Arndt Klocke: „Der Spielerschutz zieht nicht eins zu eins nach“

Zum Antrag der Landesregierung zum Glücksspielstaatsvertrag

Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Angela Freimuth, es ist völlig richtig, dass wir lange über den Glücksspielstaatsvertrag diskutiert haben. Ich erinnere mich daran – auch mithilfe meines Facebook Reminders –, dass wir vor fast drei Jahren gemeinsam im Paternoster im Gebäude der dänischen Regierung waren, und zwar anlässlich einer Reise des Hauptausschusses mit dem Ziel, uns über die Gegebenheiten und die Regelungen in Dänemark auszutauschen.

Es gibt in dieser Frage eindeutig Handlungsbedarf, gerade vor dem Hintergrund der von allen Rednern angesprochenen Aufwüchse und Veränderungen im Bereich des Onlinespiels. Deswegen besteht ohne Frage eine dringende Handlungsnotwendigkeit. Im bisher gültigen Glücksspielstaatsvertrag ist das nicht gegeben. Die Möglichkeiten, die jede und jeder Einzelne über das Gerät, das wir mittlerweile alle in unseren Taschen haben, hat, setzt entsprechende Regelungen voraus.

Nach intensiver Prüfung des jetzt vorliegenden Staatsvertrages sind wir Grüne zu einem Entschluss gekommen. Bei der ersten Lesung im November 2020 hatte ich bereits darauf hingewiesen – das ist auch den Expertinnen und Experten bekannt –, dass man nur Ja oder Nein zu diesem Vertrag sagen kann. Wir können hier nicht entscheiden, dass wir das Paket noch einmal neu diskutieren.

Wir Grüne können an dieser Stelle nicht Ja sagen, weil wir den Spielerschutz nicht für ausreichend ausgestaltet halten. Man geht jetzt in die Öffnung des Onlinemarktes, was zwar richtig und notwendig ist, zumal die Öffnung schon gegeben ist. Aber der Spielerschutz zieht nicht eins zu eins nach. Der Fachbeirat Glücksspielsucht, der relevant ist und mit ausreichend Expertinnen und Experten ausgestattet ist, hat ja in seiner Stellungnahme klar darauf hingewiesen, dass er für eine Verlängerung des jetzt gültigen Staatsvertrages plädieren würde, um noch einmal beim Spielerschutz nachzubessern.

Auch wenn eine Verschiebung der Prozesse natürlich die Handlungsnotwendigkeiten nicht wegnimmt, sind wir dafür – da schließen wir uns eindeutig dem Fachbeirat an –, dass die sinnvollen Maßnahmen, die in dem ganzen Gesetzgebungsprozess diskutiert worden sind, was den Spielerschutz angeht, gleichzeitig und auf hohem Niveau parallel zu der Novellierung in Kraft treten. Das sehen wir an dieser Stelle nicht gegeben.

Die einfache Verfügbarkeit von Onlineglücksspiel führt zu neuen Risiken der Suchtentwicklung und der Rückfallgefährdung. Das vorgesehene Einzahlungslimit von monatlich 1.000 Euro wird ein exzessives Spielverhalten nicht verhindern. Das bedeutet, dass die Suchtgefährdung entsprechend gegeben ist.

Der jetzt vorliegende Staatsvertrag ermöglicht deshalb leider mehr legales Glücksspiel besonders im Onlinebereich, aber auch im stationären Bereich, enthält aber kein deutliches und wahrnehmbares Mehr beim Spielerschutz, bei der Suchtprävention und bei der Aufklärung.

Das ist auch bei der Anhörung, die wir im Hauptausschuss hier im Plenarsaal am 1. März dieses Jahres durchgeführt haben, von einer ganzen Reihe von Expertinnen und Experten kritisch angemerkt worden.

Von den Expertinnen und Experten ist ebenso kritisiert worden, dass die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation zu gering sei.

