Rolf Beu: “ Und es muss vor allem die Akzeptanz für die Fahrgäste beachtet werden“

Antrag der Piraten zur kommunalen Finanzierung des ÖPNV

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Rolf Beu (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bayer, viel lieber hätte ich zum nächsten Punkt gesprochen, wo sie uns im Prinzip dazu auffordern, 100.000 Fahrzeuge zu erwerben. Aber hier zitiere ich nun einige Zitate, die Sie selbst erwähnt haben. Sie haben den „ZEIT“-Artikel und den dementsprechenden Bericht kommentiert, dass angeblich der ÖPNV in NRW besonders schlecht sei.
Sie haben es aber unterlassen, zu sagen, dass es auch einzelne Städte in NRW gibt, in denen der ÖPNV in NRW gerade besonders gut ist. Ich kann auch hin und wieder meine eigene Stadt selbst loben, die das zweitbeste ÖPNV-Angebot hat. Da stellt sich natürlich die Frage: Wer ist dafür verantwortlich? Sind die kommunalen Aufgabenträger, also auch die Mitglieder des Rates der jeweiligen Kommunen verantwortlich?
Weiterhin sagten Sie, der Querverbund sei die Finanzierungsgrundlage fast aller kommunaler Verkehrsunternehmen in den Großstädten. Das trifft aber, wie gesagt, nicht für alle zu. Es gibt aber Städte, die durchaus nicht die entsprechende Energieversorgung im ganzen Stadtgebiet haben und es zum Großteil aus dem städtischen Haushalt finanzieren.
Dann haben Sie erwähnt, dass die Tarife im Regelfall durch die Verkehrsunternehmen erhoben werden. Das ist eigentlich auch falsch, denn es gibt in NRW fast ausschließlich Verkehrsunternehmen, die Teile von Tarifverbünden sind. Da sind die Gremien der entsprechenden Tarifverbünde entscheidend.
Nun zu Ihrem eigentlichen Antrag: Schon in der Debatte zum Tagesordnungspunkt 6 heute Nachmittag habe ich darauf hingewiesen: Heute vor 20 Tagen haben wir genau an dieser Stelle den Bericht der Enquetekommission „Finanzierungsoptionen des öffentlichen Personennahverkehrs in Nordrhein-Westfalen“ zur Kenntnis genommen. Genau vor diesen 20 Tagen hat das Parlament bei der Beratung dieses Kommissionsberichts ebenfalls dem Erschließungsantrag von SPD und Grünen zugestimmt – und zwar mehrheitlich bei einer Enthaltung der Fraktionen von CDU, FDP und Ihnen, den Piraten. Dabei haben wir in unserem Entschließungsantrag die Landesregierung aufgefordert – ich zitiere –,
„den vorgelegten Bericht der Enquetekommission IV als Grundlage für ihr weiteres Handeln zu nutzen“.
Im Antrag der Piraten heißt es nun fast textgleich:
„den Bericht der Enquetekommission … als Ausgangslage für ihr verkehrspolitisches Handeln zu nutzen“.
Sie haben sich also in den wenigen Wochen zumindest von einer Enthaltung zu einer Zustimmung durchringen können.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Bayer.
Rolf Beu (GRÜNE): Ja, sehr gerne.
Oliver Bayer (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Beu. Eine Zustimmung dazu, dass die Landesregierung sich darum kümmern soll, ist ja gut. Ich finde auch toll, dass es in Bonn natürlich anders aussieht als in anderen Städten von Nordrhein-Westfalen. Aber nun gibt es ja Städte oder Verkehrs- bzw. Tarifverbünde, die dringend solche Finanzierungsinstrumente brauchen können. Was sagen Sie an dieser Stelle denen und nicht Bonn?
Rolf Beu (GRÜNE): Ich habe ehrlich gesagt die Frage nicht verstanden.
(Michael Hübner [SPD]: Danke!)
Das kann aber die Akustik sein. Ich kann unterstellen, dass Sie meinen, andere Städte wären vielleicht ärmer als Bonn. Ich kann nur darauf hinweisen, dass wir, glaube ich, die dritthöchste Pro-Kopf-Verschuldung aller kreisfreier Städte in NRW haben. Die Einteilung in Reich und Arm greift hier also auf jeden Fall auch zu kurz. Das ist immer eine Frage der kommunalen Verantwortung und wie sie wahrgenommen wird.
Aber ich lasse jetzt zum großen Teil mein Redemanuskript weg, weil ich glaube, dass sich das Ganze am Ende darauf bezogen hat, dass Sie auch sagen, es sollten neue Rechtsgrundlagen geschaffen werden. Die Diskussion über neue Rechtsgrundlagen haben wir aber tatsächlich in der Enquetekommission unter Ihrer durchaus sehr positiven Leitung viel diskutiert.
Sie können doch nicht allen Ernstes davon ausgehen, dass wir jetzt in den verbleibenden drei Monaten bis zur Landtagswahl so grundsätzlich in das Gesetzgebungsverfahren einsteigen werden. Es gibt im Prinzip durchaus Probleme mit einer entsprechenden Lösung.
Also: Es muss gar nichts erfolgen. Es müssen letztendlich alle Konsequenzen bedacht werden. Und es muss vor allem auch die Akzeptanz für die Fahrgäste beachtet werden. Denn wenn man die Schweiz als Vorbild nimmt, dann ist es so, dass die Leute sagen, der öffentliche Nahverkehr, die Tram, ist für uns positiv, die wollen wir haben. Wenn Sie hier immer nur mit höheren Kosten, mit höheren Abgaben kommen, dann ist zumindest auch zu bedenken, ob wir damit wirklich den richtigen Weg beschreiten. Daran kann man Zweifel haben. Das geht auf jeden Fall nicht noch in diesen drei Monaten. Das ist eine schöne Aufgabe für unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger in der nächsten Wahlperiode. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf: Bravo!)

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