Monika Düker: „Das ist ein riesiger Vertrauensbruch“

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Alimentation kinderreicher Familien

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Witzel, Sie haben hier mal wieder das Thema verfehlt.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Schon seit Jahren! – Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Es geht um Ihre Regierungsarbeit. Es geht um Ihre Bilanz. Es geht um Ihren Gesetzesentwurf. Darüber reden wir heute, und dem müssen Sie sich stellen.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Und da stelle ich fest, dass sowohl bei dem Kollegen von der CDU als auch bei Ihnen eine komplett selektive Wahrnehmung vorherrscht, wenn man Anhörungen macht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Herr Kollege Zimkeit hat schon einiges zitiert. Ich nenne Ihnen noch ein paar Schlaglichter. Der Beamtenbund bezeichnet diesen Gesetzentwurf als eine vertane Chance. Vom VBE wird Ihnen attestiert:

„Die jetzige Besoldung widerspricht dem Verfassungsgrundsatz ,Gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘“.

Die GEW sagt:

„Ideen zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit fehlen in dem Plan ebenso wie eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen.“

Vom DGB heißt es, der Besoldungsminimalismus müsse beendet werden.

Da können Sie doch nicht behaupten, die Anhörung hätte eine breite Stimmung zu Ihrer Politik ergeben. Wo leben Sie denn?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Herr Witzel sprach von seinen Fakten!)

Es geht um die Umsetzung eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts aus dem Mai des letzten Jahres zur Besoldung für kinderreiche Beamtinnen und Beamte. Ab August – das muss man sich verdeutlichen – war mit Veröffentlichung des Beschlusses klar, was zu tun ist. Sie haben den Gesetzentwurf ein Jahr später auf den allerletzten Drücker vorgelegt – die Frist ist eigentlich schon abgelaufen –, und das mit Kalkül, um Geld zu sparen.

Aus der Sicht der Betroffenen ist es aber doch so: Wenn mir im August so ein Beschluss vorliegt, dann gehe ich doch nicht vor Gericht und mache nach Beschluss des Gerichts noch meine Ansprüche geltend, damit ich auch rückwirkend Geld bekomme. Aber genau das hätte man tun müssen, um jetzt rückwirkend eine Zahlung zu erhalten. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihren Beschäftigten ist das nicht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die Betroffenen hätten nach dem Beschluss noch klagen müssen. Denn Sie gestehen ihnen nur zu, dass alle es ab dem 1. Januar dieses Jahres bekommen. Ansonsten gilt es nur für diejenigen, die geklagt haben.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Das ist der eine Punkt, der von allen Interessenvertreterinnen und ‑vertretern sowie den Verbänden zu Recht kritisiert wird.

Ich komme zweitens zu den Lehrkräften und zu A13 für Lehrerinnen und Lehrer in Sekundarstufe I und Grundschule. Herr Witzel, Sie haben im Ausschuss, als wir das Vorgehen kritisiert haben, gesagt: Das haben wir niemals versprochen. Wie kommen Sie dazu, es als Vertrauensbruch zu bezeichnen? Wir haben niemals darüber geredet. Legen Sie mir das doch einmal vor; dann können wir darüber reden.

Genau das habe ich getan. Sie selbst haben in einer Rede im Landtag am 10. Oktober 2018 gesagt – ich zitiere aus dem Protokoll –:

„Die NRW-Koalition arbeitet engagiert an diesen komplexen Fragestellungen und hat daher bereits direkt zu Beginn der Wahlperiode verbindlich erklärt, dass wir auch die notwendigen besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus der Lehrerausbildungsreform ziehen werden.“

(Ralf Witzel [FDP]: So ist es! Genau!)

Das sind Ihre Worte. Und genau das haben Sie nicht gemacht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Der VBE hat an diesem 10. Oktober eine Presseerklärung zu der Plenardebatte herausgegeben. Darin heißt es:

„Vor rund einem Jahr kündigte Frau Gebauer im Schulausschuss am 4. Oktober 2017 an, Konsequenzen aus der schon im Jahr 2009 reformierten Lehrerausbildung zu ziehen. Vor wenigen Wochen …“

– hört, hört! –

„… stellte der Ministerpräsident Armin Laschet im WDR-Fernsehen fest, dass im Laufe der Wahlperiode eine bessere Besoldung aller Grundschullehrkräfte gebraucht werde.“

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Herr Witzel, dass Sie davon nie etwas gewusst und es auch nie versprochen hätten, ist faktisch falsch.

(Beifall von den GRÜNEN und Heike Gebhard [SPD])

Fakt ist: Mit dem sogenannten Masterplan Grundschule, den Sie immer wieder bejubeln und loben und der in diesem Gesetz auch eine Umsetzung erfährt, gibt es – man höre und staune – einen Beförderungskegel von 5 %, also eine kleine Perspektive zur beruflichen Weiterentwicklung von Grundschullehrkräften.

Eine Anpassung an die reformierte Lehrerausbildung ist das aber nicht, und es ist noch nicht einmal ein Einstieg. Es ist ein Vertrauensbruch für 80.000 Beschäftigte, davon allein 51.000 Grundschullehrkräfte.

(Beifall von den GRÜNEN und Heike Gebhard [SPD])

Insgesamt 80.000 machen hier zu Recht einen Anspruch geltend.

Sie haben es trotz Ihrer Versprechen noch nicht einmal geschafft, in dieser Wahlperiode einen Einstieg zu schaffen. Es muss ja nicht gleich alles für alle sein. Man hätte es in Stufen machen können. Aber Sie haben noch nicht einmal einen Einstieg in eine Anpassung geschafft. Damit haben Sie ganz klar ein Versprechen gebrochen.

Den Betroffenen bleibt mal wieder nur der Gang zum Verfassungsgericht, um ihre verfassungsgemäßen Ansprüche durchzusetzen. Das ist kein guter Umgang mit den Beschäftigten und den Lehrkräften.

Wir alle wissen – die Statistiken werden uns jedes Jahr im HFA vorgelegt –, dass die unbesetzten Stellen prozentual am meisten wo zu finden sind? – Genau, in den Grundschulen, denn dort sind die Arbeitsbedingungen zu schlecht.

Sie erfüllen die verfassungsgemäßen Ansprüche der Lehrkräfte in dieser Wahlperiode nicht. Das ist ein riesiger Vertrauensbruch. Sie haben Ihre Versprechen gebrochen. Das ist bitter für alle Beschäftigten in unseren Schulen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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