Arndt Klocke: „Es würde durchaus Sinn machen, in dieser zweiten Lockdown-Phase erneut ein Kündigungsmoratorium auszusprechen“

Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es relativ knapp: Grundsätzlich ist der Antrag der SPD-Fraktion zu begrüßen.

Ich meine, es würde durchaus Sinn machen, in dieser zweiten Lockdown-Phase, solange sie noch anhält und auch anhalten muss, erneut ein Kündigungsmoratorium auszusprechen. Unabhängig von der konkreten einzelnen Situation muss man sagen, dass das im Frühjahr geltende Moratorium nicht so wahnsinnig oft in Anspruch genommen worden ist. Trotzdem bietet es den Mieterinnen und Mietern eine Sicherheit, jedenfalls denen, die Existenzsorgen haben. Es ist ein Signal, dass ihnen in dieser besonders schwierigen Zeit soziale Stabilität und Wohnraumsicherheit gegeben werden.

Ich meine, dass man ein solches Moratorium durchaus für die Zeit bis Ende März – jetzt haben wir einen harten Lockdown, möglicherweise gleiten wir nachher in einen etwas weicheren Lockdown hinüber – noch einmal aussprechen könnte.

Gleichwohl gilt, was die Kollegen von CDU und FDP gesagt haben: Es gibt natürlich andere Möglichkeiten. Es gibt die Möglichkeit der Wohngeldbeantragung und ‑nutzung. Die grüne Fraktion begrüßt durchaus, dass das Wohngeld entsprechend angehoben worden ist. Und es gibt die Möglichkeit – das hat der Kollege Paul eben angesprochen – des Fonds, der extra eingerichtet und entsprechend genutzt worden ist. Auch das ist eine Chance für Mieterinnen und Mieter in sozialen Problemlagen, aktiv zu werden und so einen Schutz oder eine Absicherung einzuziehen.

Die Frage ist: Sind Menschen in sozialen Problemlagen immer über all diese Möglichkeiten informiert, auch über die Formalitäten einer Beantragung, die notwendigen Wege, die in Kauf genommen werden müssen, oder die Schritte, die im Netz umgesetzt werden müssen? Da habe ich so meine Bedenken.

Ein solches Moratorium, wenn es jetzt noch einmal ausgesprochen würde, ist doch ein sehr klares politisches Signal. Alle Mieterinnen und Mieter in einer solchen Problemlage sollten wissen, dass es diesen staatlichen Schutz gibt – befristet, begrenzt, nicht für lange Zeit, natürlich nicht als Signal für die nächsten Monate und Jahre, aber eben doch für die Zeit eines solchen Lockdowns. Deswegen sind wir von grüner Seite dafür und unterstützen die entsprechenden Überlegungen der SPD.

Ich muss an der Stelle aber auch sagen: Wir sind hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen, und die SPD – die Kollegen von CDU und FDP haben es eben angesprochen – ist Teil der Bundesregierung. Der Vorsitzende der SPD-Bundespartei ist der durchaus von mir geschätzte frühere SPD-Landesfinanzminister Walter-Borjans. Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion ist mein Wahlkreisabgeordneter im Kölner Norden, Rolf Mützenich. Ein wichtiges Kabinettsmitglied ist die frühere Wissenschaftsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, jetzt in vielen Zeitungsartikeln als neue Hoffnungsträgerin für die nächste Landtagswahl auserkorene Svenja Schulze. Ich frage mich schon, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und insbesondere Herr Kollege Andreas Becker: Was hättet ihr getan, wenn wir Grüne in einer solchen Konstellation – die Grünen wären Mitglied der Bundesregierung, sowohl der Bundesvorsitzende als auch der Fraktionsvorsitzende kämen aus NRW und wären ehemalige Landespolitiker – einen solchen Antrag vorgelegt hätten? Dann hättet ihr uns, glaube ich, einen Vogel gezeigt. Da bin ich ziemlich sicher.

(Beifall von den GRÜNEN und Marco Schmitz [CDU])

Wenn es nicht ein so ernstes Thema wäre und wenn es nicht wirklich um Problemlagen von Menschen ginge, die wir uns alle vorstellen können – aber in der Lage sind wir alle zum Glück nicht –, dann würde ich mit diesem Antrag ein Stück weit anders umgehen.

Das ist ein Armutszeugnis, das Ihr hier formuliert habt, was die Kollegen in Berlin angeht. Da muss man doch fragen: Was ist mit der SPD-Landesgruppe? Achim Post, Sprecher der Landesgruppe, gilt als neuer Shootingstar der NRW-SPD. Warum machen die denn nicht, was ihr wollt? Das würde mich ernsthaft interessieren.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Habt ihr als Landtagsfraktion, als Landesverband da überhaupt keinen Einfluss? Liebe Leute!

(Christian Dahm [SPD]: Wir machen das doch!)

Inhaltlich unterstützen wir Grüne den Antrag, weil es um ein wichtiges Thema geht, aber wir werden die Dinge in der Debatte jetzt nicht klären können. Am Rande würde mich durchaus interessieren, warum ihr mit diesem Antrag nicht einmal in den eigenen Reihen durchdringt. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)