Arndt Klocke: „Wir setzen auf einen Mobilitätsmix“

Antrag der CDU zum Bundesverkehrswegeplan

###NEWS_VIDEO_1###
Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe CDU! Es wäre ja bemerkenswert gewesen, wenn wir am Ende unserer Plenarzeit nicht noch einen Antrag zum Bundesverkehrswegeplan bekommen hätten, auch mit Zitaten von Herrn Voussem, wie wir das gewöhnt sind.
Ich muss ehrlich sagen: Sie haben mich ein bisschen enttäuscht, aber wiederum auch erfreut. Es gibt einen Satz, den ich gerne aus Ihrem Antrag zitieren möchte – ich habe extra mein iPad mit nach vorne genommen; papierloses Büro ist nach fünf Jahren Piraten im Landtag jetzt auch bei uns eingezogen
(Zuruf)
– Nein, nein, ich hatte das einfach nicht ausgedruckt. Das tut mir leid; das hat auch nichts mit den Piraten zu tun.
Dieser Satz steht auf Seite 2. Wir haben in den letzten fünf Jahren intensiv über Verkehrspolitik gestritten und insbesondere über die Straßenpriorisierung, die 2011 vom damaligen Landesverkehrsminister Fuchsberger und seinem grünen Staatssekretär Becker vorgenommen worden ist. Das wurde von Ihrer Seite – insbesondere von der CDU, aber gerne auch von der FDP – immer kritisiert.
Die Idee dieser Straßenpriorisierung bestand darin, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die aufgrund der Finanzlage und der Stellensituation bei Straßen.NRW wirklich umsetzbar, realisierbar, machbar und auch dringend notwendig sind. Jetzt lese ich im CDU-Antrag folgenden Satz:
„Jetzt muss entschieden werden, mit welchem der vielen vordringlichen Projekte begonnen und in welcher Reihenfolge weitergemacht wird. Dabei ist völlig klar, dass nicht 125 Projekte gleichzeitig mit der gleichen Kraft betrieben werden können.“
(Zuruf: Ach nee!)
„Dafür muss die Landesregierung ein Konzept vorlegen.“
Lieber Herr Voussem, dass Sie uns den Gefallen tun, mit diesem Antrag im Nachhinein die Straßenpriorisierung der rot-grünen Koalition doch noch zu unterstützen, nachdem Sie das so lange kritisiert haben – das ist wirklich ein Entgegenkommen, da haben wir uns jetzt endlich doch durchgesetzt.
Denn das war – und das ist auch gar nicht ironisch gemeint – der Hintergrund, warum wir das Manöver damals gemacht haben: Die Straßen, die es nötig haben, die Straßen, die dringend sanierungsbedürftig sind, die Umgehungsstraßen, die dringend gebaut werden müssen, priorisieren wir, und die Projekte, die nicht notwendig sind, stellen wir zurück und machen das zu einem späteren Zeitpunkt. – Dass Sie uns nachträglich noch recht geben, ist natürlich ein großer Erfolg.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege Klocke, der Herr Kollege Schemmer hat sich für eine Zwischenfrage gemeldet.
Arndt Klocke (GRÜNE): Es hätte mich auch wirklich geärgert, wenn ich das hier nicht noch erlebt hätte. Die lasse ich natürlich zu.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön.
Bernhard Schemmer (CDU): Schönen Dank! Erklären Sie uns dann mal bitte – wenn das alles so stattgefunden hätte, wie Sie es gerade vorgetragen haben –, warum sich bei der Straßenpriorisierung, bei der wir seinerzeit massiv die Begründung für jede einzelne Straße nachgefragt haben, die Landesregierung immer geweigert hat, uns für die einzelnen betroffenen Straßen eine Begründung zu geben.
Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Kollege Schemmer, da muss ich zugeben – ich bin ja nicht Teil der Regierung, sondern Abgeordneter wie Sie selber –: Ich kann jetzt auch nicht für jede Straße die Begründung nachliefern.
Mit meiner Rede eben habe ich deutlich gemacht, was das Grundprinzip der Straßenpriorisierung war: Es gibt vordringliche Maßnahmen; es gibt Dinge, die unbedingt umgesetzt werden müssen, wofür auch Geld und Personal vorhanden sind, und es gibt andere Dinge, die zurückstehen können.
Die Begründung seitens des Verkehrsministeriums im Detail kann ich Ihnen als Abgeordneter leider auch nicht nachliefern.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Es gibt eine weitere Frage. Würden Sie die zulassen? Sie ist vom Kollegen Voussem.
Arndt Klocke (GRÜNE): Hui! Ja, machen wir auch!
Klaus Voussem (CDU): Vielen Dank, Herr Kollege Klocke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
Würden Sie denn auch zur Kenntnis nehmen, dass es Projekte in der von Ihnen als Prioritätenliste bezeichneten Streichliste 2011 gegeben hat, die im Bundesverkehrswegeplan 2030 im vordringlichen Bedarf auftauchen, und dass dadurch jetzt über sechs Jahre lang Planungszeit verloren worden ist? Wie erklären Sie sich das, und wie wollen Sie das insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern erklären, die auf diese Projekte dringend warten?
Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Kollege, da unterscheiden wir uns allein schon im Vokabular. Das ist keine Streichliste gewesen, sondern eine Priorisierungsliste, und alle Projekte sind natürlich im planerischen Bereich geblieben. Sie sind zurückgestellt worden und können jetzt auch entsprechend planerisch vorangetrieben werden.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Es sind übrigens Projekte, die jetzt im Bundesverkehrswegeplan wieder auftauchen. Wir haben damals gesagt: Wir konzentrieren uns auf das, was jetzt dringend notwendig ist, und bringen das voran. – Da sind ja auch viele Projekte entsprechend prioritär vorangetrieben worden.
Jetzt komme ich zur FDP, lieber Kollege Rasche. Das richtet sich jetzt mehr an Herrn Lindner, aber da muss ich sagen: Kann man machen. Ist ein bisschen unredlich, aber es ist ja auch Wahlkampf.
Gestern hat er zur rot-grünen Regierungsbilanz sowohl als Landes- als auch Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat auf allen Ebenen, die wir gerade zu wählen haben, den Vorwurf geäußert: Beim Straßenbau hat diese Landesregierung von 60 Millionen € auf 32 Millionen € heruntergekürzt. Das zeigt, wie wenig dieser Landesregierung der Straßenbau und die Infrastruktur wert sind.
Das taucht heute sogar in einigen Artikeln auf. Da kann man sich auch sagen: „Na, die Journalisten recherchieren teilweise auch nicht mehr so richtig“, denn wir haben im gleichen Zeitraum die Summe für Straßensanierungen von 55 Millionen € auf 127 Millionen € heraufgesetzt.
(Beifall von der SPD)
Vorhin hat der Kollege Becker ja auch von den 68 % gesprochen. Der Etatansatz ist mehr als verdoppelt worden. Sie selbst sprechen von Sanierung und Erhalt von Neubau – das ist, finde ich, weiterhin die richtige Maxime, auch mit Blick auf den neuen Bundesverkehrswegeplan.
Es wäre redlich von Herrn Lindner gewesen, wenn er gesagt hätte: „Okay, wir setzen mehr auf Straßenneubau; da ist gekürzt worden. Diese Landesregierung hat den Straßensanierungsetat mehr als verdoppelt, und das begrüßen wir.“ – Das wäre gut gewesen.
Ansonsten unterscheidet uns – jetzt komme ich noch zu den Kollegen der SPD –, dass wir als Grüne den Bundesverkehrswegeplan nicht so bejubelt haben wie das die Kollegen Koalitionspartner. Allerdings haben wir in Berlin in der Bundesregierung auch nicht daran mitgearbeitet. Wir hätten auf einen Bundesverkehrswegeplan gesetzt, der bis 2030 gilt, und der stärker die Trends und die modernen Erfordernisse von Verkehrspolitik aufnimmt.
Heute ist ein großer WDR5-Thementag zum Thema „Verkehr in NRW“. Ich konnte heute Morgen noch eine knappe Stunde beim Programm zuhören. Da wurden viele Bürgerinnen und Bürger befragt, und in fast allen Gesprächen wurde gesagt: Wir setzen auf einen Mobilitätsmix. Wir lassen auch mal das Auto stehen; dafür muss es gute Angebote geben. Wir wollen Multimodalität, aber dafür brauchen wir Umsteigemöglichkeiten. Wir setzen auch auf Carsharing, aber dafür braucht es ein gutes Angebot. Wir sind auch bereit, auf das Fahrrad umzusteigen.
Das ist die Politik, die diese rot-grüne Landesregierung fünf Jahre gemacht hat und die sie auch gerne weiterführt, wenn die Wählerinnen und Wähler so entscheiden. Das alles fehlt in dem Bundesverkehrswegeplan aus Berlin. Er trägt die alte Handschrift von Bundesverkehrswegeplänen: viel Straßenbau, ein Stück Schiene, alte Finanzierungskonzepte etc. – Uns fehlt der moderne Ansatz im Bereich Multimodalität.
Am Ende kommt nun doch noch ein Lob.
(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)
– Ich weiß, ich muss gleich meine Rede beenden.
Eine Sache ist allerdings erreicht worden, und da können wir uns alle gegenseitig auf die Schulter klopfen: Es gibt mehr Geld für Nordrhein-Westfalen. Das ist parteiübergreifend, fraktionsübergreifend in Berlin erkämpft worden.
Ein Dank gilt auch den Kollegen der CDU dafür, dass wir mehr Mittel nach Nordrhein-Westfalen bekommen, dass wir mehr Projekte umsetzen können, dass es jetzt mehr Geld gibt für Straßensanierung, für Straßenneubau und auch für Radschnellwegebau – immerhin 25 Millionen €. Das ist zwar ein kleiner Betrag; eigentlich müsste da dringend noch etwas dazugegeben werden.
(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)
Es ist aber ein Erfolg, den wir in den letzten fünf Jahren miteinander erkämpft haben. Es gibt mehr Mittel für Nordrhein-Westfalen – und da können uns alle einig sein, dass das ein Erfolg ist. Da gibt es, glaube ich, auch keinen Streit unter den Fraktionen, –
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Sie haben bereits eine Minute überzogen!
Arndt Klocke (GRÜNE): – sondern das ist unser gemeinsamer Erfolg. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD) 

Mehr zum Thema

Verkehr