Monika Düker: „Es bedarf einer zusätzlichen Investitionsregel innerhalb der Schuldenbremse, damit Zukunftsinvestitionen ermöglicht werden können“

Gesetzentwurf der "AfD"-Fraktion zur Schuldenbremse

Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die im Grundgesetz in unserer Verfassung verankerte Schuldenbremse verpflichtet auch die Länder ab 2020 zu Haushalten ohne Kredite. Das gilt auch in NRW, auch ohne den Gesetzentwurf der AfD, Herr Strotebeck.

Es gilt auch die Ausnahmeregelung, die von den Vorrednern zitiert worden ist, nach der bei außergewöhnlichen Notsituationen – wie es bei der Coronaepidemie unzweifelhaft der Fall ist – davon abgewichen werden darf. Diese Ausnahme wird derzeit im Bund und in den Ländern angewandt. Das ist auch gut so. Auch dafür brauchen wir Ihren Gesetzentwurf nicht.

Die relevante Frage ist derzeit doch nicht, ob man es noch einmal in die Landesverfassung schreibt und es darin aufnimmt, sondern ob und wie wir im Rahmen dieser Schuldenbremse diese Pandemie tatsächlich gut bewältigen.

Herr Witzel, es sind ideologische Scheuklappen, darüber noch nicht einmal zu reden. Ob diese Schuldenbremse geeignet ist, diese Pandemie tatsächlich bewältigen zu können, und ob wir im Rahmen der Schuldenbremse eine Erholungsstrategie für die Wirtschaft, wie es Kanzleramtschef Braun gesagt hat, hinkriegen oder nicht – diese Debatte muss man doch zumindest erst einmal zulassen können

(Beifall von den GRÜNEN)

und sie nicht sofort abwiegeln. Sie kennen doch auch die Zahlen aus der Wirtschaft – natürlich im Rahmen der Maastricht-Kriterien, die ebenfalls Staatsverschuldung begrenzen.

Wir brauchen diese Debatte und nicht die Debatte, die die AfD hier mit dem Gesetzentwurf anstößt. Wir brauchen eine Debatte über diese Weiterentwicklung und wie wir eine Erholungsstrategie im Rahmen der Schuldenbremse umsetzen können.

Aus unserer Sicht bedarf es einer zusätzlichen Investitionsregel innerhalb der Schuldenbremse, damit Zukunftsinvestitionen ermöglicht werden können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der schwächelnden Konjunktur muss entgegengewirkt werden. Man darf sie als Staat nicht noch verstärken, sondern man muss jetzt antizyklisch vorgehen und investieren.

Das heißt, die öffentlichen Investitionen, die über Jahrzehnte vernachlässigt wurden, müssen jetzt verstärkt werden, denn die Bedarfe sind groß und enorm. In der Infrastruktur klaffen große Lücken. Jeder öffentlich investierte Euro – das ist in Studien nachlesbar – kann die Wirtschaftsleistung um mehr als einen Euro steigern und damit nachhaltige Werte schaffen.

Das heißt, auch wenn wir etwas schuldenfinanziert machen, können wir trotzdem einen Profit für die Zukunft erwirtschaften. Denn, Frau Plonsker, Sie haben recht mit Ihrer Äußerung, dass die Schulden von heute die Zinsen von morgen sind und zukünftige Generationen belasten. Ich stimme Ihrer Aussage voll zu. Aber es stimmt auch eine andere Aussage, nämlich dass die jetzt vernachlässigten Investitionen die Schulden von unseren Enkeln, die Schulden von unseren Nachkommen, die Schulden von morgen werden. Schauen Sie nur auf die Rheinbrücken, dann wissen Sie, was ich meine.

Genau zwischen diesen beiden Aussagen muss es einen Ausgleich geben. Natürlich geht es nicht ums Schuldenmachen an sich, denn auch eine nachhaltige Finanzpolitik ist eine Generationenfrage. Auf der anderen Seite: Wenn wir den Infrastrukturstau und die schwächelnde Wirtschaft vernachlässigen, werden wir perspektivisch auch für nachfolgende Generationen Schulden hinterlassen.

Dazwischen muss es einen guten Ausgleich geben. Herr Witzel, dazu muss es jetzt eine Debatte geben. Die Debatte, die Helge Braun angestoßen hat, finden wir richtig. Denn einfach nur die Scheuklappen aufzusetzen und zu sagen „Sparen ist ein Wert an sich“, ist nachweislich falsch.

(Beifall von den GRÜNEN – Markus Wagner [AfD]: Wir haben nicht gespart!)

Das zeigt die marode Infrastruktur in den Kommunen und in unseren öffentlichen Einrichtungen. Das zeigen die großen Herausforderungen beim Klimawandel, vor dem wir stehen.

(Markus Wagner [AfD]: Wir haben nicht gespart! Wir sind alle verschuldet!)

All das zeigt, dass wir diese Debatte brauchen, denn diese Investitionen in die Zukunft sind rentierliche Schulden, die sich am Ende auszahlen. Deswegen stehen wir zu dieser Debatte. – Den Gesetzentwurf, Herr Strotebeck, den Sie vorgelegt haben, brauchen wir für diese Debatte nicht. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)