Verena Schäffer: „Bei noch kleineren Fraktionen ist es irgendwann nicht mehr leistbar“

Entwurf der "AfD"-Fraktion zum Landeswahlgesetz - zweite Lesung

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, ich finde, wir müssen über das Thema „Wahlrechtsreform“ diskutieren. Ich hatte dazu Ende letzten Jahres bzw. Anfang dieses Jahres ein Gutachten beim parlamentarischen Gutachterdienst in Auftrag gegeben und habe noch einmal nachrechnen lassen, was die damals aktuellen Prognosen für die Größe des Parlaments bedeuten würden.

Zumindest zum damaligen Zeitpunkt hätte es bedeutet, dass das Parlament hier massiv anwachsen würde. Im Frühjahr dieses Jahres hatten wir Prognosen, die wir umgerechnet haben auf die Mandatszahl hier im Landtag. Es gab Prognosen, wonach der Landtag vielleicht sogar auf 300 Abgeordnete anwachsen würde.

Herr Bovermann hat recht: Momentan sehen die Prognosen ein bisschen anders aus. Das ist alles, wie wir wissen, sehr volatil, wie man sagt – mal sehen, wie wir dann im Mai 2022 tatsächlich hier sitzen und wie viele Abgeordnete dem Landtag angehören werden. Aber es ist definitiv so, dass wir über das Thema „Wahlrechtsreform“ sprechen müssen. Diese Notwendigkeit sehe ich.

Ich finde aber den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion inhaltlich nicht richtig. Ich finde ihn nicht gut, weil Sie im Endeffekt sagen, dass Sie die Anzahl der gesetzlich vorgesehenen Abgeordneten drastisch reduzieren wollen und das Verhältnis zwischen Direktmandaten und Listenmandaten halbe-halbe sein soll.

Ich glaube, dass wir bei der Anzahl von 181 Abgeordneten, die so im Gesetz vorgesehen sind, bleiben sollten. Ich sage das auch als Vertreterin einer kleinen Fraktion, weil wir ja auch die Arbeitsfähigkeit der Fraktionen gewährleisten müssen.

Ich kann Ihnen sagen, es ist heute schon mit nur 14 Abgeordneten heftig, alle Ausschüsse bedienen zu müssen und alle Themen zu bearbeiten. Ich glaube, ich kann für uns sagen, dass wir das gut hinkriegen. Aber man muss auch an die Arbeitsfähigkeit der kleinen Fraktionen denken. Bei noch kleineren Fraktionen ist es irgendwann nicht mehr leistbar, diese Arbeit für die Menschen in Nordrhein-Westfalen zu gewährleisten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb meine ich, dass der Weg ein anderer Weg sein muss. Ich denke, wir sollten nicht an der Soll-Zahl der Abgeordneten drehen, sondern wir sollten an dem Verhältnis zwischen Direktmandaten und Listenmandaten arbeiten. – Herr Hovenjürgen nickt. Ich finde, das ist genau die Diskussion, die wir führen müssten. Ich habe die Zahlen gerade nicht ganz genau parat. Die Zahl von181 Abgeordneten steht im Gesetz. Ich glaube, wir haben 121 …

(Zuruf: 128 Wahlkreise!)

– Wir haben128 Wahlkreise. Man kann darüber reden, diese zu reduzieren, dass man das Verhältnis auf halbe-halbe festlegt, man könnte dann auch die Sollzahl ein wenig höher ansetzen. Das wäre die Diskussion. Auf jeden Fall geht es darum, dass man einen anderen Ausgleich zwischen den Überhang- und den Ausgleichsmandaten findet, damit sich das nachher im Parlament nicht so heftig niederschlägt. Das ist doch der Punkt, den wir erreichen müssen.

Meines Erachtens ist diese Diskussion notwendig. Ich hätte sie gerne schon mit den demokratischen Fraktionen in dieser Legislatur geführt, um das klar zu sagen. Wir Grüne haben die anderen Fraktionen angeschrieben, weil wir genau das in dieser Legislatur diskutieren wollen; denn allen muss klar sein: Wenn wir einmal einen Landtag haben, der sehr viel mehr Abgeordnete beherbergt, wird es umso schwieriger werden, über solche Reformen zu diskutieren, weil keiner gerne dafür sorgt, dass sein Wahlkreis und damit eventuell auch sein Mandat verschwindet. Dessen muss man sich bewusst sein. Das ist keine einfache Diskussion, aber wir müssen sie definitiv führen.

Den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion finde ich, wie gesagt, falsch. Er macht aus meiner Sicht die Wahlkreise zu groß, er macht das Parlament zu klein. Damit wäre das Parlament auch nicht mehr arbeitsfähig. Die kleinen Fraktionen wären nicht mehr arbeitsfähig. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Aber wir lehnen ihn nicht nur deshalb ab; Sie wissen es, ich würde keinem AfD-Gesetzentwurf zustimmen. Aber ich habe auch sehr triftige inhaltliche Gründe, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)