Matthi Bolte-Richter: „Durch effizientere Prozesse Zeit, Nerven und Geld sparen“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP für Working Space-Angeboten bei Landesbehörden

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist ja oft bei den Anträgen aus dem im weitesten Sinne digital‑ und innovationspolitischen Bereich, die von den regierungstragenden Fraktionen kommen, so, dass Anspruch und Wirklichkeit ein bisschen nebeneinander liegen.

Wir haben gerade von den Kollegen Braun und Freynick gehört, wie sich die Arbeitswelt insgesamt wandelt und dass es große Veränderungen gibt.

Die gibt es auch tatsächlich. Der Punkt von Kollegin Spanier-Oppermann, dass wir dabei selbstverständlich die Beschäftigten mitnehmen müssen, ist auch richtig.

Dann liest man die Beschlusspunkte dieses Antrags, die eigentlich nur Prüfaufträge, Evaluierungen und Dialogaufträge und ein Pilotprojekt für dezentrales Arbeiten im öffentlichen Dienst sind.

Das ist richtig; wir haben überhaupt nichts dagegen. Wir werden dem Antrag am Ende auch zustimmen, nur wenn Sie jetzt kurz vor Ende dieser Wahlperiode mit Pilotprojekten kommen, die evaluiert werden, sodass anschließend weiter geprüft und geschaut wird, wird nicht mehr viel bis nächstes Jahr im Mai passieren; da bin ich mir doch relativ sicher.

Wir werden Sie auf diesem Weg gerne begleiten, aber ein paar Fragezeichen bleiben, ob man anstatt zu prüfen, zu evaluieren und einen runden Tisch zu machen, vielleicht besser einfach einmal gemacht hätte. Das hätte ich mir gewünscht; das wäre auch gegangen. Man hätte auch früher prüfen können,

(Zuruf von Florian Braun [CDU])

denn die Diskussion um Co-Working-Spaces ist auch nicht ganz frisch vom Himmel gefallen.

Nichtsdestotrotz – ich habe es eben angedeutet – sind das Anliegen und der grundlegende Vorschlag natürlich richtig. Weniger Pendelverkehr kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Mobiles Arbeiten in dezentralen Working-Spaces kann eine Lösung sein. Der Antrag führt auch noch ein paar weitere Vorteile an. Das ist alles in Ordnung. Die öffentliche Verwaltung sollte sich hier durchaus auf den Weg machen.

Das ist aber selbstverständlich nur ein kleiner Teil, wenn es darum geht, die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der öffentlichen Verwaltung einerseits und des ländlichen Raums andererseits darzustellen.

Co-Working-Spaces sind, gerade wenn es um die Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume geht, ein gutes Werkzeug. Sie reduzieren Pendelverkehre und ermöglichen Arbeiten in der Nähe des Wohnortes. Deshalb wollen auch wir Grüne Co-Working im ländlichen Raum fördern: einerseits durch Förderpolitik und andererseits durch das Einplanen von Co-Working-Spaces bei der Dorf‑ und Stadtentwicklung, um neue Räume zu schaffen.

Es gibt schöne Modellprojekte zu mobilen Co-Working-Spaces beispielsweise in Schleswig-Holstein, von deren Erfahrungen man lernen könnte; diese waren schon oft der Grundstein für stationäre Angebote.

Noch wichtiger ist aber die Diskussion, die in den anderen Beiträgen durchaus rudimentär angeklungen ist: Wie schaffen wir es, die Verwaltung der Zukunft zu gestalten? Da kommt es nicht nur darauf an, wo gearbeitet wird, sondern auch wie.

Die Pandemie hat den Mythos der effizienten und für jede Aufgabe gewappneten deutschen Verwaltung entzaubert; das muss man einfach feststellen. Es hat auch einen Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit gegeben.

Deswegen heißt es jetzt, Vertrauen wiederherzustellen und die Verwaltung fit für den Neustart nach Corona zu machen. Wir brauchen eine Modernisierung der Verwaltung für einen effizienten und leistungsfähigen Staat.

Das bedeutet flachere Hierarchien, klare Zuständigkeiten, damit Verantwortung ausgeübt wird, anstatt sie zu verschieben, neue Formen von Transparenz, eine Fehlerkultur, ein echtes Risikomanagement, das verantwortungsvoll ist, aber nicht verhindert, sowie Arbeit in Teams statt entlang der Hühnerleiter.

Für all diese Punkte ist die Digitalisierung der Verwaltung eine entscheidende Triebfeder, bei der Verwaltungsmodernisierung und ‑digitalisierung Hand in Hand gehen.

Wenn man die Digitalisierung vernünftig macht, wird jeder Prozess in seinem bisherigen Ablauf kritisch hinterfragt und neu aufgestellt. Gerade für den Neustart aus der Pandemie heraus brauchen wir eine Diskussion darüber, wie wir die Leistungsfähigkeit der Verwaltung erhöhen.

Es muss darum gehen, Projekte und Prozesse zu durchdenken, zu Ende zu denken, in der Umsetzung Flaschenhälse rechtzeitig zu erkennen, zu koordinieren, zu regulieren und zu fördern.

Es liegt in der Verantwortung der Regierung und der sie tragenden Fraktionen, das gut mit den unterschiedlichen Akteuren aus allen Bereichen zu planen, damit wir am Ende durch effizientere Prozesse Zeit, Nerven und Geld sparen können.

Das sind ein paar Ideen, die ich jetzt umrissen habe, über die wir sicherlich auch sprechen sollten. Die Grundidee können wir machen, es könnte aber durchaus noch ein bisschen mehr passieren. Ich bin gespannt, was uns dazu im Ausschuss noch einfällt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)