Mario Krüger: „Wir haben eine bewährte Abrechnungspraxis, die gerichtsfest ist“

Gesetzentwurf der CDU zu Straßenbaubeiträgen

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Mario Krüger (GRÜNE): Meine Damen, meine Herren! Herr Präsident! Herr Nettelstroth, das ist durchaus charmant, was Sie vorgetragen haben, durch wiederkehrende Straßenausbaubeiträge Ihrem Beispiel der alten Oma gerecht zu werden, die mit einem Gebührenbescheid über 25.000 € konfrontiert wird.
(Zuruf von der CDU: Das ist die Wahrheit!)
Aber Sie sollten sich auch noch mal zu Gemüte führen, was unter anderem in der damaligen Anhörung beispielsweise durch die kommunalen Spitzenverbände bzw. ihre Vertreter vorgetragen worden ist.
Der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände führte unter anderem aus:
„Nach dem OVG NRW können wir bereits jetzt mehrere Straßenzüge, die in irgendeinem … Zusammenhang stehen …, zusammenzufassen und als eine Anlage abrechnen.“
Das bedeutet, die Last für die Gebäudeeigentümer wird minimiert.
Gesagt wurde auch, dass Vorausleistungen und Ratenzahlungen möglich sind.
Weiter sagte der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände:
„Das heißt: Das, was man sich von den wiederkehrenden Beiträgen erhofft, können wir in Nordrhein-Westfalen zum großen Teil schon heute machen.“
Soviel zu den Ausführungen der kommunalen Spitzenverbände.
Wenn man sich im Detail mit der Situation in den Bundesländern beschäftigt, in denen wiederkehrende Straßenausbaubeiträge eingeführt worden ist, stellt man fest, es gibt diverse Knackpunkte, die bis heute noch nicht ausgeräumt sind. Insofern macht es Sinn, die Entwicklung in diesen Bundesländern zu beobachten und sich des Themas möglicherweise in einigen Jahren noch mal anzunehmen.
Ich will drei Beispiele nennen:
Erstens. Thema „Abrechnungsgebiete“: Sie sprechen davon, es muss ein räumlicher und funktionaler Zusammenhang zu erkennen sein. Wie der im Detail auszusehen hat, ist völlig offen.
Wir kennen die Kreativität der Kommunen. Da gibt es Kommunen, die sagen: Unser Stadtgebiet ist so klein, so räumlich und funktional zusammenhängend, dass wir es als ein Abrechnungsgebiet betrachten. Möglicherweise fallen die hintenüber, wie wir das beispielsweise bei einer Klage erlebt haben – Sie haben darauf Bezug genommen –, die dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt worden ist.
Zweitens. Thema „Abrechnungsmaßstab“: Sie müssen differenzieren nach Grundstücksgrößen, nach Art der möglichen Nutzung, nach dem Maß der möglichen Nutzung. Das ist besonders schwierig in Gemischtgebieten, in denen es einerseits gewerbliche Nutzung und andererseits Wohnbebauung gibt. Auch hier haben wir eine Situation, in der es mit Sicherheit in der jeweiligen Kommune Streit geben würde.
Drittens. Thema „Zweite Grundsteuer“: Ich will Ihnen die Erfahrungen aus Bayern nennen. Beispielsweise befürchtet „Haus und Grund“ in Bayern, dass auf die Art und Weise eine zweite Grundsteuer eingeführt wird. Es wird nicht zu Unrecht gesagt – das gilt auch für viele NRW-Kommunen –: In vielen Jahren ist die Instandsetzung komplett runtergefahren und im Rahmen der Gefahrenabwehr nur das Notwendigste gemacht worden. Wenn sich die Kommune jetzt für wiederkehrende Straßenausbaubeiträge entscheidet, macht sie das, wozu sie eigentlich verpflichtet war und kleidet Instandsetzungsmaßnahmen in Sanierungsmaßnahmen, um sie über wiederkehrende Straßenausbaubeträge zulasten der jeweiligen Gebäudeeigentümer abzuwickeln.
Letzter Punkt: Wenn Sie in diesem Zusammenhang eine neue Gebühr einführen, muss man der Bürgerschaft auch deutlich machen: Was kriegt ihr eigentlich dafür? – Wir kennen Situationen, in denen teilweise in 20, 30, 40 Jahren in Siedlungsbereichen nicht viel gemacht worden ist. Lediglich im Rahmen von Gefahrenabwehr sind irgendwelche Löcher geflickt worden. Wenn die Gebäudeeigentümer über 20 bis 30 Jahre zu entsprechenden Gebühren herangezogen werden, wird es großes Unverständnis geben.
Insofern glaube ich nicht, dass wir gut beraten sind, Ihrem Vorschlag zu folgen, den Kommunen eine entsprechende Option zu geben. Wir haben eine bewährte Abrechnungspraxis nach dem KAG, die gerichtsfest ist. Daher macht es keinen Sinn, die Kommunen auf einen so unsicheren Pfad zu bringen – mit der Konsequenz, dass sie möglicherweise, bezogen auf die Frage, inwieweit das umsetzbar ist, hinterher vor einem Scherbenhaufen stehen.
Insofern lautet meine Empfehlung: Lasst uns mal abwarten, wie die Erfahrungen in anderen Ländern aussehen! In vier bis fünf Jahren kann man sich gerne noch mal darüber unterhalten, ob das sinnvoll ist – Ja oder Nein. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Thema „Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge“ noch nicht ausgereift. – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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