Johannes Remmel: „Wir brauchen das für den Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen“

Zum Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Verwendung von EU-Fördermittel

Johannes Remmel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere etwas, dass wir erst am Ende der heutigen Tagesordnung über so viel Geld sprechen. Meines Erachtens ist Geld die Zukunft unseres Landes ist; jedenfalls wird sie darin ausgedrückt.

Mit Blick auf die EU-Aufbauprogramme zur Bewältigung der Coronapandemie möchte ich ein Wort bemühen, das sicherlich inflationär gebraucht wird. Mir erscheint es in diesem Zusammenhang aber recht passend. Was da zustande gebracht wurde, finde ich historisch. Das hat zwei Gründe:

Erstens. Die EU hat mit dem Programm NextGenerationEU – man höre genau hin: es geht um die nächste Generation und damit um die Zukunft und nicht um die Vergangenheit, um die letzte Generation – ein Paket in einem noch nie dagewesenen Ausmaß von 750 Milliarden Euro, die teilweise als Zuschuss und teilweise als Darlehen an die Mitgliedsstaaten gezahlt werden, aufgelegt. Das ist eine dringend notwendige Unterstützung in der größten Gesundheitskrise seit dem Bestehen der Europäischen Union.

Zweitens. Dieses Programm wird erstmalig über gemeinsame europäische Anleihen finanziert. Das freut mich aus zwei weiteren Gründen:

Zum einen gibt es festgeschriebene Quoten für die Ausgaben im Bereich der Zukunftsfelder „Klimaschutz“ und „Digitalisierung“, also für Schlüsselbereiche. Das sind – das unterstreiche ich – Zukunftsinvestitionen.

Zum anderen gibt es mit diesen gemeinsamen Anleihen erstmalig ein Instrument, um die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten auf eine neue Stufe zu heben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Anstatt dass die Bundesregierung das beherzt aufgreift, wo doch gerade die Union und die SPD die Einführung von Eurobonds vehement bekämpft haben, also die Gelegenheit für den Wechsel auf die Zukunft nutzt, werden schlicht und einfach Haushaltslöcher in Deutschland gestopft. Also, liebe SPD: nichts mit Bazooka! Es sind offensichtlich nur ganz leise Töne, vor allem leise Töne, die in Nordrhein-Westfalen nicht ankommen werden.

Man kann das auf der Ebene der Bundesrepublik als verspielte Chance kritisieren. Aber was bedeutet das für Nordrhein-Westfalen? – Für Nordrhein-Westfalen heißt das schlicht und einfach, dass alles Geld schon ausgegeben ist. Mit dem Kohlekompromiss oder mit dem Kohleausstieg sind die Milliarden, die vorher nicht da waren, die aber jetzt nachholend aus der EU für Nordrhein-Westfalen da sind, abgefrühstückt.

Keine andere Region wird etwas von dem Aufbaufonds haben, weil die Bundesregierung entschieden hat, bestehende Haushaltslöcher zu stopfen. Ich kann verstehen, dass hier verschiedene Branchen, aber auch Regionen, die dringend Unterstützung bei Transformationen und Veränderungen brauchen, aufstehen und sagen: So kann es doch nicht sein.

Deshalb wünsche ich mir eine breite Unterstützung des gesamten Parlaments dafür, noch einmal auf die Bundesregierung zuzugehen. Es kann doch nicht sein, dass mit Zukunftsinvestitionen – dafür sind sie zumindest gedacht – Vergangenheitsbewältigung betrieben wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Minister setzt sich an dieser Stelle entsprechend ein. Dafür herzlichen Dank. Bei uns rennen Sie damit offene Türen ein. Bisher war das jedoch ohne Erfolg. Herr Holthoff-Pförtner, ich habe ein wenig den Eindruck, dass der Ministerpräsident den Europaminister vorschickt nach dem Motto: Nun mach‘ mal. – Sie haben diesbezüglich aber noch nicht viel auf die Kette gekriegt.

Deshalb müssen wir uns heute an den Ministerpräsidenten wenden, der auch CDU-Bundesvorsitzender ist, damit er auf den Tisch haut und sagt: So geht’s nicht weiter! Wir brauchen das für den Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen.

Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung – der Finanzminister, aber auch die Kanzlerin – das in den bestehenden Haushalt packt. – Herr Laschet, walten Sie Ihres Amtes – egal, welches –, und setzen Sie sich für nordrhein-westfälische Interessen ein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die EU-Milliarden müssen da ankommen, wo sie gebraucht werden, bei echten Zukunftsinvestitionen. Um das entsprechend durchzusetzen und umzusetzen, ist die Landesregierung da. Hier wünsche ich mir die gesamte Unterstützung des Parlaments. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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