Ist der massive Flächenverbrauch in Senden ein Einzelfall oder die Regel in NRW?

Kleine Anfrage von Norwich Rüße

Portrait Norwich Rüße

Der anhaltend hohe Flächenverbrauch bundesweit und insbesondere auch in Nordrhein-Westfalen hat weitreichende negative Folgen für Menschen, Tiere, Natur und Umwelt: Landschaft und Naturräume werden zerschnitten und zersiedelt, fruchtbare Böden und der Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten gehen verloren. Vor diesem Hintergrund gilt es, Siedlungs- und Verkehrsvorhaben auch hinsichtlich ihres Flächenverbrauchs sorgfältig zu prüfen. Diesem Ziel hat sich auch die Landesregierung verpflichtet.

Ein aktueller Fall im Münsterland wirft die Frage auf, inwieweit der Flächenverbrauch notwendig und verhältnismäßig ist: Die Regionalplanungsbehörde bei der Bezirksregierung Münster schlägt dem dortigen Regionalrat vor, im Rahmen der 36. Änderung des Regionalplans Münsterland auf dem Gebiet der Gemeinde Senden einen Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereich (GIB) im Allgemeinen Freiraum und Agrarbereich (AFAB) festzulegen. Der ca. 9,5 ha große Planbereich liegt direkt an der BAB 43 südlich der Anschlussstelle Senden im Ortsteil Bösensell. Die Gemeinde Senden greift damit den Antrag der Firma Stroetmann auf, die dort ein neues Logistikzentrum (Verteil-, Lager- und Verwaltungszentrum) errichten möchte.1

Um für diesen Standort Planungsrecht schaffen zu können, muss eine Änderung des Regionalplans Münsterland erfolgen. Eine zusätzliche spätere Erweiterung dieser Außenbereichsplanung um weitere 3 ha ist beabsichtigt. Dazu sagt die Vorlage 14/2021 zur Begründung der Planung: „Der zur Rede stehende Änderungsbereich schließt sich an den Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) an, der westlich der Bundesstraße B 235 liegt.“ Ein Anschluss an den benannten GIB-Bereich ist allerdings nicht nachvollziehbar, da die Planung davon durch die B 235 getrennt ist. Außerdem wird sich bei Realisierung der Neuausweisung eine bandartige Struktur entlang der B 235 weiter ausprägen, was das Landesentwicklungsplan (LEP)-Ziel 6.1-4 untersagt.

Ein unmittelbarer Anschluss an ein vorhandenes Gewerbegebiet ist schon allein deshalb nicht nachvollziehbar, da die B 235 eine Zäsur im raumordnerischen Sinne darstellt. Demnach handelt es sich nicht um eine Planung im Sinne von Ziel 6.3-3 LEP NRW, da kein bereits bestehender GIB aufgegriffen wird. Außerdem bewegt sich diese Planung räumlich zunehmend weiter weg vom Siedlungsrand.

Da keine weiteren Reserven für gewerbliche Bauflächen entstünden – so die Vorlage – sei ein Flächentausch in diesem Fall nicht erforderlich. Dies ist nicht nachvollziehbar, da für diesen konkreten Fall der LEP NRW keine tragfähige Begründung hergibt.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Inwieweit billigt die Landesregierung die geplante Neuinanspruchnahme von Außenbereichsflächen im Rahmen der 36. Änderung des Regionalplans Münsterland, ohne dass diese 9,5 ha an anderer Stelle dem Freiraum (AFAB) zurückgegeben werden müssen? (Antwort bitte unter Nennung der entsprechenden Festlegungen des Landesentwicklungsplans begründen.)
  2. Inwiefern billigt die Landesregierung die hier festzustellende fortschreitende Bildung einer bandartigen Struktur im Rahmen der 36. Änderung des Regionalplans Münsterland? (Antwort bitte unter Bezugnahme zum LEP begründen.)
  3. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über weitere Planungen mit Neuinanspruchnahme des Außenbereiches, wo bei einer Neuinanspruchnahme von unbeplantem Freiraum nicht an anderer Stelle bislang für die Nutzung vorgesehene Flächen dem Freiraum zurückgegeben wurden? (Antwort bitte nach Einzelfällen aufschlüsseln.)
  4. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über bereits vollzogene Neuinanspruchnahmen des Außenbereiches, wo bei einer Neuinanspruchnahme von unbeplantem Freiraum nicht an anderer Stelle bislang für die Nutzung vorgesehene Flächen dem Freiraum zurückgegeben wurden? (Antwort bitte nach Einzelfällen aufschlüsseln.)
  5. Inwieweit ist die Landesplanungsbehörde dazu befugt, im Austausch mit den Bezirksplanungsbehörden, den Kommunen und den Vorhabenträgern zuzulassen, dass eine Inanspruchnahme neuer Flächen nicht zwingend zu einer entsprechenden Reduktion an anderer Stelle führt?

1 Vorlage 14/2021Bezirksregierung Münster, Regionalplanungsbehörde: https://www.regionalrat-muenster.nrw.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZa2iUHsJjN3OLyapDTA3aihKICcwjstgAQQ0k7 nYFr65/Sitzungsvorlage_14-2021.pdf