Spekulationen und Fehlentwicklungen im Wohnungsbau verhindern

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I. Ausgangslage

Immobilien und Flächen in den Ballungsräumen in NRW haben in den letzten Jahren stark an Wert gewonnen und sind deshalb begehrte Objekte für Spekulationen. Finanzkräftige Investoren kaufen Grundstücke und Wohngebäude auf, um sie dann nach gewisser Zeit mit Gewinn wieder zu veräußern. Dieses Verhalten verschärft in den Schwarmstädten die Wohnungsnot zusätzlich, da vielfach Wohnungen nicht gebaut werden, obwohl bereits Baugenehmigungen vorliegen. Doch die Flächen sind mit Baugenehmigungen noch wertvoller und können entsprechend teurer weiterveräußert werden. Teilweise wechseln vor allem in Innenstadtlagen innerhalb weniger Jahre fünf bis sechs Mal die Eigentümer, ohne dass mit den Bauarbeiten begonnen wird. In 2019 betrug der Bauüberhang in NRW, also die Differenz zwischen genehmigtem aber noch nicht gebautem Wohnraum 112.000 Wohnungen. Dieser hohe Wert liegt zum Teil an den fehlenden Kapazitäten der Bauwirtschaft, aber zu einem guten Teil spielen auch Grundstücksspekulationen dabei eine Rolle. Dieser Entwicklung muss endlich Einhalt geboten und die Kommunen in die Lage versetzt werden, wirksame Maßnahmen dagegen zu unternehmen. Insbesondere muss die derzeitige Frist der Gültigkeit von Baugenehmigungen von drei auf zwei Jahre reduziert werden, die Veräußerung von Grundstücken inklusive gültiger Baugenehmigung darf nur noch in klar umrissenen Ausnahmefällen möglich sein.

Ein weiteres Feld, in dem Spekulationen mit Wohnraum eine große Rolle spielt, sind die sogenannten Share Deals. Eine bislang immer noch nicht geschlossene Lücke im Steuerrecht sorgt dafür, dass ausgerechnet finanzkräftige Immobilien- und Finanzinvestoren keine Grunderwerbssteuer zahlen müssen. Dafür übertragen die Verkäufer eine oder mehrere Immobilien auf eine GmbH, an der die Investoren dann 94,9 Prozent der Anteile erwerben. Weil sie Grundstücke und Bauwerke nicht vollständig übernehmen, fällt keine Grunderwerbsteuer an. Die übrigen 5,1 Prozent werden auf eine andere Firma übertragen, bis nach fünf Jahren Frist auch dieser Anteil steuerfrei übernommen werden kann. Dem Land entgehen so Millioneneinnahmen. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verhinderung von Share Deals, der seit letztem Jahr immer wieder in der Diskussion war, soll die Schwelle nun auf 90 Prozent absenken, das ist laut Auffassung von Expertinnen und Experten immer noch viel zu hoch und machen Share Deals weiterhin attraktiv für Spekulanten. Eine Senkung der Beteiligungsschwelle beispielsweise auf 75 Prozent wäre deutlich zielführender, außerdem könnte man die Grunderwerbssteuer auch anteilig erheben. Schließlich ist es nicht nur eine Frage der fehlenden Steuereinnahmen für die Länder, sondern auch eine Gerechtigkeitsfrage. Alle Bürgerinnen und Bürger, die ein Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung erwerben, müssen entsprechend Grunderwerbssteuer zahlen. Warum dies für große Investmentfirmen nicht gelten soll, sondern diese Steuerzahlungen aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage vermeiden können, ist nicht vermittelbar.

Eine weitere ungute Entwicklung in vor allem touristisch geprägten Innenstädten ist die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, die dann von Firmen oder finanzkräftigen Einzelpersonen erworben, aber nur wenige Wochen oder Monate tatsächlich genutzt werden. In europäischen Metropolen wie Paris oder London führt diese Entwicklung zu Problemen, da die leerstehenden Wohnungen zu einer Verödung von urbanen Bezirken beitragen. Aber auch in NRW gibt es erste erkennbare Tendenzen. Die von der schwarz-gelben Landesregierung abgeschaffte Umwandlungsverordnung hätte ein wirksames Instrument gegen diese Entwicklung sein können, sie muss deshalb dringend wieder eingeführt werden, um den Städten eine Handhabe auch gegen diese Entwicklung zu ermöglichen.

II. Der Landtag stellt fest

  • durch Share Deals entgehen dem Land NRW Millionen Euro an Einnahmen aus der Grundsteuer und stellen eine Gerechtigkeitslücke dar,
  • der Bauüberhang von bereits genehmigten aber noch nicht realisierten Wohnungsbauvorhaben ist auch eine Folge von Spekulationen mit Grundstücken und trägt damit mit zu einer Verschärfung der Wohnungsnot bei,
  • die Umwandlungsverordnung könnte ein wirksames Instrument sein, um Fehlentwicklungen insbesondere in urbanen Lagen zu begegnen.

III. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

  • sich beim Bund für eine rasche Änderung der Gesetzgebung zur Verhinderung von Share Deals im Wohnungswesen einzusetzen. Dabei soll die Beteiligungsschwelle auf mindestens 75 Prozent gesenkt werden und die Grunderwerbssteuer anteilig erhoben werden können,
  • eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, da die Steuerausfälle vor allem in den Landeskassen spürbar sind,
  • die landesgesetzlichen Regelungen dahingehend zu ändern,
  • dass Baugenehmigungen grundsätzlich nur noch zwei Jahre gültig sind,
  • Grundstücke mit gültigen Baugenehmigungen nur in eng umrissenen Ausnahmefällen weiterveräußert werden dürfen,
  • eine Verlängerung der Baugenehmigung nur aufgrund bestimmter nicht vom Eigentümer verschuldeter Umstände möglich ist,
  • die bis 2020 gültige Umwandlungsverordnung zur Verhinderung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wieder einzuführen.