aber nicht, was Sie wollen. Alle zusammen wollen wir Mobilität. Dann müssen wir auch sagen, wie wir Mobilität gestalten wollen. Sie hätten heute die Möglichkeit gehabt, ein Bekenntnis zu erneuerbaren Energien und zur Elektromobilität abzulegen.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Das hätten Sie tun können, Herr Dr. Blex.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Das wäre bei Ihnen ein Stück weit Fortschritt gewesen. So aber ist Ihr Antrag wie Ihre meisten Anträge: unehrlich und überhaupt nicht nach vorne weisend.

(Beifall von den GRÜNEN und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Für unsere Fraktion ist klar, dass wir auf dem Weg in eine Gesellschaft, die Mobilität und Energieverbrauch in Zukunft anders darstellen will und die weg von Kohle, Öl und Gas und hin zu erneuerbaren Energien will, durchaus Fehler gemacht haben. Das muss man selbstkritisch sagen. Man muss es immer wieder überprüfen, neu gestalten, umgestalten. Ich meine aber, dass wir insgesamt auf einem guten Weg sind und diesen Antrag eigentlich nicht brauchen.

Mir fehlt, dass Sie nicht deutlich sagen, welche Produkte die Landwirtschaft in Zukunft auf diesen Flächen erzeugen und was dort passieren soll. Wir erleben gerade, dass auch im Bereich der tierischen Produktion, also Milch, Fleisch usw., die Märkte zusammenbrechen. Wenn man ein weiteres Standbein so wegschlagen wollen würde, wie Sie es hier vorschlagen, stellt sich schon die Frage, was das eigentlich für die Landwirtschaft bedeutet. Mir zeigt das am Ende, dass es Ihnen eigentlich völlig egal ist, was in Zukunft passiert. Auch die Bäuerinnen und Bauern sind Ihnen egal.

Wir können gerne darüber diskutieren. Wir schlagen vor, langsam aus der Bioethanolproduktion herauszugleiten. Den abrupten Weg, den Sie wollen, halten wir für falsch. Der Überweisung zur Beratung stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)