Verena Schäffer: „Banken, Sparkassen und andere Geldautomatenbetreiber stärker in die Pflicht nehmen“

Zum Antrag der SPD-Fraktion zu Geldautomatensprengungen

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der damalige Innenminister Ralf Jäger sagte im Innenausschuss Ende Oktober 2016, wie ich finde, sehr zutreffend – dem werden Sie gleich auch zustimmen, Herr Lürbke –: „Geldautomatensprengungen sind die moderne Form des Banküberfalls geworden.“ Das ist also ähnlich zu dem, was Sie gerade von sich gegeben haben.

Ende 2016 war es schon ein Jahr her, dass im Oktober 2015 im LKA Nordrhein-Westfalen eine Ermittlungsgruppe gegründet worden war, um sich gezielt der Bekämpfung der Geldautomatensprengungen zu widmen.

Werfen wir doch noch mal einen Blick auf die Zahlen: Im Jahr 2016 waren es 136 Fälle in Nordrhein-Westfalen. Die Zahlen sanken dann 2017 auf 92 Fälle. Seit 2018 steigen die Fälle wieder, und 2020 ist mit 176 Fällen der traurige Rekordhalter. Neben NRW sind auch Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Hessen betroffen, Hessen im Jahr 2019 sogar mit der höchsten Häufigkeitszahl.

(Beifall von Hartmut Ganzke [SPD])

Doch das ändert am Befund nichts. Wir erwarten auch hier vom Innenminister mehr Engagement; da kann ich mich der SPD nur anschließen. Ich finde es total wichtig, dass es nämlich nicht nur um den Diebstahl hoher Summen und um extreme Sachbeschädigung geht, sondern es ist sehr besorgniserregend, dass die Täter vermehrt Sprengstoff einsetzen, um verstärkte Sicherungen zu brechen.

Damit steigt auch die Gefahr für Passantinnen und Passanten, durch herumfliegende Splitter verletzt zu werden, für Anwohnerinnen und Anwohner, zum Beispiel durch Einsturzgefahr des Gebäudes, aber auch für die Einsatzkräfte von Feuerwehr, von Polizei durch herumliegende Trümmerteile oder nicht explodierten Sprengstoff.

Diese Gefahren sind ein gewichtiger Grund, warum wir uns mit diesem Thema stärker auseinandersetzen müssen. Schon 2016 war klar: Wenn die körperliche Unversehrtheit und das Leben von Menschen gefährdet sind, muss dringend gehandelt werden. Das haben wir auch damals schon gemacht.

Leider ist Herr Golland nicht da. Vielleicht ist es auch kein Zufall; man weiß es nicht. Es tut mir sehr leid, Herr Lürbke, aber ich muss in dieselbe Kerbe schlagen; das müssen Sie sich leider noch mal anhören.

Seit 2015, also seit mehr als fünf Jahren, diskutieren wir im Innenausschuss immer wieder über dieses Thema, bis 2017 sehr stark von der Opposition vorangetrieben, von den Abgeordneten Golland und Lürbke. Nun, im Jahr 2021, schauen wir auf 2020, drei Jahre nach dem Regierungswechsel. Wir müssen sagen: Es gab mit 176 Geldautomatensprengungen die meisten Fälle seit ihrer Erfassung durch die Polizei.

Herr Lürbke, ich sage ja gar nicht, dass die Polizei und die Landesregierung nichts tun würden – das ist gar nicht der Punkt –, aber wir erwarten mehr.

(Beifall von Monika Düker [GRÜNE)

Wir erwarten mehr Engagement. Das hätten Sie damals genauso getan, nur wahrscheinlich in einer wesentlich anderen Tonlage, wesentlich weniger sachlich, als wir gerade versuchen, dieses Thema zu diskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN und von Hartmut Ganzke [SPD])

Noch mal einen Schritt zurück: Es ist bekannt, dass die Täter überwiegend aus den Niederlanden kommen; im Jahr 2016 stammten ca. 75 % der Tatverdächtigen aus den Niederlanden. Sie begehen ihre Taten sehr gut organisiert und schnell. Sie fliehen mit gestohlenen und ebenso schnellen Autos zurück über die Grenze.

Deshalb halte auch ich die Erhöhung des Fahndungsdrucks und die Zusammenarbeit der nordrhein-westfälischen mit den niederländischen Behörden für wichtig; das steht jetzt auch im Antrag. Ich kann das nur unterstützen.

Ich erwarte vom Ministerpräsidenten, dieses Thema in den Verfahren, wenn er sich mit den Niederlanden trifft – es gibt immer wieder Gespräche zwischen beiden Regierungen, und das ist auch gut so –, anzusprechen.

Wichtig finde ich aber die Erkenntnis, dass die Täter aus den Niederlanden offenbar nach Nordrhein-Westfalen und in andere Bundesländer ausweichen, weil es in den Niederlanden schwieriger geworden ist, Geldautomaten zu sprengen, als bei uns. Die Banken in den Niederlanden haben ihre Automaten schneller und effektiver gegen Sprengungen gesichert, sodass sich der Aufwand dort schlichtweg nicht mehr lohnt.

Deshalb müssen wir uns neben dem Fahndungsdruck und der Zusammenarbeit auch darüber unterhalten, wie wir gemeinsam mit den Banken, mit Sparkassen und mit anderen Geldautomatenbetreibern dafür sorgen können, dass die Geldautomaten abgesichert werden, sodass es auch hier gar nicht mehr zum Versuch der Sprengung kommt.

Herr Kollege Ganzke hat es gerade schon angesprochen: Die Lösung kann nicht sein, dass Geldautomaten abgebaut werden. Es ist insbesondere für ältere Menschen fatal, wenn sie ihr Bargeld nicht mehr vor Ort abheben können. Auch ich gehöre, obwohl ich ganz bestimmt nicht der älteren Generation angehöre, zu einer Personengruppe, die lieber mit Bargeld als mit Karte zahlt. Auch ich sehe das Problem, dass Geldautomaten nicht abgebaut werden können;

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

gerade im ländlichen Raum sind wir uns da sehr einig. Deshalb müssen wir uns auch darüber unterhalten, wie wir Banken, Sparkassen und andere Geldautomatenbetreiber stärker in die Pflicht nehmen können.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Möglicherweise ist die gesetzliche Schutzpflicht auf Bundesebene ein Weg. – Damit bin ich auch fertig mit der Rede. Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Hartmut Ganzke [SPD])

Mehr zum Thema

Innenpolitik