In dieser Abwägung zwischen dem Wissen, dass es notwendig ist, zu handeln, und der Frage, ob ausreichend Spielerschutz und Suchtprävention in der jetzt vorliegenden Fassung gegeben sind, kommen wir zu dem Ergebnis, uns an dieser Stelle zu enthalten. Ein Nein würde mir schwerfallen, weil natürlich die Handlungsnotwendigkeit ohne Weiteres gegeben ist. Mir persönlich ist auch klar, dass ein Staatsvertrag logischerweise immer ein Kompromiss ist. Das haben wir in den letzten Monaten und Jahren erlebt.

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich dem Lob der Kollegin Müller-Witt an den Leiter der Staatskanzlei, der uns wirklich mit stoischer Ruhe und Gelassenheit regelmäßig und ausführlich im Hauptausschuss berichtet hat, anschließen. Sie hatten mit Sicherheit diverse Telefonkonferenzen usw. zu dieser Frage und sind auch ansonsten nicht mit Arbeit unausgelastet. Daher ein großer Dank an Sie, dass Sie das – ich glaube, das können wir parteiübergreifend sagen – immer gewährleistet haben.

Trotzdem kommen wir an dieser Stelle zu der Auffassung – auch im Unterschied zu anderen grün mitregierten Ländern –, dass wir hier nicht Ja sagen können.

Dem Ausführungsgesetz, über das wir zu einem späteren Zeitpunkt abschließend debattieren werden, werden wir auf gar keinen Fall zustimmen, zumindest nicht in der jetzigen Fassung. Das Ausführungsgesetz ist aus unserer Sicht nicht geeignet, den Kommunen bessere Instrumente für mehr Spielerschutz an die Hand zu geben. Aus meiner Sicht ist das Gegenteil der Fall.

So werden die Abstände zwischen Wettbüros und Spielhallen verkürzt. Als Sprecher für Stadtentwicklung und Wohnen kann ich auch persönlich sagen: Man müsste den Kommunen mehr Möglichkeiten zur Eindämmung der Flut von Wettannahmestellen und Spielhallen eröffnen. Jede und jeder Einzelne von uns, die und der in den Städten unterwegs ist – nicht nur in großen Städten, sondern auch in mittleren und kleinen –, sieht diese deutliche Zunahme der Spielhallen, die in den Innenstädten häufig in leer stehenden Immobilien angesiedelt werden.

Aus unserer Sicht müssten in einem Ausführungsgesetz entsprechende Dinge geregelt werden. So, wie das Ausführungsgesetz jetzt gestaltet ist, können wir ihm auf jeden Fall nicht zustimmen und werden es ablehnen.

Als abschließenden Punkt von meiner Seite möchte ich die Finanzierung der Glücksspielsuchtberatung ansprechen. Die Suchtberatung über die Verbraucherberatung und andere zuständige Stellen so wie hier vorgesehen zu finanzieren, ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg. Das Land Bayern und die dortigen politischen Akteure, denen NRW ja in einer freundlichen Konkurrenz verbunden ist, nehmen deutlich mehr Geld in die Hand, um entsprechende Suchtberatung vonseiten des Landes zu finanzieren.

Wenn man ein Mehr an Spielmöglichkeiten schafft, braucht es aus unserer grünen Sicht auch ein Mehr an Suchtberatung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das müsste in einem Ausführungsgesetz entsprechend geregelt werden.

Zusammengefasst: Es steckt viel Arbeit darin. Wir wissen diese Arbeit zu schätzen. Wir sehen auch eine Notwendigkeit zu einer Neuregelung. Wir können an dieser Stelle nicht eins zu eins mitgehen. Deswegen enthalten wir uns.

Beim Ausführungsgesetz würden wir uns wünschen, dass es noch deutliche Nachbesserungen gibt, gerade was die Frage der Anlage von Wettbüros in den Innenstädten und die Frage der Suchtberatung angeht. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

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