Matthi Bolte-Richter: „Wir begrüßen, dass die Landesregierung an dieser Stelle mitbekommen hat, dass ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden hat“

Zum Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu einer App gegen Gewalt

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine absolut traurige Realität: Laut Statistik des Bundeskriminalamtes ist 2019 an fast jedem dritten Tag eine Frau durch Gewalt ihres Partners oder Expartners gestorben.

Insofern ist es richtig, in diesem Handlungsfeld vorzugehen und Maßnahmen zu ergreifen, und insofern ist auch der Ansatz im Antrag, eine App zu entwickeln und damit den von Gewalt Betroffenen zu jeder Zeit und allerorts ein verfügbares Hilfsangebot zur Verfügung zu stellen, grundsätzlich gut. Darüber hinaus finden wir den Ansatz richtig, eine solche App so zu gestalten, dass sie für mögliche Täter nicht erkennbar ist.

Als weiteren Punkt, der auch in den Reden sehr deutlich zum Ausdruck kam, bemerken wir positiv, dass bei der Gestaltung der App darauf geachtet werden soll, dass die Lebenswirklichkeiten der unterschiedlichen Familienformen und der unterschiedlichen häuslichen Gemeinschaften sowie das gesamte Spektrum von LSBTIQ berücksichtigt werden sollen. Das ist sicherlich eine gute Herangehensweise, und wir begrüßen, dass die Landesregierung an dieser Stelle mitbekommen hat, dass ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden hat, und das mitdenkt.

Wir stimmen dem Antrag zu. Nichtsdestotrotz möchten wir einige Punkte kritisch anmerken. Der Antrag ist an einigen Stellen – diesbezüglich muss ich meiner Vorrednerin von der SPD zustimmen – eher allgemein verfasst. Es fehlen Konkretisierungen, was den Kosten- und Zeitrahmen etc. anbelangt.

Zudem ist nicht ganz klar, ob es ein neues Angebot oder eine neue technische Plattform sein soll. Die App soll nach dem, was im Antrag steht, eher das anbieten, was im Grunde auch im Opferschutzportal angeboten wird, wobei der Zugriff auf vorhandene Angebote durch anderweitige technische Möglichkeiten erleichtert werden soll. Das sind Dinge, bei denen man durchaus einmal sagen könnte: Das kann eine Landesregierung mit einem Parlamentsauftrag tun, sie kann es aber auch ohne einen Parlamentsauftrag tun, weil das einfach eine Weiterentwicklung des Vorhandenen ist.

(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE] und Michael Hübner [SPD])

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie sich diese NRW-App von dem unterscheiden soll, was auf der Bundesebene entwickelt wird; denn das Bundesjustizministerium fördert ebenfalls die Arbeit an einer solchen Opferschutz-Inkognito-App sowie deren späteren Betrieb finanziell. Auch das ist eine inhaltlich durchaus zu begrüßende Entwicklung, allerdings wird es darauf ankommen, diese Entwicklungen klug nebeneinander zu legen und an den notwendigen Stellen klug zu verzahnen.

Eine App hilft uns jedoch nicht darüber hinweg, dass wir auch weiterhin grundsätzliche Probleme im Hinblick auf die Gewährleistung des Schutzes für die von häuslicher Gewalt Betroffenen – es sind überwiegend Frauen – haben. Wir haben zu wenige Plätze in den Frauenhäusern, und wir haben immer noch zu wenige Hilfsangebote; diese sind nicht flächendeckend vorhanden. Des Weiteren fehlt es an der Sensibilisierung der Strafverfolgungsbehörden.

Wenn man ein Fazit ziehen möchte, heißt das: Grundsätzlich haben wir eine gute Entwicklung, und wir begrüßen, dass dieses Thema mit diesem Antrag angegangen wird. Wir haben in diesem Bereich aber noch verdammt viel zu tun, und das möchten wir ebenfalls gerne angepackt wissen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)