Mehrdad Mostofizadeh: „Lassen Sie uns alle Chancen ergreifen, diese Pandemie nicht unter ideologischen Gesichtspunkten, sondern wirklich pragmatisch anzugehen“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag auf Einführung eines landesweiten Abwasser-Monitorings

Mehrdad Mostofizadeh

Der Antrag

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kurz vorweg, worum es nicht geht: Es geht nicht – und deswegen ist die Umweltministerin auch nicht da – um Gewässerschutz im eigentlichen Sinne, sondern es geht um die Frage, inwieweit wir ein Abwasser-Monitoring als Frühwarnsystem zur Erkennung und zur Beobachtung der Pandemie einsetzen können.

Da bin ich in guter Gesellschaft – wenn ich das richtig verstanden habe – nicht nur des Gesundheitsministers von Nordrhein-Westfalen, der seine Meinung offensichtlich etwas ändert an der Stelle, sondern vor allem der Bundesforschungsministerin. Die hat nämlich ein Forschungsprogramm aufgelegt in einem Umfang von rund 3 Millionen Euro, das an verschiedenen Standorten – ich will das kurz machen; es ist ja im Antrag auch dargestellt – eben diese Untersuchung vom Genom im Abwasser durchführt. Auf der Homepage des Ministeriums können wir nachlesen, dass die Forscher davon ausgehen, dass sie so bis zu zehn Tage früher wissen, wann es zu entsprechenden Veränderungen kommen kann. Allerdings – das will ich einräumen – müssen wir standardisierte Systeme und Methoden auch weiter ausarbeiten. Deswegen ist natürlich mehr Forschung notwendig.

Es geht mir hier nicht um Parteipolitik. Ich verweise mal auf das kleine Bundesland Hamburg. Da war es nämlich so, dass die CDU-Fraktion einen entsprechenden Entwurf eingebracht hat und SPD und Grüne immerhin die Größe hatten, diesen Vorschlag aufzunehmen.

Es ist die FDP-Bundestagsfraktion, die schon im Herbst letzten Jahres die Bundesregierung aufgefordert hat, ein entsprechendes Abwasser-Monitoring zu entwickeln und auch weiterzuentwickeln. Es gibt eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, die ich so interpretiere – Frau Kollegin Schneider nickt ja auch schon –, dass die FDP-Bundestagsfraktion diesem Thema sehr aufgeschlossen gegenübersteht.

(Henning Höne [FDP]: Je mehr Sie sich an der FDP-Bundestagsfraktion orientieren, umso besser!)

– Deswegen, Herr Kollege Höne, würde ich vermuten, dass Sie unserem Antrag einfach heute so zustimmen können, und wir wären einen Schritt weiter.

Da ich aber die Abläufe hier im Parlament so ein bisschen einzuschätzen weiß, würde ich Ihnen doch nahelegen: Gehen Sie doch auf die Fakten ein und sagen Sie mir, was dagegenspricht.

Dagegensprechen könnte vielleicht eine finanzielle Belastung. Das würde ich allerdings nicht gelten lassen. Bei einem Rettungsschirm von 25 Milliarden Euro glaube ich, dass 2 bis 3 Millionen Euro für Nordrhein-Westfalen nicht das Problem darstellen, insbesondere – das führt eine aktuelle, vor einer Woche veröffentlichte Vorlage des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages nämlich aus – weil es gerade in Zeiten, wo man wenig testet, wo es wenig Testpflichten gibt, besonders wirksam und sinnvoll wäre, ein solches Abwasser-Monitoring hier in Nordrhein-Westfalen nicht nur in Bonn, sondern landesweit einzuführen und die Gesundheitsämter finanziell und vor allem personell und methodisch so auszustatten, dass sie diese Genomuntersuchungen machen können.

Herr Gesundheitsminister, ich möchte auch noch mal auf Ihre Stellungnahme vom Februar dieses Jahres eingehen. Zu dem Zeitpunkt waren Sie noch einigermaßen abwartend. Aber mittlerweile gibt es Auswertungen sowohl aus den Niederlanden als auch aus Deutschland, aber vor allem auch aus Österreich, die sehr deutlich machen, dass es einen deutlichen Vorteil und es sehr klare Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen gibt, die es abzuschätzen gilt.

Deswegen, Herr Minister, wäre meine dringende Bitte: Sprechen Sie doch die Einladung an die Koalitionsfraktionen aus, oder sagen Sie ihnen: Diesen Antrag müssen wir gar nicht ablehnen, sondern ich als Minister nehme die Verantwortung wahr, denn die Europäische Union fordert alle Nationalstaaten auf, dieses Abwasser-Monitoring durchzuführen.

Jetzt könnten Sie es sich vielleicht ganz leicht machen, Herr Kollege Löttgen, und an der Stelle sagen: Na ja, die EU hat uns aufgefordert. Wir müssen dem sowieso folgen. Wieso stellt die grüne Fraktion dann diesen Antrag? – Ich kann Ihnen sagen, warum, nämlich weil sich dieser Minister uns gegenüber dreimal sehr, sehr zurückhaltend geäußert hat, wie er zu diesem Problem steht.

(Matthias Kerkhoff [CDU]: Das ist seine Art!)

Ich kann nur sagen: Lassen Sie uns alle Chancen ergreifen, diese Pandemie nicht unter ideologischen Gesichtspunkten, sondern wirklich pragmatisch anzugehen und das, was uns zur Verfügung steht, auch auszunutzen. Stimmen Sie deswegen bitte diesem Antrag zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der zweite Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt von

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Haltung würde BioNTech jetzt noch in den Anfangslöchern stehen, die ganzen Probleme wälzen und hin und her gucken.

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Ach, ist doch Quatsch!)

Am 19. Februar haben wir im AGS über dieses Thema gesprochen. Sie haben eine ausweichende Stellungnahme gegeben, genauso wie heute.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Die Beratung im Ausschuss würde im Oktober stattfinden, also sechs Monate später. – Letztes Jahr war es so: Im Februar gab es den Auftritt von COVID und im Dezember eine Impfung. Wir dürfen doch nicht nur gucken, wir müssen handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Und das von den Grünen!)

Die Fragen, die Herr Nolten aufgeworfen hat, müssen geklärt werden. Was der Minister gesagt hat, war die typische Beamtenmethode: Bewegen Sie sich nicht, um irgendetwas nach vorne zu bringen, weil der Antrag von den Grünen ist. Das kann doch nicht die Methode sein. Wir brauchen jetzt ein klares Zeichen, dass wir alle Analyseelemente, alle Methoden zur Überprüfung nutzen wollen. Und wenn sie nicht funktionieren, dann teilen Sie uns das mit, Herr Minister. Dafür haben wir den AGS. Das können wir alles machen. Aber nur, weil Sie eine Ausrede suchen, warum ein grüner Antrag nicht sinnvoll sein soll, können Sie doch hier nicht so einen Vortrag halten.

Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu! – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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