Karin Schmitt-Promny: „Das Ziel kann doch nicht sein, kleinere Schulen mit weniger Differenzierung zu schaffen“

Antrag der FDP zur Absenkung der Fortführungsgrößen bei Schulen

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Karin Schmitt-Promny (GRÜNE): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man merkt – auch wenn wir wenige sind –, in welcher Zeit wir uns befinden. Es ist Mitte Februar, also sind es noch drei Monate bis zum Mai. Das machen manche Aussagen hier sehr deutlich.
(Klaus Kaiser [CDU]: Drei Monate!)
– Mai. Ich habe Mai gesagt.
(Zurufe: Drei!)
– Wunderbar. Jetzt können Sie sagen: Rot-Grün muss noch einmal das Zählen von eins bis drei lernen. Das kann ich Ihnen aber vorwegnehmen.
(Zuruf)
– Wunderbar. Wie toll, eine solche Unterstützung zu haben. Ich liebe eine Unterstützung gerade in Bildungsfragen.
Herr Kaiser, Sie haben davon gesprochen, dass Sie in jeder Schule eine katastrophale Situation vorfinden. So geht es meines Erachtens nicht. Wir sollten uns darüber auseinandersetzen, wo die Probleme liegen. Ich finde nicht nur katastrophale Schulen vorm, sondern interessante Schulmodelle. Mir begegnen Lehrer, die sich engagieren, und ich kenne engagierte Schüler und Eltern.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Solche Aussagen machen die Arbeit vor Ort kaputt. Lassen Sie das deshalb sein und uns vernünftig weiterdiskutieren. Für die Entwicklung von Schule lohnt sich das.
Ich komme zum Antrag: Heute sorgt sich die FDP um die Sicherung eines vielfältigen Schulangebotes in den Kommunen. Sie will deshalb in allen weiterführenden Schulen gleichberechtigt die Bandbreite und damit die Fortführungsgröße pro Zug absenken. Einen konzeptionellen Ansatz bleibt sie schuldig, den soll die Landesregierung erarbeiten. Herr Kaiser, Sie sprechen von einer reflexhaften Reaktion, dass die Anregungen schon aufgegriffen seien. Wenn wir die Fakten zusammenhalten wollen, denke ich, muss man auch hinsehen und kann das nicht mit einer solchen Bemerkung abstrafen.
Auf die Frage: „Hat es Sinn, dieser Forderung nachzukommen, und betrifft diese Problemstellung wirklich alle Schulen? antworte ich mit Nein. Das Schulgesetz bietet Schulen und Schulträgern längst Möglichkeiten zur Unterschreitung der für die jeweiligen Schulformen benannten Zügigkeiten. Das Schulgesetz nennt Klassenfrequenzrichtwerte und weist für alle Schultypen der Sekundarstufe I flexible Bandbreiten auf. Zudem kann es Ausnahmen geben. Für die Schulform Hauptschule, die in den letzten Jahren immer weniger von Familien gewählt wird, gilt sogar die Bandbreite von 18 bis 30 Schülerinnen und Schülern.
Die Hauptschule ist auch ein Beispiel dafür, dass der Elternwille die Schülerzahlen steuert. Dem muss die kommunale Schulentwicklungsplanung Rechnung tragen.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
In den Städten geschieht dies über eine Verringerung der Angebote eines Schultyps. Einerseits ist das schmerzhaft für die auslaufenden Schulen, für eine Schulgemeinschaft und für ein engagiertes Team von Lehrinnen und Lehrern. Andererseits bietet das aber auch Chancen, wie wir in Aachen bei der Schließung einer Realschule bei zeitgleichem Aufbau einer Gesamtschule mit einem sehr interessanten Schulkonzept erleben können.
In ländlichen Gebieten gestaltet sich dieser Prozess mitunter schwieriger. Hier gilt es, den mittleren Schulabschluss im ländlichen Raum zu erhalten. Die Antwort kann aber auch hier keine generelle Absenkung der Fortführungsgrößen für alle Säulen sein. Schulen brauchen Mindestgrößen, um das volle Angebot ihrer Schulform gewährleisten zu können, und das gilt nicht erst für die gymnasiale Oberstufe.
Viel interessanter und vielerorts umgesetzt ist die Bildung von Teilstandorten. Sie tragen dazu bei, Schulformen und ein relativ wohnortnahes Schulangebot zu erhalten. Das haben wir heute bereits mit zweizügigen Schulen mit Teilstandorten, die entsprechend mit Lehrerressourcen ausgestattet sind.
Ein wesentliches Element ist in diesem Zusammenhang die Schulentwicklungsplanung, die heute nicht mehr an den Stadt- und Gemeindegrenzen haltmachen darf. Über eine regionale Schulentwicklungsplanung lassen sich Schulangebote aufrechterhalten und weiterentwickeln. Als Beispiel sei die Sekundarschule Simmerath genannt, die von den Kommunen Simmerath und Monschau aus der Städteregion Aachen gemeinsam mit der Gemeinde Hürtgenwald aus dem Kreis Düren betrieben wird. Es lohnt sich also, neue Wege zu gehen, und das geschieht dort erfolgreich. Schulische Kooperation muss nicht an Kreisgrenzen haltmachen.
Zurück zum Anliegen: Das Ziel kann doch nicht sein, kleinere Schulen mit weniger Differenzierung zu schaffen. Hat sich die FDP eigentlich gefragt, welche Konsequenzen ihr Antrag hinsichtlich der Lehrerversorgung hat? Sind vereinzelte Nachfragen die Basis des Antrags, oder sieht sie darin ein Thema von landesweiter Bedeutung?
Bei all den Möglichkeiten, der Frage einer geringen Schülerschaft an einer Schule begegnen zu können, fiel mir bei Ihrem Antrag ein altes Sprichwort ein, das lautet: Erst denken, dann handeln. – Hier habe ich mich gefragt: Sollte man erst …
(Zuruf von der FDP: Oh! – Weitere Zurufe von der FDP)
– Nein, erst hören, was als Nächstes kommt.
(Zuruf von der FDP)
– Okay. Ja, genau. Das bleibt jetzt hängen. Aber dank Ihrer Hilfe kann ich ja jetzt schon bis drei zählen. – Also, erst recherchieren, und dann …
(Unruhe)
Ich versuche es noch einmal. Ich freue mich über weitere Hilfen. Ihnen kann ich aber auch sagen: Erst recherchieren und dann den Antrag schreiben. – Danke. Wir lehnen den Antrag ab.
(Beifall von den GRÜNEN)

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