Matthi Bolte-Richter: „Es muss freiwillig sein“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu digitaler Arbeit

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe mich schon ein Stück weit über Teile dieser Debatte gewundert. In der Enquetekommission „Digitale Transformation der Arbeitswelt“ haben wir viele der Fragen, die auch diesem Antrag zugrunde liegen, miteinander besprochen und sind an vielen Stellen, glaube ich, vorangekommen.

Nichtsdestotrotz muss man natürlich sagen, dass ein überwältigender Anteil der in dem Antrag adressierten Themen nahezu vollständig das Bundesrecht betrifft. Insofern ist es schon interessant, mit welcher Verve das hier entweder vorgetragen oder aber zurückgewiesen wird.

(Beifall von Daniel Sieveke [CDU])

Ich finde, wir sollten eher das betonen und miteinander besprechen, was uns in der Enquetekommission geeint hat, nämlich dass wir festgestellt haben, dass sich die Arbeitswelt durch die Digitalisierung grundlegend verändert. Dieser Wandel passiert sehr schnell.

Viele der Themen, die heute vielleicht noch nicht als großes Problem und als Frage für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der Tagesordnung stehen, werden sich aber irgendwann stellen. Ich würde das, was die SPD hier an Fragen gestellt hat, nicht, wie es CDU und FDP tun, einfach ausblenden wollen. An einigen Stellen kann man schauen, was konkret an Forderungen in diesem Antrag enthalten ist.

Wir haben in der Enquete Fragen, gerade die rechtlichen Fragen etwa zur Plattformarbeit, zur Cloudwork, Clickwork, Gigwork besprochen. Marco Schmitz hat hier eben das wunderschöne Schaubild, das wir in unserem Enquetebericht haben, gefühlt vor unser aller Augen ausgebreitet. Es werden in diesem Antrag viele richtige Punkte durchaus benannt.

Man muss dann aber fragen, was das konkret bedeutet, wenn wir sagen, wir wollen die althergebrachten Schutzstandards, die lang erkämpft und in ihrer Schutzwirkung richtig sind, ins digitale Zeitalter übertragen. Was heißt das konkret? Dazu fehlen meines Erachtens in diesem Antrag durchaus einige Konkretisierungen, einige Antworten.

Es sind Dinge enthalten, die richtig sind, wie Forderungen nach einem gesetzlichen Mindestentgelt, Sicherungen für einen bestimmten Personenkreis. Das haben wir als Grüne in der Enquetekommission unterstützt. Wir haben aber auch gesagt, dass viele Regulierungsfragen enorm voraussetzungsreich und hochkomplex sind und eben auf der Bundesebene stattfinden müssen. Das wäre doch ein schönes Thema für Hubertus Heil in den letzten Jahren oder Monaten gewesen.

Wir haben leider nicht wirklich viel wahrgenommen, dass auf dieser zuständigen Ebene richtig viel passiert wäre. Wir sehen es jetzt nur bei der Ausweitung der Altersvorsorgepflicht, wo Minister Heil jetzt schon gesagt hat, dass er vor der Bundestagswahl daran nichts mehr machen wird. Da, liebe SPD, muss man sagen: Schön und gut, schöne Themen, richtige Themen adressiert, aber die Antworten sind Sie leider schuldig geblieben. Da, wo Sie es hätten machen können, sind Sie auch die Taten schuldig geblieben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir dann schauen, wie viele der Themen, die hier adressiert werden, die richtigen Themen sind und – ich möchte es noch einmal betonen – einen Landesbezug haben, dann sollte man sich zum Beispiel noch einmal mit der Frage der Digitalisierung von Betriebsratsarbeit auseinandersetzen. Auch das ist eigentlich eher wieder Bundesrecht. Aber für unsere Personalräte im öffentlichen Bereich unseres Landes stellen sich ja die gleichen Fragen, besteht der gleiche Anpassungsbedarf. Das ist sinnvoll und sollte eigentlich unumstritten sein, dass wir da aktiv werden müssen. Da würde ich die Landesregierung sehr freundlich bitten, hier zügig und in allen Bereichen aktiv zu werden.

Das gilt auch – und das haben in den letzten Monaten hier sehr, sehr intensiv miteinander besprochen bei der ganzen Frage rund um das Homeoffice – für: In der aktuellen abschwellenden Pandemielage muss man das noch auf die Tagesordnung setzen. Noch heute gilt, dass nicht in allen Landesbehörden Homeoffice so läuft, wie es laufen sollte. Natürlich muss es überall ermöglicht werden, wo es geht, dann aber auch mit der entsprechenden technischen Ausstattung und vor allem auch mit der Kultur, die das ermöglicht. Ebenfalls muss der passende rechtliche Rahmen gewährleistet sein.

Homeoffice und mobiles Arbeiten müssen auch im öffentlichen Bereich so ausgestaltet sein, dass die Beschäftigten wirklich davon profitieren. Es muss freiwillig sein, alternierend als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz sein, damit Beschäftigte sozial integriert bleiben, bei der Weiterbildung vorkommen, bei den Aufstiegsmöglichkeiten vorkommen und nicht unsichtbar werden. Natürlich muss weiterhin in der Entgrenzungsproblematik gelten: Home ist Home, und Office ist Office.

Jetzt habe ich hier eine ganze Menge Punkte genauso wie meine Vorredner*innen adressiert.

Ich finde die Diskussion weiterhin sehr spannend. Der Antrag stellt die richtigen Fragen, an einigen Stellen fehlen noch die Antworten, aber das kann ja vielleicht die Debatte im Ausschuss bringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)